C3-Chef Rainer Burkhardt: „Auf der Agenturseite gibt es ganz viele One-Trick-Ponies“

Immer mehr Unternehmen fragen sich: Wie erreicht man in Zeiten von Netflix, Facebook & Co. überhaupt noch seine Kunden? Eine Antwort auf diese Frage lautet: via Content Marketing. Einer der wichtigsten Player in dieser Branche, die noch immer zweistellig Wächst, ist C3-Chef Rainer Burkhardt. Im Interview erklärt er, wie sich Content Marketing von klassischen Journalismus unterscheidet und warum es heute nicht mehr reicht, einfach nur einen Werbespot für sein Produkt zu schalten.

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Während der Content-Marketing-Markt jedes Jahr gute zweistellige Wachstumsraten verzeichnet, meldet die klassische Zeitschriftenbranche gerade einmal stabile Umsätze. Müssen sich die Journalisten in den traditionellen Redaktionen Sorgen machen, dass sie ihnen schon bald die Jobs wegnehmen?

RAINER BURKHARDT: Das glaube ich nicht. Die Unterschiede sind doch viel zu groß. Die Agenturen sind Dienstleister für Firmen und Marken.

Es gibt also gar keine Vs.-Konstruktion, die von Einigen doch immer wieder beschworen wird?

Natürlich nicht. Durch die vielen neuen digitalen Kanäle ist einfach ein weiteres Feld entstanden, das wir Content Marketing nennen. Das ist dadurch entstanden, dass wir Produkte nicht mehr inszenieren, sondern ein Informationsbedürfnis der Konsumenten befriedigen. Das geht mit journalistischen Mitteln besser, als mit werblichen. Aber grundsätzlich nehmen wir erst mal niemandem irgendetwas weg.

Die Media-Budgets verschieben sich jedoch schon zu Gunsten der Content Marketing-Experten und weg von den klassischen Redaktionen.

Die Media-Budgets verschieben sich tatsächlich. Aber das war schon immer so. Man kann ja nicht erwarten, dass die Budgets für die nächsten 20 Jahre festgeschrieben sind.

Warum investieren denn immer mehr Unternehmen in Content Marketing?

Vor ein paar Jahren hat man mit dem klassischen Mix aus TV-Spot und der Print-Anzeige ganz viele Menschen erreicht. Einfach, weil abends alle vor den Fernsehern saßen. Heute sitzen die vor Amazon Prime oder Netflix. Die ganze Medienlandschaft ist sehr viel breiter geworden. Dadurch ist es weit schwieriger geworden, die richtigen Zielgruppen passgenau zu erreichen.

Ist der Weg, dies mit Hilfe von Content Marketing zu schaffen den teurer und günstiger für die Unternehmen?

Es ist auf jeden Fall komplexer. So muss man alleine schon weit mehr Inhalte managen. Da ist es doch weit einfacher einem 30-Sekünder zu produzieren, den dann einfach für zehn Millionen Euro zu schalten, als dessen Inhalt in 200 Stories aufzusplitten und in den unterschiedlichsten Kanälen auszuspielen.

Rechnet sich trotz des Aufwandes der Content-Marketing-Ansatz mehr, als die alte TV-Gießkanne?

Man muss heutzutage beides machen. Man muss mit großen Kampagnen noch immer die Awareness schaffen, aber auch konkrete Fragen mit journalistischen Inhalten beantworten.

Da scheint es doch auch immer wieder Überschneidungen zum Journalismus zu geben. Haben die Verlage diesen Trend verschlafen? Hätten die Medienhäuser früher eigene Content Marketing-Units aufbauen müssen?

Möglicherweise. Allerdings muss man auch sehen. Ein Kommunikationsdienstleiter für eine Marke zu sein, ist schon ein gänzlich anderes Geschäftsmodell als das eines Verlages. Auch wenn die journalistischen Mittel scheinbar ähnlich sind, machen wir natürlich keine Investigation oder würden auch niemals schlecht über ein Produkt eines unserer Kunden zu schreiben. Noch hat der Journalismus schon noch eine andere Aufgabe, als Produkte zu erklären. Trotzdem, ist es aber auch so…

Ja?

Wir haben schon immer beobachtet, dass die Verlage nicht ihre besten Leute auf das Thema Content Marketing setzen. Vergleichen sie dazu beispielsweise nur das Magazin für Weber-Grill von FischerAppelt mit der Grill-Beilage einer beliebigen Tageszeitung. Das liegen qualitative Welten zwischen den beiden Produkten.

Damit meinen Sie sicher nicht, dass die Tageszeitung das bessere Heft produzierte?

Wohl kaum. Aber die Agentur-Profis haben ziemlich sicher auch einfach mehr Kompetenz auf das Thema gesetzt als die Zeitungsredaktion.

Wie würden Sie grundsätzlich den Content-Marketing-Markt in Deutschland beschreiben? Handelt es sich dabei längst um ein festgefahrenes Segment oder ist noch immer alles in Bewegung?

Der ganze Agentur- und Dienstleitungsmarkt ist in Bewegung. Auf der Agenturseite gibt es ganz viele One-Trick-Ponies und auf der Kundenseite noch wahnsinnig viele Silos. Nur scheinen mittlerweile die Zeiten vorbei, in dem das One-Trick-Pony-System noch funktionierte. Heute geht es um das harmonische Zusammenspiel verschiedenster Kompetenzen. Man muss aber auch festhalten: die perfekte Agentur, die alles super kann, gibt es noch nicht.

Der Trend geht schon zu größeren Einheiten, bei denen unterschiedliche Kompetenzen unter einem Dach zusammenarbeiten?

Das ist zumindest der Weg, an den wir glauben. Weitergefasste und eher lockere Kollaborationen könnten jedoch auch eine Lösung sein.

Gibt es den gefühlten Zweikampf zwischen Ihnen und Territory?

Tatsächlich würde ich sagen, dass es im Moment drei gute Content Marketing-Agenturen gibt. Das sind wir, Territory und FischerAppelt. Dabei punkten alle mit unterschiedlichen Ausrichtungen: Territory hat durch das Joint-Venture mit Kolle Rebbe auf der Kampagnenseiten einen Vorteil. FischerAppelt kommt von der PR-Seite und hat dort durchaus einen Vorsprung. Wir dagegen sind klar international ausgerichtet.

Gibt es große Trends im Content Marketing-Bereich?

Die ganz große Herausforderung wird eher sein, die Silos abzuschaffen. Künftig wird es noch wichtiger die einzelnen Kompetenzen aus der Kreation, Performance und Technik-Power zu schlagkräftigen Teams zu bündeln.