Welche Bedeutung hat der Markenwert für die Unternehmen wirklich?

Die Relevanz von Marken ist heutzutage unbestritten. Starke Marken binden Kunden, realisieren Preisprämien und vereinfachen eine Produktneueinführung. Sie sind der Beziehungsanker zum Konsumenten. Dementsprechend werden für den Aufbau von Marken hohe zweistellige Millionenbeträge investiert – gefolgt von signifikanten Ausgaben für eine kontinuierliche Markenführung.

Trotz dieser allgemein anerkannten Zusammenhänge ist das Thema Markenwert und Markenbewertung in Deutschland noch nicht durchgängig im Bewusstsein des Top-Managements verankert. Dies ist paradox, da internationale Rechnungslegungsvorschriften die Relevanz von Markenwerten bereits entsprechend berücksichtigt haben. Wird beispielsweise nach US-GAAP bilanziert, muss bei zugekauften Unternehmen im Konzernabschluss der Goodwill in einzelne Assets aufgeschlüsselt und somit Markenwerte ausgewiesen werden.

Betroffen von diesen Regelungen sind Global Player wie die Allianz, die den Dresdner-Bank-Markenwert bilanzieren muss. Zusätzlich sind diese im Goodwill aktivierten Markenwerte auf Basis des Impairment Only Approach (IOA) nicht mehr planmäßig abzuschreiben, sondern jährlich auf Werthaltigkeit zu überprüfen. Investitionen in Marken (und somit Markenwerte) können sich dementsprechend positiv in der Bilanz niederschlagen. Vergleichbare Regelungen finden sich bereits in den International Accounting Standards (IAS) sowie den Bilanzierungsrichtlinien Großbritanniens und Frankreichs.

Zunehmende Relevanz gewinnt die Markenbewertung auch für die Liquiditäts- beziehungsweise Finanzplanung. Werden die Basel II-Vereinbarungen in der geplanten Form umgesetzt, erfolgt die Festlegung von Kreditkonditionen verstärkt auf Basis der individuellen Bonität von Kreditnehmern. Das unternehmensspezifische Rating wird dabei zukünftig nicht nur von materiellen Vermögensgegenständen wie Produktionsanlagen abhängen, sondern auch immaterielle Vermögenswerte wie Markenwerte mit einbeziehen.

Schon heutzutage kann zum Beispiel die Verbesserung des Moody’s Ratings um einen Rating-Step zu einer deutlichen Verringerung der Fremdkapitalkosten im zweistelligen Millionenbereich führen. Zusätzlich wird die Financial Community zukünftig verstärkt eine klar kommunizierte Markenwert-Story honorieren, da das vorhandene Markenkapital zur Verringerung des Informationsdefizits zwischen Buchwert und Marktkapitalisierung beiträgt. Forciert wird diese Entwicklung durch die aktuelle Sustainability Diskussion, die auf einen nachhaltigen Unternehmenserfolg und die entsprechenden Schlüsselfaktoren abzielt.

Gespannt sein darf man auf die Entwicklung bei originären Markenwerten. Besteht bisher immer noch ein Aktivierungsverbot, da man eine objektive Bewertbarkeit bislang ablehnt, gibt es erste Anzeichen dafür, dass diese Regelung zukünftig zur Disposition, wenigstens aber im Mittelpunkt einer Diskussion stehen könnte. Im Anhang des DRS 12 wird für selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens – unter die auch Marken fallen – vorgeschlagen, diese zukünftig in der Bilanz anzusetzen (Aufhebung des § 248 Abs. 2 HGB vorausgesetzt). Die Akzeptanz dieses Vorschlags bleibt zwar abzuwarten, es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass eine angeregte Diskussion über die bilanzielle Behandlung von originären Markenwerten zu erwarten ist.

Über den Autor: Dr. Olaf Göttgens ist Managing Partner/CEO der Unternehmensberatung BBDO Consulting.