Warum Porsche in China eine Brand Academy betreibt

Als Markt für Luxusgüter wird China immer wichtiger – auch für deutsche Hersteller. In Shanghai positioniert sich Porsche jetzt mit einer Brand Academy; Kooperationspartner ist die Tongji Universität. Über die Motive sprach absatzwirtschaft online mit Manfred Bräunl, Vice President Marketing von Porsche China.

Herr Bräunl, brauchen die Chinesen wirklich Nachhilfeunterricht von Porsche? Gut geführte Brands sind in China doch heute schon sehr geschätzt.

Man sollte Markenwertschätzung nicht mit Markenführung verwechseln. Chinesische Führungskräfte fragen mich häufig, wie ihre lokalen Marken zu managen seien. Porsche genießt in dieser Hinsicht hohes Ansehen. Dies war der Auslöser für unsere Idee zur Brand Academy, wie sie es bisher in Asien noch nicht gibt. Das Interesse zur Fortbildung auf diesem Gebiet ist riesig. Mit der Tongji Universität, einer Top Business School in China, haben wir auch den richtigen Partner gefunden.

Das erste Seminar hat bereits stattgefunden. Wo liegen die inhaltlichen Schwerpunkte?

In unserem Porsche Experience Centre, dem bislang einzigen in Asien, kann die Marke hautnah erlebt werden: Neben einer Teststrecke, Schulungsräumen, Restaurant und einer Porsche Club Lounge haben wir speziell für die Brand Academy ein interaktives Markenlabor eingerichtet. Wir kombinieren akademische Studieninhalte mit praxisnahen Fallstudien. Dabei decken wir die wichtigsten Bereiche von Markenmanagement, Markenstrategie, Markentracking ab und diskutieren über zukünftige Marktherausforderungen. Wir gehen dabei auch auf Chinas neue und innovative Marken ein, wie Tencent, Alibaba, Didi…

…Didi ist das chinesische Uber….

…oder auch auf einheimische Hersteller von Elektrofahrzeugen. Für sie ist der Aufbau einer Community oft wichtiger als Straßenlage, Beschleunigung oder PS. Es passieren viele Dinge in China, die den herkömmlichen Luxusbegriff neu definieren werden.

Die Seminarteilnahme kostet umgerechnet knapp 1000 Euro – ein stolzer Preis.

Das Curriculum bewegt sich auf hohem Niveau mit ausgewählten Wirtschaftsprofessoren der Tongji Universität. Dessen Management Master zählt nach Financial Times Index zu den Top 35 der Welt. Das Seminarangebot wird ergänzt durch kulinarische Genüsse im Porsche Restaurant, unvergessliche Eindrücke auf unserer Teststrecke und nicht zuletzt die Möglichkeit, sich mit interessanten Seminarteilnehmern zu vernetzen. Es ist die ideale Kombination aus Lernen und Unterhaltung.

Warum die Partnerschaft mit der Tongji Universität? Sie hätten die Brand Academy doch auch in Eigenregie aufbauen können.

Uns war es wichtig, dass die Seminarinhalte eine hohe Glaubwürdigkeit besitzen und nicht als Porsche- Vertriebsinstrument missverstanden werden. Die Partnerschaft mit einer der besten akademischen Institutionen Chinas stärkt diese Glaubwürdigkeit. Tongji übernimmt den akademischen Part; die Seminarleitung liegt bei Zheng Han, einem Professor, der fließend Deutsch, Englisch und Mandarin spricht. Er hat in Braunschweig studiert und in St. Gallen promoviert.

Der Teilnehmerkreis ist mit 15 bis 20 Leuten recht überschaubar.

Das stimmt – kleine Gruppengrößen sind uns wichtig, um die anspruchsvollen Lerninhalte zu vermitteln. Alles, was offline passiert und spannend ist, findet in China online millionenfach Verbreitung. Die Gründung der Brand Academy schlägt in den sozialen Medien hohe Wellen.

Verdienen Sie eigentlich Geld mit der Akademie?

Wir machen’s aus Überzeugung. Wir möchten als Firma wahrgenommen werden, die an der rasanten Entwicklung des Landes teilnimmt und den Pioniergeist in China fördert, wenn es um Markenmanagement geht.

Wie hoch schätzen Sie den Bedarf an Seminaren ein?

Ich gehe zunächst von ein bis zwei Seminaren im Monat aus. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass Firmen komplette Kurse für ihre Mitarbeiter buchen wollen. Interessant ist auch, dass Manager anfragen, ob sich die Inhalte auf ihr Unternehmen zuschneiden lassen. Sie möchten, dass wir ihnen helfen ihre eigene Marke zu positionieren und diese im Wettbewerb erfolgreich ausrichten. Wir gehen auf diese Wünsche gerne ein.

Unterstützt Porsche indirekt die Konkurrenz? Es könnten ja auch Manager aus der lokalen Autoindustrie den Kurs belegen…

Wir haben solche Bedenken nicht. Es ist ja nicht so, dass wir hier auf die Porsche Strategie der nächsten Jahre eingehen. Die Fallstudien beziehen sich auf vergangene Herausforderungen verschiedener Marken; auch deshalb haben wir die Veranstaltung nicht „Porsche Brand Academy“ genannt, sondern „Brand Academy powered by Porsche“. Wenn Sie die Hotline anrufen, landen Sie bei der Tongji Universität.

Wenn sich tatsächlich Manager einer Konkurrenzfirma anmelden würden – wie würden Sie reagieren?

Jeder noch so erfahrene Teilnehmer kann bei uns etwas dazu lernen, und ich bin sicher, dass das Porsche-Fahrerlebnis der Konkurrenz in unvergesslicher Erinnerung bleiben wird. Insofern: Herzlich willkommen!

(mat) führte ihr erstes Interview für die absatzwirtschaft 2008 in New York. Heute lebt die freie Journalistin in Kaiserslautern. Sie hat die Kölner Journalistenschule besucht und Volkswirtschaft studiert. Mag gute Architektur und guten Wein. Denkt gern an New York zurück.