Die Geschichte hinter dem Markennamen Ritter Sport

Ritter Sport ist eine der bekanntesten Tafelschokoladen Deutschlands. Ihre quadratische Form ist einzigartig. Aber was hat der Begriff "Sport" mit Schokolade zu tun?
Mit der quadratischen Form revolutionierte Ritter Sport die Schokoladenwelt. (© Ritter Sport (Montage: Olaf Heß))

Woher der Markenname „Ritter“ kommt, ist schnell erklärt. In diesem Fall geht es nicht um adlige Helden in glänzenden Rüstungen aus dem Mittelalter. Es ist schlicht der Familienname der Unternehmensgründer, des Konditors Alfred Eugen Ritter und der Süßwarenhändlerin Clara Ritter, die 1912 gemeinsam eine Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik in Bad Cannstatt ins Leben riefen. Der Familie Ritter gehört das Unternehmen auch heute noch, mittlerweile ist es in Waldenbuch, südlich von Stuttgart, beheimatet.

Ritter Sport war „anders als die anderen“

Interessanter ist die Herkunft des „Sportteils“ im Namen. Dazu gibt es die Geschichte, dass Clara Ritter sich darüber geärgert hatte, dass herkömmliche Schokoladentafeln in Jackentaschen leicht zerbrachen, woraufhin sie eine quadratische Form ersann. Diese wurde unter dem Namen „Ritter’s Sport Schokolade“ 1932 in den Markt eingeführt. Kakao galt damals wegen der darin enthaltenen Alkaloide Koffein und Theobromin als Muntermacher; so wurde die Verbindung zum Sport gezogen.

Damit wurde eine der wichtigsten Marketingregeln – „sei anders als die anderen“ – sowohl durch die Form als auch durch den Namen befolgt. Fast alle anderen Schokoladen kamen in länglicher Form daher, mit Ausnahme der berühmten dreieckigen Toblerone. Keine andere war quadratisch. Es gab bereits Damen- und Herrenschokolade, Luftschokolade, Tropen- und sogar Fliegerschokolade, aber noch keine explizite „Sportschokolade“ von Bedeutung.

„Fresswelle“ der Wirtschaftswunderzeit

Die Firma Ritter produzierte aber weiterhin auch „normale“ Schokoladen in der klassischen Form und den Standardgeschmacksrichtungen wie Vollmilch, Vollmilch-Nuss oder Zartbitter. So ging es auch nach einer Kriegsunterbrechung weiter und in der „Fresswelle“ der Wirtschaftswunderzeit in den 50er-Jahren steil bergauf. In den 60er-Jahren begann allerdings ein Verdrängungswettbewerb unter den zahlreichen Schokoladenherstellern. Um als kleinerer Anbieter zu überleben, bedurfte es wirklich guter Ideen, zumal die Großen auch nicht schliefen und ein Wettbewerber schon mit lila Kühen experimentierte.

Ritter schaffte es, eine bereits gute Idee zu einer idealen weiterzuentwickeln. Das Unternehmen konzentrierte sich nun auf die quadratische Form und den Namen „Ritter Sport“ und nahm die anderen Produkte sukzessive aus dem Programm. 1970 wurde zusammen mit neuen Sorten – wie der ersten Joghurt-Schokolade – der Slogan „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ eingeführt und erstmals bundesweit Fernsehwerbung geschaltet. 1974 folgte eine klare Farbzuordnung verschiedener Geschmacksrichtungen und 1976 die Schlauchverpackung mit der Knicköffnung, die es erlaubte, die Tafel schnell und einfach zu öffnen, ohne sich dabei die Hände schmutzig zu machen.

Ritter Sport erfindet neues Nutzungskonzept

Was war so genial daran? Ein neues Nutzungskonzept. In den 60er-Jahren wurde Schokolade vornehmlich verschenkt. Wenn man zu Besuch war, brachte man gerne Schokolade mit, die immer doppelt verpackt war: in Stanniolpapier direkt um die Schokolade und darüber befand sich eine bedruckte Umverpackung, die wiederum oft vom Verschenker nochmals in Geschenkpapier gewickelt wurde. Also alles in allem etwas umständlich und eben nicht gerade „praktisch“. Es war zudem kaum üblich, für sich selbst Schokolade zu kaufen und zu genießen. Das änderte Ritter Sport mit einer Schokolade, die durch einfache Handhabung und praktische Verpackung einlud, sich auch selbst etwas zu gönnen. Damit positionierte sich die Marke in einer neuen Nische zwischen der klassischen Schokolade und Schokoriegeln wie Mars oder Bounty.

Dank einer beispielhaft konsistenten Markenführung sind heute 21 Standardsorten und etliche Sondereditionen der legendären Schokoladenquadrate in rund 100 Ländern erhältlich. Zum Sortiment gehören unter anderem vegane Sorten in exotischen Geschmacksrichtungen wie Mandel Quinoa und Voll-Nuss Amaranth sowie Schokoladen mit fair und nachhaltig angebauten Kakaosorten aus Nicaragua, Ghana oder Peru.

Das Erfolgsrezept scheint in der Kombination von ständigen Produktinnovationen bei gleichzeitigem Festhalten an klaren Formen und einer klaren Markenaussage zu liegen: seit mehr als 50 Jahren eben „Quadratisch. Praktisch. Gut.“.

Dr. Bernd M. Samland ist Gründungsgeschäftsführer von Endmark und verantwortet damit seit 25 Jahren die Entwicklung von mehr als 1800 Markennamen. Er ist Fachbuchautor und Lehrbeauftragter am Management Center Innsbruck (MCI), an der TU Graz und an der Universität zu Köln. Im Juli 2020 erschien sein neues Buch "Naming für erfolgreiche Marken".