„Treat it with respect“

Sollten Algorithmen genauso wie Menschen – achtsam und mit Respekt – behandelt werden? Unbedingt!
Isabelle Ewald ist Senior Consultant TechnologyStrategy bei der Otto Group und Co-Host des Crime- und Gesellschaftspodcasts „Mind the Tech“, der zweiwöchentlich erscheint. (© privat (Montage: Olaf Heß))

Der digitale Wandel ist in der Film- und Fernsehwelt ein beliebtes Motiv, und nicht selten auch die tragende Säule eines ganzen Plots. Ob „WarGames“, „Terminator“ oder „Her“ – der Computer ist das zentrale dramaturgische Element. Manchmal ist Technologie nur ein immaterieller Statist, der jedoch viel über den Zeitgeist verrät. So auch bei „Mad Men“, jener US-Serie, die uns ein ungefiltertes Bild der Werbewelt der 1960er-Jahre liefert und in meinen Augen zu Recht mehrfach preisgekrönt ist.

Ambivalente Beziehung zwischen Mensch und Maschine

Digital betrachtet befinden wir uns in der Serie knietief in der Steinzeit: Kundenpitches finden mithilfe per Hand bemalter Tafeln statt und TV-Werbung ist nur auf dem Papier innovativ. Irgendwann aber passiert etwas Bahnbrechendes: Ein Kopierer der Marke Xerox hält Einzug in die fiktive Werbeagentur „Sterling Cooper“. Jedoch wird der Apparat nicht sachgemäß behandelt und geht bald in die Knie. In einer Szene mahnt der Service-Mechaniker im feinen Zwirn die aufstrebende Werbetexterin Peggy Olson: „This is a delicate piece of machinery. You don’t just shove paper in it. You don’t bang on the buttons. You don’t sit on the glass. If you want it to work, you have to treat it with respect.“

Tech-Romantiker*innen wie ich interpretieren viel in diesen Satz hinein, denn er markiert, wie ambivalent die Beziehung zwischen Mensch und Maschine einst war; verfangen irgendwo im Spannungsfeld zwischen Konflikt und Symbiose. In einer späteren Szene verfestigt sich dieses Bild, als Olson – genervt davon, dass ihr Büro der Kopierraum ist – ihren Boss mit folgenden Worten um ein räumliches Upgrade bittet: „It’s hard to do business and be credible when I’m sharing with a Xerox machine.“

„Digital betrachtet befinden wir uns in „Mad Men“ in der Steinzeit.“

Isabelle Ewald

Das ist, als würde man heute sagen: „Sorry, ich male die Tabelle lieber per Hand, als dafür Excel zu verwenden.“ Denn man muss wissen, dass es in den oben beschriebenen Szenen um den Xerox 914 geht, der seinerzeit mit mehreren Tausend Kopien am Tag echte Maßstäbe setzte – aus heutiger Sicht vergleichbar mit dem Chatbot ChatGPT von OpenAI, der die KI-basierte Texterkennung zweifellos auf ein neues Level gehoben hat.

Wandel im Umgang mit Technik

Was hat sich seit damals geändert? Eine Menge!
Wir haben uns als Gesellschaft gewandelt und den Umgang mit Technologie gleich mit. Wir haben das Digitale in die Mitte unseres Lebens geholt und ganze Industrien darauf aufgebaut. Und doch wünschte ich mir manchmal, dass ein kleiner fiktiver Xerox-Mechaniker uns an einen achtsameren Umgang erinnern würde mit den Worten: „This is a delicate piece of algorithm. You don’t just shove data in it. You don’t bang on the apps. You don’t sit on the screen. If you want it to work, you have to treat it with respect.“

Digital betrachtet befinden wir uns in „Mad Men“ in der Steinzeit.

Isabelle Ewald ist Senior Consultant Technology Strategy bei der Otto Group und Co-Host des Crime- und Gesellschaftspodcasts „Mind the Tech“, der zweiwöchentlich erscheint.