BMW-Sounddesigner: „E-Mobilität eröffnet uns neue Möglichkeiten“

BMW-Sounddesigner Renzo Vitale spricht im Interview über die Klang-DNA der Automarke, die besondere Akustik von Elektroautos und wie sie das Markenerlebnis prägt.
Renzo Vitale ist Creative Director Sound bei der BMW Group. (© BMW)

Renzo Vitale ist Techniker und Künstler zugleich. Bei BMW gibt er als Akustikingenieur und Sounddesigner den Ton an. Sein offizieller Titel lautet: Creative Director Sound BMW Group. Die Klänge aller Elektroautos der Marke stammen von ihm. Vitale hat in seiner Heimat Italien zwei Fächer in ungewöhnlicher Kombination studiert: Elektrotechnik und Klavier. An der RWTH Aachen promovierte er über „Wahrnehmungsaspekte der Schallstreuung in Konzertsälen“.

Für BMW arbeitet Renzo Vitale seit einigen Jahren mit dem weltweit bekannten Filmkomponisten Hans Zimmer zusammen. Für den Innenraum des E-Mobils haben die beiden Künstler einen Beschleunigungssound entwickelt, der tiefer wird und sich wie ein Orchesterklang anhört. Vitale erzählt gerne die Geschichte, wie sie ihren Sound einem BMW-Vorstand präsentiert haben. Der drehte eine Runde im Elektroauto und sagte danach, er habe sich wie ein Komponist gefühlt. Für Vitale „der schönste Tag“ in seinem Leben bei BMW.

Renzo Vitale gibt bei BMW als Akustikingenieur und Sounddesigner den Ton an. ©BMW

Herr Vitale, was macht den Klang eines BMW aus?

Für die Marken der BMW Group wurden sogenannte Sound-Gene entwickelt, die den Markensound maßgeblich prägen. Die Sound-DNA von BMW zahlt auf die Charaktereigenschaften Freude, Eleganz und Dynamik ein.

Durch die „MyModes“ im Innenraum kann man das Klangerlebnis individuell wählen. Haben Sie bei der Entwicklung der Soundtypen getestet, wie Probanden darauf reagieren?

Die MyModes ermöglichen unseren Kunden ein individuelles Nutzererlebnis, ganz auf ihre Präferenzen, individuellen Wünsche und die jeweilige Fahrsituation abgestimmt. Der MyMode Relax beispielsweise entspannt den Fahrer und verwandelt das Fahrzeug auch akustisch in eine Wohlfühloase. Der MyMode Sport hingegen gibt dem Fahrer mit einer sportlicheren Fahrweise ein akustisches Feedback, angepasst an seine Fahrweise. Geschwindigkeiten beispielsweise lassen sich hierdurch besser abschätzen.

Wie finden Sie heraus, wie Fahrerinnen und Fahrer bestimmte Klänge wahrnehmen? 

Bei der Entwicklung des Soundspektrums in einem BMW haben wir auch Kundenreaktionen berücksichtigt. Es stellte sich heraus, dass Sound sehr unterschiedlich wahrgenommen und bewertet wird. Deshalb geben wir mit den MyModes dem Fahrer die Möglichkeit, Präferenzen im Fahrzeug selbst zu wählen.

Welche Erkenntnisse haben Sie darüber, wie wichtig der Sound für das Markenerlebnis und sogar für die Kaufentscheidung ist?

Sound ist seit jeher ein Differenzierungsmerkmal der unterschiedlichen Marken und Produkte. Wir sind überzeugt, dass das auch in Zukunft so bleiben wird. Elektromobilität eröffnet uns neue Möglichkeiten, dieses Differenzierungsmerkmal gezielt zu gestalten und das Markenerlebnis aufzuladen.

Vitale (Bild) hat zusammen mit dem Filmkomponisten Hans Zimmer für den Innenraum des E-Mobils einen Beschleunigungssound entwickelt, der tiefer wird und sich wie ein Orchesterklang anhört. ©BMW

BMW hat für die Soundkreation den renommierten Filmkomponisten Hans Zimmer engagiert. Was hat er eingebracht, das ohne ihn möglicherweise verborgen geblieben wäre?

Die BMW IconicSounds Electric sind in Kollaboration mit Hans Zimmer in sehr enger Zusammenarbeit entstanden. Das Zusammenführen unterschiedlicher Disziplinen ermöglicht völlig neue Perspektiven und Ansätze, die im gemeinsamen Projekt dann zum Leben erweckt werden.

Den Sound für ein Auto oder die Musik für einen Film kreieren und komponieren: Welche Parallelen gibt es, welche Unterschiede – und inwiefern profitiert der Autosound von der Filmmusik?

Das größte Unterscheidungsmerkmal ist wohl der Entstehungsprozess. Während die Filmmusik anhand einer Storyline oder eines Skriptes komponiert wird, ist dies beim Autosound nicht der Fall. Der Sound von Fahrzeugen ist nicht in allen Fahrsituationen im Voraus definiert und muss situativ reagieren können. Der Zuschauer eines Films nimmt eher eine passive Rolle ein, während der Fahrer im Fahrzeug aktiv handelt und damit in die Entstehung des Sounds involviert wird. Filmmusik und Automobilsounds vereinen jedoch die gemeinsame Intension, Menschen emotional zu bewegen.

Roland Karle (rk, Jahrgang 1966) schreibt über Marken & Medien, Beruf & Sport. Hat BWL/Marketing an der Uni Mannheim studiert, bei einer Tageszeitung volontiert und arbeitet seit 1995 freiberuflich. Er porträtiert gerne Menschen in Zeilen und Märkte durch Zahlen. Hang zum Naschkater und Volltischler. Im früheren Leben ein fröhlicher Libero.