Zugang zum größten Internetmarkt: Warum Facebook, YouTube oder Google etwas vom chinesischen Kuchen abhaben wollen

Vor acht Jahren hat sich Google angesichts von Zensur und Hackerangriffen aus China zurückgezogen. Nicht nur dieser Konzern, sondern auch andere große Player suchen aber jetzt wieder nach einem Zugang zu dem weltgrößten Internetmarkt mit 770 Millionen Internetnutzern. Zeit, für den altbekannten „Kotau“, in diesem Fall die Unterwerfung der US-Riesen vor der chinesischen Regierung?
Facebook, Google oder YouTube sind in China tabu. Nur ein ganz geringer Teil der Bevölkerung hat Zugang zu den Plattformen.

Egal ob Facebook, Google, Whatsapp oder Twitter: Sie alle träumen immer noch davon, den chinesischen Markt zu erobern. Was ihnen ebenfalls gemein ist: Sie sind in China allesamt blockiert – ebenso wie Nachrichtenseiten der „New York Times“ oder des „Wall Street Journal“. Wer politisch heikle oder chinakritische Webseiten betreibt, fliegt. Google hatte sich 2010 aus China zurückgezogen, statt die Ergebnisse seiner Suchmaschine so manipulieren zu lassen, dass sie der Zensur der Kommunistischen Partei entsprachen.

Doch der Markt – oder die Haltung der US-Konzerne – hat sich verändert. Heute hat China 770 Millionen Internetnutzer – mehr als die Bevölkerung Westeuropas und der Vereinigten Staaten zusammen. Der Kuchen ist also riesig und alle wollen etwas davon abhaben.

In diesem Monat wurde bekannt, dass Google eine Suchmaschine für Smartphones entwickelt, die den strengen chinesischen Zensurregeln entspricht. Während die Kerndienste wie Suche, Gmail und YouTube für viele chinesische Bürger blockiert bleibt, bietet das Unternehmen Tools und Support für eine wachsende Zahl von App-Entwicklern, Herstellern und Werbetreibenden in der Region an. Auch Facebook hatte versucht, eine Tochtergesellschaft in China zu gründen – bisher ist dies nicht geglückt.

Woran liegt es, dass China die internationalen Unternehmen nicht mehr im Land haben will?

Gründe sind schnell gefunden: Peking versucht, die US-Internetgiganten so lange fernzuhalten, bis sich einheimische Unternehmen eine nahezu unangreifbare Positionen auf dem heimischen Markt aufgebaut haben. Das gelingt: Während Google in den USA und Europa fast 90 Prozent des Suchmarktes beherrscht, hat sich Baidu im chinesischen Suchmarkt etabliert. Baidu besitzt derzeit fast 74 Prozent des Marktanteils von Suchmaschinen in China und ist dort somit dominierender Marktführer. CEO Robin Li zeigte sich schon im Vorfeld bereit, den Kampf gegen Google aufzunehmen, sollte das Unternehmen nach China zurückkehren: „Wenn Google sich entschließt, nach China zurückzukehren, werden wir die Chance ergreifen, einen echten Kampf zu führen, und wir werden diesen wieder gewinnen“, sagte Li vergangene Woche in seinem privaten sozialen Netzwerk. Li sagte weiter, dass chinesische Technologieunternehmen im Laufe der Jahre bereits die Führung übernommen hätten.

Keine Neugier unter jungen Chinesen

Die US-Konzerne haben ein weiteres Problem: Die jungen Chinesen kennen Facebook, Google oder Twitter nicht. Zwei Ökonomen der Peking-Universität und der Stanford University erhoben 2018 eine Umfrage unter chinesischen Studenten, berichtet die New York Times. Dabei kam heraus: Der Zugang zu unzensierten, politisch sensiblen Informationen ist jungen Chinesen gleichgültig. Die Forscher stellten fast 1000 Studenten an zwei Universitäten in Beijing kostenlose Tools zur Verfügung, um die Zensur zu umgehen, doch mehr als die Hälfte der Studenten nutzte diese Tools nicht. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Zensur in China nicht nur deshalb effektiv ist, weil das Regime den Zugang zu sensiblen Informationen erschwert, sondern auch, weil sie ein Umfeld fördert, in dem die Bürger solche Informationen gar nicht erst verlangen“, schreiben die Wissenschaftler.

Also bleibt es für die amerikanischen Internetgiganten bisher ein reiner Traum, den chinesischen Markt einzunehmen. Chinas Kommunistische Partei hat gezeigt, dass es unter Präsident Xi Jinping eine streng ideologische Kontrolle geben wird – das zeigt schon die Schließung und der Lizenzentzug im ersten Halbjahr 2018 von mehr als  3000 Webseiten.