Note 7-Gate: Wie Samsung die Krise falsch kommunizierte

Das Debakel um das explodierende Phablet Galaxy Note 7 kostet Samsung Milliarden. Maßgeblichen Anteil am Fiasko hat auch die defensive Kommunikationspolitik der Südkoreaner, die nur zugaben, was ohnehin schon bekannt war. Den Preis zahlt nun die Marke.
Samsungs Galaxy Note 7 ist zum Krisengerät geworden

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Es ist nur ein Puzzlestück in einer zweimonatigen Saga, doch es sagt sehr viel darüber aus, wie fahrlässig Samsung in der ausufernden Krise um das Note 7 kommunizierte. Wie die New York Times berichtet, wollte der südkoreanische Verbraucherelektronikriese einen chinesischen Kunden bestechen, dessen Note 7 in Flammen aufgegangen war. Einsatz: Umgerechnet 900 Dollar – und ausgerechnet ein neues Note 7.

Zhang Sitong hatte jedoch eine andere Meinung über den Vorfall, den er mit einem Video festgehalten hatte: „Sie haben gesagt, dass es kein Problem mit den Geräten in China gibt, deswegen habe ich mir ein Samsung-Smartphone gekauft“, erklärte der 23-Jährige gegenüber der New York Times. „Das ist ein Täuschungsversuch. Sie betrügen chinesische Kunden.“

„Die Marke hat bereits Schaden genommen“

So oder so ähnlich dürften sich aktuell viele Kunden des weltgrößten Smartphone-Herstellers nach der zweimonatigen Pannenserie um das Phablet Galaxy Note 7 fühlen, das Mitte August noch mit so viel Vorschusslorbeeren als potenzieller iPhone 7 Plus-Rivale ins Rennen ging. Dann nahm das Drama seinen Lauf: Erste Geräte gingen in Flammen auf, Akkus wurden ausgetauscht, Geräte zurückgerufen – doch auch neue Modelle explodierten.

Die Folge: Vor knapp zwei Wochen zog der südkoreanische Verbraucherelektronikriese die Notbremse und stellte nicht nur den Verkauf, sondern auch die Produktion ein. Unmittelbarer Schaden: 5,3 Milliarden Dollar im abgelaufenen und den folgenden zwei Quartalen. Doch das ist nur eine Momentaufnahme: „Die Marke hat bereits Schaden genommen. Es wird sehr schwer für Samsung, in naher Zukunft den Marktanteil zu halten“, glaubt Di Jin vom Marktforscher IDC.

Fischer-Appelt: „Unternehmen in der Krise müssen offen kommunizieren“

Dabei hätte sich der Schaden zumindest eingrenzen lassen können, wenn die Südkoreaner schneller und ehrlicher mit dem Malheur umgegangen wären. „Unternehmen in der Krise müssen offen kommunizieren und so schnell es geht verständliche Antworten geben“, erklärt Agenturchef Bernhard Fischer-Appelt gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.
Genau diesen Eindruck hat Samsung über praktisch den gesamten Krisenzeitraum vermittelt: Es wurde nur zugegeben, was nicht zu vermeiden war, während der Aufklärungsprozess nie offensiv angegangen wurde. Vergangene Woche wurde bekannt, dass der 78 Jahre alte Techpionier die explodierten Akkus lediglich intern getestet hatte – und nicht wie andere Smartphone-Herstellern von einer unabhängigen Prüfstelle.

Samsung ringt um Kommunikationsstrategie

Samsungs defensive Krisenkommunikation passt zu dem wenig vorteilhaften Bild des Multimilliarden-Konzerns ohne charismatische Führungsfigur. Seit Konzernpatriarch Lee Kun-hee vor zwei Jahren einen schweren Herzinfarkt erlitt, ringt Samsung mit seiner Identität. Das Vakuum wird entsprechend in der fehlenden Kommunikationsstrategie deutlich: „Von Samsung gab es kein Wort des Bedauerns, keine Entschuldigung“, wundert sich Serviceplan-Geschäftsführer Klaus Weise in der Stuttgarter Zeitung über Samsungs fehlende Empathie.

Apple empfahl beim Maps-Fiasko die Konkurrenz

Erzrivale Apple hatte in einem weitaus weniger dramatischen Fall, als sich der iPhone-Hersteller 2012 in einem raren Fehltritt mit seiner neu gestarteten Karten-App Maps blamierte, in der Kommunikation die Flucht nach vorne angetreten: „Wir entschuldigen uns vielmals dafür, unsere Kunden enttäuscht zu haben, und werden alles dafür tun, um die App besser zu machen“, hatte Konzernchef Tim Cook nur zwei Tage nach dem Launch in einem offenen Brief erklärt. Doch das war’s noch nicht: „Während wir daran arbeiten, die Karten-App zu verbessern, können im App Store alternative Kartenlösungen geladen werden. Auch Google Maps oder Nokia Karten können verwendet werden“, warb der Apple-Chef in einem selten gesehenen Moment der Demut für die Angebote der Konkurrenz. Ein solcher Satz, dass Note 7-Besitzer stattdessen ein iPhone 7 erwerben könnten, ist aus Seoul bis heute nicht gefallen.

„Wie stark der Schaden wird, hängt davon ab, wie Samsung mit den Kunden umgeht“, hatte Bernhard Fischer-Appelt im Handelsblatt zu bedenken gegeben. Demnach hat Samsung weiter noch viel Arbeit vor sich.