BMW präsentiert Auto komplett aus Recyclingmaterial

Die am Montag gestartete IAA Mobility beschäftigt sich mit den relevantesten Mobilitätsthemen der Zukunft. Wir fassen die wichtigsten News der Hersteller kompakt zusammen. Diesmal im Fokus sind BMW, ZF, Bosch und Conti.
Autos komplett aus Recyclingmaterial: BMW wolle "der nachhaltigste Autohersteller der Welt" werden, sagte Konzernchef Oliver Zipse auf der Automesse IAA in München. (© BMW)

Die neuesten ausgewählten Hersteller-News von der IAA Mobility drehen sich heute um die folgenden Themen:

  1. BMW präsentiert Auto komplett aus Recyclingmaterial
  2. Neuer E-Kleinwagen von VW kommt 2025
  3. Schaeffler macht bei Robotaxis gemeinsame Sache mit Mobileye
  4. ZF sieht Zukunft für Plug-in-Hybride „weit über 2030 hinaus
  5. Bosch setzt auf Wachstum mit Elektromobilität
  6. Rohstoffe, Leichtbau, Recycling: „Grüne“ Reifen-Strategie bei Conti

Nachfolgend die Details im kompakten Überblick:

BMW präsentiert Auto komplett aus Recyclingmaterial

BMW-Chef Oliver Zipse hat am Montag ein zu 100 Prozent aus Altmaterial und nachwachsenden Rohstoffen hergestelltes Auto vorgestellt. BMW wolle „der nachhaltigste Autohersteller der Welt“ werden, sagte Zipse auf der Automesse IAA in München. Der BMW i Vision Circular sei nicht bloß eine Designstudie, sondern nach den Worten Zipses „die Denkweise, mit der wir die Neue Klasse entwickeln“, die elektrische Fahrzeugarchitektur für die Modellgenerationen ab 2025.

Die Karosserie des Kleinwagens besteht aus wiederverwertetem, nicht lackiertem Aluminium und Stahl. „Es kann genau so wieder in den Kreislauf zurückgebracht werden“, sagte BMW-Chefdesigner Adrian van Hooydonk. Chrom, Doppelrahmen, Stege, Zierleisten und Dekors wurden weggelassen, das BMW-Logo einfach ins Metall gelasert.

Auch im Inneren des Fahrzeugs gibt es weder Chrom noch Leder, sondern ausschließlich recyceltes Material. Wo Materialien aufeinandertreffen, sind sie mit Steckern und Schrauben verbunden, so dass sie beim Abwracken des Autos leicht wieder getrennt und wiederverwendet werden können. „Das Vermeiden von Verbundwerkstoffen ist ganz wichtig“, sagte Zipse. Auf Bildschirme verzichtet der i Vision Circular: Für den Fahrer wichtige Anzeigen werden auf der Windschutzscheibe eingeblendet.

Wohlhabende Kunden und soziale Aufsteiger stellten wachsende Ansprüche an verantwortungsvollen Konsum, sagten BMW-Designer. Der Autobauer hat die Kreislaufwirtschaft zu seinem Leitmotiv auf der IAA gemacht und will mit dem i Vision Circular zeigen, dass Kundenansprüche an Luxus und Lifestyle auch mit einem Auto aus Recyclingmaterial zu erfüllen sind. Es soll einen Ausblick geben, „wie individuelle, nachhaltige und luxuriöse Mobilität im urbanen Umfeld im Jahr 2040 aussehen könnte“. Nach der Weltpremiere am Messestand soll das Fahrzeug ab Dienstag auch in der Stadt auf dem Platz vor der Staatsoper gezeigt werden.

BMW gehe es nicht nur um Klima und Umwelt, sondern auch um Betriebswirtschaft: Rohstoffe werden knapper und teurer. BMW rechnet in diesem Jahr mit Zusatzkosten von mindestens einer halben Milliarde Euro für Rohmaterial. Heute seien knapp 30 Prozent der BMW-Autos aus recyceltem Material gefertigt. Mit der neuen Klasse sollen es in Zukunft 50 Prozent werden.

Neuer E-Kleinwagen von VW kommt 2025

In dem ab 2025 geplanten E-Kleinwagen von Volkswagen werden sich wesentliche Funktionen durch das Smartphone der Nutzer steuern lassen. Der ID.Life, dessen Konzeptstudie der Konzern am Montag vor dem Beginn der Automesse IAA Mobility in München vorstellte, soll ein Betriebssystem bekommen, das die vollständige Einbindung externer Endgeräte erlaubt. So könnten zum Beispiel über ein Mobiltelefon oder Tablet nahezu „alle Funktionen kontrolliert“ werden, sagte eine Designerin mit Blick etwa auf Navigation- oder Entertainment-Module – „außer dem Fahren selbst“. Dazu ist eine komplexe Bord-Software nötig, die VW in seiner neuen Sparte Cariad in Eigenregie entwickelt.

Der ID.Life basiert – wie andere Modelle der reinen Stromer-Reihe – auf dem Elektro-Baukasten MEB. Das etwas mehr als 4 Meter lange und ab etwa 20.000 Euro erhältliche Auto soll auf eine junge, städtische Zielgruppe ausgerichtet sein, vorwiegend aus nachhaltigen Materialien gefertigt werden und ein eher minimalistisches Erscheinungsbild haben: „Je weniger Verzierungen, umso besser.“

Das Cockpit ist in einen Touchscreen im Lenkrad integriert, Außen- und Innenspiegel gibt es durch Kameratechnik nicht mehr. Auch eine kleine Filmleinwand und eine Computerspielkonsole sollen enthalten sein. Markenchef Ralf Brandstätter sagte, es gehe um „Integration des Autos in die Lebenswelt“. Produktionsland soll Spanien sein, wo die Wolfsburger den Aufbau einer weiteren Batteriezellfabrik anstreben.

Schaeffler macht bei Robotaxis gemeinsame Sache mit Mobileye

Der Autozulieferer Schaeffler will zusammen mit dem israelischen Tech-Unternehmen Mobileye den Unterbau für Robotaxis anbieten. Die langfristig angelegte Partnerschaft solle die Erfahrung bei Entwicklung und Industrialisierung im Antriebs- und Fahrwerksbereich zusammenbringen, teilte Schaeffler am Montag zum Auftakt der Automesse IAA Mobility in München mit. Eine anpassbare autonome Fahrzeugplattform soll bereits 2023 für Kunden zur Verfügung stehen.

Mobileye ist eine Tochter des US-Chipkonzerns Intel und vor allem für ihre Kamera- und Sensorsysteme zur Erkennung der Umgebung von Fahrzeugen bekannt. Auch der Autobauer BMW arbeitet mit Mobileye zusammen. Von Schaeffler soll in der Kooperation mit den Israelis die Fahrzeugplattform kommen, Mobileye steuert die Selbstfahrtechnik bei.

Der schnelle Branchenumbruch hinsichtlich Vorgaben und Technik, eine zunehmende Verstädterung und ein wachsendes gesellschaftliches Bewusstsein für Mobilität erhöhten den Bedarf für neue Konzepte im Personen- und Warenverkehr, sagte Schaefflers Autozulieferspartenchef Matthias Zink. „Mit der Partnerschaft mit Mobileye wollen wir autonome Shuttles bis zur Serienreife entwickeln“, sagte der Manager.

ZF sieht Zukunft für Plug-in-Hybride „weit über 2030 hinaus

Der Autozulieferer ZF sieht für Plug-in Hybride eine Zukunft bis weit ins kommende Jahrzehnt. Aufgrund des eigenen Auftragsbestands gehe er davon aus, dass die Fahrzeuge „weit über 2030 hinaus in vielen Teilen der Welt eine wichtige Rolle bei der Elektrifizierung der individuellen Mobilität“ spielen werden, sagte der ZF-Vorstandsvorsitzende Wolf-Henning Scheider am Montag auf der Automesse IAA Mobility in München. Dabei geht er allerdings von größeren rein elektrischen Reichweiten von mehr als 100 Kilometern aus.

Insgesamt sieht Scheider einen „Schub in der Gesellschaft“. Die Bereitschaft, das eigene Mobilitätsverhalten anzupassen, sei nie größer gewesen als jetzt.

Plug-in-Hybride kombinieren einen Verbrennungsmotor mit der Fähigkeit, auch rein elektrisch mit einer extern aufladbaren Batterie zu fahren. Umweltverbände haben sie allerdings in der Vergangenheit als klimapolitische Mogelpackungen kritisiert. Wie klimafreundlich sie sind, kommt dabei unter anderem darauf an, wie groß der Anteil der wirklich rein elektrisch gefahrenen Kilometer ist.

Bosch setzt auf Wachstum mit Elektromobilität

Der weltgrößte Autozulieferer Bosch rechnet dank der Komponenten für Elektroantriebe nach dem Corona-Knick im Vorjahr nun mit einem ordentlichen Wachstumsschub. Der Umsatz der Autozuliefersparte des Technologiekonzerns soll dieses Jahr um zehn Prozent zulegen, wie Bosch-Chef Volkmar Denner am Montag zum Auftakt der Automesse IAA Mobility in München sagte. „Die Elektromobilität wird für uns zum Kerngeschäft, die CO2-freie Mobilität zu einem Wachstumsfeld“, sagte Denner.

Dieses Jahr will Bosch mit der Technik rund um Elektroautos über eine Milliarde Euro umsetzen – bis 2025 soll sich das Geschäft dann verfünffachen. „Wir richten uns darauf ein, dass die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen global steigt“, sagte der bei Bosch für die Autozulieferung zuständige Geschäftsführer Stefan Hartung. „In aller Welt werden 2035 voraussichtlich 60 Prozent aller Neuzulassungen Elektroautos sein“, bestätigte der Manager frühere Erwartungen.

Bosch setzt wie andere Zulieferer auch darauf, dass Teile für Verbrennungsmotoren noch länger gebraucht werden, weil die Umstellung auf Elektroantriebe nicht in allen Weltregionen gleich schnell verläuft. Viele Autobauer haben zumindest für Europa schon einen früheren Ausstieg aus dem Geschäft mit Benzinern und Dieseln in Aussicht gestellt. Bosch steckt allerdings bereits viel Geld in die E-Mobilität: Bisher investierte das Unternehmen zusammengenommen fünf Milliarden Euro, dieses Jahr kommen 700 Millionen Euro dazu. Die Autozulieferung ist der mit Abstand größte Geschäftsteil von Bosch.

Bosch erwartet auch bei Fahrassistenzsystemen Chancen, das Unternehmen sieht sich hier als Marktführer. Zudem wachse Bosch in diesem Jahr mit mehr als 40 Prozent auch hier schneller als der Markt, sagte Denner. Die Ambitionen bei der Entwicklung von Robotaxis erhielten allerdings zuletzt einen Dämpfer, weil Kooperationspartner Daimler sich als Luxusanbieter nicht mehr in der ersten Reihe sieht, solche autonom fahrenden Fahrzeuge für den Massenmarkt zu entwickeln.

Rohstoffe, Leichtbau, Recycling: „Grüne“ Reifen-Strategie bei Conti

Die Wiederverwertung von Materialien und eine Minderung des Energieverlusts beim Fahren sind Themen, die Reifenhersteller immer stärker beschäftigen. Continental strebt auch auf einem weiteren Feld mehr Nachhaltigkeit an – und gibt ein neues Mittelfrist-Ziel aus.

Continental will sein Reifenangebot in den kommenden Jahren auf schonendere Nutzung natürlicher Ressourcen und mehr Energieeffizienz ausrichten. Vom Rohstoffbezug über die Bauart bis zur Wiederverwertung soll ein durchgängig nachhaltiges Konzept zum Zug kommen, kündigte der Autozulieferer am Montag vor dem Start der Automesse IAA in München an. Vorerst geht es bei dem zugehörigen Reifen um eine Studie – der Dax-Konzern aus Hannover plant jedoch schon eine möglichst breite Anwendung der Technologien und Verfahren.

Ziel sei es, mittelfristig die weltweite Produktion „vollständig auf den Einsatz nachhaltiger Materialien umzustellen“, erklärte der Chef des Geschäfts mit Reifen-Erstausrüstungen für Pkw, David O’Donnell. Über die gesamte Wertschöpfung sollten nachwachsende sowie recycelte Roh- und Werkstoffe auf „einen besonders hohen Anteil“ ausgebaut werden. Viele Reifen könnten zudem dank neuer Leichtbau-Designs und spezieller Laufstreifen effizienter und langlebiger sein. Bis 2030 wolle man hier eine führende Rolle spielen. Ab spätestens 2050 sollten dann nur noch nachhaltig erzeugte Stoffe eingesetzt werden.

Für die herkömmliche Gummiproduktion sind vor allem Kautschuk und Kunststoffe nötig. Die Beschaffung klassischen Naturkautschuks ist wegen des großflächigen Anbaus in Südostasien problematisch, wo Agrarflächen oft auf Kosten von Waldflächen gehen und es Kritik an den sozialen Bedingungen auf Plantagen gibt. Die Transportwege sind zudem weit – mit entsprechendem CO2-Ausstoß. Für viele Reifengemische werden überdies chemische Verbindungen gebraucht, bei denen Erdöl und weitere kohlenstoffhaltige Substanzen als Grundmaterialien dienen.

Das Conti-Programm „Green Concept“ soll an diesen Punkten ansetzen. So ist vorgesehen, mehr Naturkautschuk aus Löwenzahn zu gewinnen. Auf Öl basierende Stoffe sollen stärker durch ähnlich einsetzbare, aber nachwachsende Ressourcen ersetzt werden – etwa aus pflanzlichen Ölen oder Harzen. Auch Goodyear ist aktiv: Die US-Amerikaner untersuchten Zuckerrohr als möglichen Ausgangsstoff.

Auf der anderen Seite soll Recycling zunehmen – von Stahlteilen und Ruß, aber auch von Kautschuk und Polyester-Kunststoffen. Conti hatte angekündigt, ab 2022 schrittweise PET aus recycelten Flaschen in seine Fertigung einzuspeisen. Reifenhersteller brauchen solche verformungsfähigen Stoffe und versuchen, Teile der Produktion auf Recycling-Materialien umzustellen. Michelin tat sich mit dem Partner Enviro zusammen, um Ruß und weitere Stoffe zurückzugewinnen. Recyceltes Plastik wollen die Franzosen ab 2024 einsetzen.

Schließlich soll die Lebensdauer der Reifen erhöht werden. Weniger Gewicht und Rollwiderstand könnten dies ermöglichen, wodurch Autos dann auch weniger Sprit oder Strom verbrauchen, heißt es bei Conti. Das in München vorgestellte Konzeptmodell sei um „bis zu 40 Prozent leichter als ein heutiger Standardreifen“ – machbar sei das vor allem durch eine optimierte Konstruktion bei weniger Materialeinsatz.

Die traditionelle Reifensparte gehört bei Continental derzeit zu den profitabelsten Bereichen. Allerdings ist der Wettbewerbsdruck insbesondere in Europa hoch, in einigen Werken wird die Produktion daher gekappt, etliche Stellen fallen weg. Nachhaltigere und effizientere Reifen sieht das Unternehmen allerdings auch als große Geschäftschance – speziell in Autos mit alternativen Antrieben, deren Steuerung und Vernetzung eine energiesparende Fahrweise fördern soll.

mit Material von der dpa

(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.