Warum heißt die Marke so? Heute: Mirácoli

Was gab es wohl zuerst: das Mirácoli-Nudelgericht oder den Druiden Miraculix? Die Mirácoli-Nudeln sind tatsächlich älter. Miraculix (frz. „Panoramix“) trägt in den deutschen Asterix-Heften erst seit 1967 diesen Namen. Mirácoli wurde schon 1961 – übrigens speziell für den deutschen Markt – von Kraft Foods eingeführt.
Mirácoli war hierzulande eines der ersten Halbfertiggerichte und profitierte vom „Italien-Trend“ der Deutschen. Doch zuletzt sank die Marke in der Gunsten der Konsumenten. (© Imago)

Die Marke, deren Name aus dem Plural des italienischen Wortes „miracolo“ (dt. „Wunder“) besteht, war in mehrerlei Hinsicht bahnbrechend. Mirácoli war hierzulande eines der ersten Halbfertiggerichte und profitierte vom „Italien-Trend“ der Deutschen. Durch die Urlaubswelle nach Italien und die ersten Gastarbeiter von dort kam man mit neuen Gerichten wie Pizza und Spaghetti in Berührung, die damals noch eine gewisse Exotik auf dem deutschen Speiseplan darstellten.

Damit man in der Küche nichts falsch machen konnte, war in der Mirácoli-Packung alles dabei: Spaghetti, separat abgepacktes Tomatenmark und ein Gewürzpulver, mit denen die Soße unter Hinzugabe von Wasser und/oder Öl angerührt wird, sowie ein parmesanartiger geriebener Käse. Damit ließ sich auch für Ungeübte in neun Minuten eine Art „Spaghetti alla napoletana“ herstellen. Kinder liebten das Gericht und für viele Babyboomer war Mirácoli die erste Berührung mit einer Art von italienischer Küche, auch wenn bei kritischer Betrachtung die Zutaten (zu denen auch Stärke, Zucker, Zwiebelpulver und Rote-Bete-Extrakt für die Farbe gehörten) wenig mit original italienischer Küche zu tun hatten.

Es gab verschiedene Größen und später neben Spaghetti auch andere Pastasorten wie Makkaroni und Penne arrabbiata. Probleme bereitete der zunächst mit der Bezeichnung „Parmesello“ versehene geriebene Hartkäse in der beiliegenden Tüte. Da war nämlich kein Parmesankäse drin, wie der Name es vermuten lassen sollte. Nach diversen Abmahnungen stand nur noch „Käse (aus Milch)“ auf der Verpackung.

2019 wurde Mirácoli zur „Mogelpackung des Jahres“

2012 wurde die Marke Mirácoli von Kraft Foods (jetzt Mondelēz) an Mars verkauft. Danach sank das Produkt in der Käufergunst, wozu nicht nur veränderte Ernährungsgewohnheiten beitrugen. Die Menge der Zutaten wurde bei Beibehaltung der Preise reduziert.

Die Einschränkungen gipfelten 2019 im Weglassen des Hartkäses. Das führte zu Verbraucherprotesten; sogar eine Online-Petition zur Wiedereinführung der Käsetüte wurde gestartet. Das Mirácoli-Wunder blieb aber aus. Der Käse blieb draußen und die Hamburger Verbraucherzentrale wählte 2019 Mirácoli zur „Mogelpackung des Jahres“. Also nichts mit tutto bene: Ein hoher Bekanntheitsgrad garantiert eben keinen permanent hohen Absatz, insbesondere wenn das Produkt verändert und das Marketing zurückgefahren wird.

Der Artikel erschien zuerst im Printmagazin der absatzwirtschaft, das Sie hier abonnieren können.

Dr. Bernd M. Samland ist Gründungsgeschäftsführer von Endmark und verantwortet damit seit 25 Jahren die Entwicklung von mehr als 1800 Markennamen. Er ist Fachbuchautor und Lehrbeauftragter am Management Center Innsbruck (MCI), an der TU Graz und an der Universität zu Köln. Im Juli 2020 erschien sein neues Buch "Naming für erfolgreiche Marken".