Namensänderungen professionell planen und durchführen

Das kleine Einmaleins des Marketing verbietet es geradezu, einen Markennamen zu ändern. Kontinuität ist und bleibt die tragende Säule für den Erfolg einer Marke. Und doch zwingen veränderte Marktbedingungen hin und wieder, von dieser Regel abzuweichen. Was sind die Voraussetzungen für eine solche Namensänderung? Gibt es eine idealtypische Herangehensweise? Sybille Kircher, geschäftsführende Gesellschafterin von Nomen International Deutschland, zeigt, welche Fehler Unternehmen bei der Namensänderung unterlaufen.

In den letzten fünfzehn Jahren ist die Zahl der Produkte und Unternehmen, die eine Umbenennung erfahren haben, überproportional gestiegen. Fusionen, die strategische Neuausrichtung von Marken, die internationale Vereinheitlichung eines Markenportfolios sowie juristische Zwänge stellen häufig den Auslöser für einen solchen Schritt dar. Zahlreiche Beispiele für Re-Branding finden sich im Banken- und Versicherungswesen, in der pharmazeutisch-chemischen Industrie, in den Bereichen Telekommunikation und Consulting.

Auch für die Hersteller von Konsumgütern ist Re-Branding ein Thema, insbesondere bei Lebensmitteln sind Umbenennungen an der Tagesordnung. Manche Unternehmen sind damit gescheitert, für andere macht sich der teils freiwillige, teils notwendige Schritt bezahlt. Tatsache ist: Jede Namensänderung birgt ein Risiko. Sie ist mit hohen finanziellen Investitionen und einem enormen Arbeits- und Zeitaufwand verbunden. Zudem erfordert sie eine intensive und lang andauernde Überzeugungsarbeit. Fakt ist aber auch: Eine Namensänderung kann sich – sofern sie professionell geplant und durchgeführt wird – für das betreffende Unternehmen durchaus auszahlen.

Gründe für eine Namensänderung

Die häufigsten Gründe für eine Namensänderung sind

  • Unternehmenszusammenschlüsse
  • die strategische Neuausrichtung eines Unternehmens und/oder einer Marke sowie
  • die internationale Vereinheitlichung von Markenportfolios.

Im Falle von Fusionen bleibt den betreffenden Unternehmen vielfach keine andere Wahl als einen neuen Namen anzunehmen. Was wäre beispielsweise die Alternative zu Aventis gewesen? Ganz gleich wie man zu der Wortschöpfung an sich steht – das neue Unternehmen benötigte einen neuen Namen. Weder Rhône-Poulenc noch Hoechst waren weltweit gut sprechbare Namen. Hinzu kam, dass die alten Namen zwar in weiten Teilen Europas einen hohen Bekanntheitsgrad aufwiesen, in einem für Pharma so wichtigen Markt wie den USA da-gegen eher weniger.

Auch wussten die Verantwortlichen aus Erfahrungen mit dem früheren Merger zwischen der Pharmasparte von Hoechst und den Pharmaunternehmen Marion Merell Dow (USA) und Roussel Uclaf (Frankreich), dass ein zusammengesetzter Name wie seinerzeit Hoechst Marion Roussel durch seine Länge in seiner kommunikativen Umsetzung viele Nachteile mit sich bringt. Der Name Aventis klingt dagegen nicht nur dynamischer, er ist auch sehr viel merkfähiger als ein hypothetisches Wortungeheuer namens Rhône-Poulenc Hoechst.

Wenn sich zwei gleich starke Partner zusammenschließen, stellt ein neuer Name aus psychologischen Gründen meist die beste Lösung dar. Anderenfalls ist der Streit darüber, wer an erster Stelle steht und damit nach außen als der Stärkere von beiden erscheint, programmiert. Das Zusammenwachsen zweier Unternehmenskulturen wird so unnötig erschwert. Im Falle der Fusion von Veba und Viag signalisiert E.ON nach innen und außen eindeutig einen partnerschaftlichen Neuanfang. Die Botschaft bei DaimlerChrysler lautet dagegen anders – die ehemalige Daimler-Benz AG positioniert sich klar als primus inter pares.

Auch die strategische Neuausrichtung eines Unternehmens – häufig auch in Folge einer Fusion – kann einen guten Grund für eine Namensänderung darstellen. Ein Beispiel ist der französische Mischkonzern Thomson-CSF, der Ende 2000 in Thales umfirmierte. In seiner mehr als hundertjährigen Geschichte, die durch kontinuierliche Fusionen und Übernahmen geprägt ist, hat sich Thomson-CSF einige Male erfolgreich neu positioniert. Die jüngste Veränderung liegt nun rund vier Jahre zurück. Damals wurde die Konzernstruktur auf drei klar definierte Geschäftsfelder ausgerichtet: Verteidigung, Raumfahrt sowie Informationstechnologien. Durch die Neuorganisation soll der Konzern schneller und flexibler auf Marktveränderungen reagieren sowie technische und wirtschaftliche Synergien freisetzen.

Der Name Thales stellt ein Akronym dar, das sich aus unternehmensspezifischen Initialen zusammensetzt: TH steht für Thomson, AL für die jüngst aufgekauften Firmen Racal und Signaal sowie ES für Electronic Systems. Der Name wurde ausgewählt, weil er es der ehemaligen Thomson-CSF ermöglicht, die weltweite Marktpräsenz und die Vielfalt der Geschäftsbereiche auch im Namen zu reflektieren. Die Anspielung auf den Philosophen und Mathematiker Thales von Milet („Erkenne dich selbst!“) erfolgte nicht von ungefähr. Der Name soll das Spiegelbild einer neuen Unternehmensidentität sein.

Unerlässlich wird eine Namensänderung auch für Unternehmen, die eine internationale Vereinheitlichung des Mar-kenportfolios anstreben. Der Vorteil besteht nicht nur in der Kostenersparnis durch die Bündelung von Marketing-Budgets, sondern auch in der kohärenteren globalen Außendarstellung. Damit eine Umbenennung gelingt, ist allerdings ein hoher kommunikativer und somit auch finanzieller Aufwand vonnöten. Denn die Öffentlichkeit will mit Recht erfahren, warum ein langjährig vertrauter Name plötzlich gegen einen anderen ausgetauscht wird. Hinzu kommt, dass die positive Aufladung, die der alte Markenname erfahren hat, anderenfalls verloren geht.

Dass ein hoher Kommunikationsaufwand bei einer Umbenennung unerlässlich ist, beweist das Beispiel M&M’s. Diese Mars-Marke ersetzte im Jahr 1987 die Markennamen Bonitos und Treets. Die Veränderung wurde kaum werblich unterstützt, so dass die neue, gänzlich unbekannte Marke vom Verbraucher nur zurückhaltend angenommen wurde. Erst Sponsoring-Aktivitäten im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft 1990 gaben der Marke den erhofften Auftrieb. Im Jahr 1991 erfolgte dann die Umbenennung der Mars-Marke Raider in Twix. Diesmal wurde nicht am falschen Ende gespart. Umgerechnet rund fünf Millionen Euro kostete die Kampagne, die den deutschen Verbrauchern mitteilte „Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix“ – eine für damalige Ver-hältnisse erhebliche Investition. Mit der Maßnahme erhielt der Schokoriegel nun auch in Deutschland den Namen, den das Produkt bereits in über 70 Prozent der Länder trug. Hersteller Mars tat damit einen weiteren Schritt in Richtung einer globalen Produktmarkenstrategie.

Die schlechte Aussprechbarkeit eines Namens stellt allein noch keinen triftigen Grund für einen Namenswechsel dar. So wird seit geraumer Zeit diskutiert, ob die Norddeutsche Affinerie ihren im Ausland schwer aussprechbaren und unverständlichen Namen ändern sollte, um auf internationalem Parkett – und insbesondere auf asiatischen Märkten – besser bestehen zu können. Davon ist jedoch abzuraten, da das Problem durchaus mit anderen kommunikativen Mitteln gelöst werden kann. Umgekehrt gilt: Wenn ein Name aus einem triftigen Grund geändert werden muss, können vorhandene Defizite, wie schlechte Aussprechbarkeit oder störende Konnotationen, im gleichen Zuge beseitigt werden.

Durch eine Namensänderung lässt sich ein Negativimage nicht korrigieren. So wird der schlechte Ruf der Bundesanstalt für Arbeit allein durch die Umbenennung in Bundesagentur für Arbeit nicht besser. Ein Name ist grundsätzlich nur dann glaubwürdig und damit letztendlich auch erfolgreich, wenn den Versprechungen auch Taten folgen. Ein neuer Name für ein altes Problem – diese Rechnung geht nicht auf. Allerdings kann eine Namensänderung zu einem Signal für einen ehrlichen Neuanfang werden. Ein Beispiel hierfür liefert die Citibank, die von 1926 bis 1991 unter dem Namen Konsumentenkreditbank (KKB) firmierte. Vor nunmehr dreizehn Jahren übernahm das deutsche Bankinstitut den Namen des amerikanischen Mehrheitsaktionärs Citibank. Die strategische Neuausrichtung der Geschäftspolitik diente nicht zuletzt auch der Imagekorrektur, denn die KKB genoss den zweifelhaften Ruf eines überteuerten Kreditgebers. Der neue Name sollte einen selbstbewussten Neuanfang markieren und um dies der kritischen Öffentlichkeit zu vermitteln, wurde die Umbenennung von intensiven Kommunikationsmaßnahmen flankiert.

Die Investitionen zahlten sich aus, denn die Namensumstellung verlief erstaunlich glatt. Bereits 1992 hatte der Name Citibank mit 94 Prozent beinahe den gleichen gestützten Bekanntheitsgrad wie der frühere Name KKB. Das Beispiel Citibank belegt, dass sich Markenbekanntheit mit Hilfe geeigneter Kommunikationsmaßnahmen vergleichsweise schnell herstellen lässt. Darüber hinaus kommt es bei einer Umfirmierung jedoch auch entscheidend darauf an, das bestehende Markenvertrauen auf den neuen Namen zu übertragen und gegebenenfalls weiter auszubauen. Dies wiederum funktioniert nur über die praktische Einlösung des Markenversprechens über einen langen Zeitraum hinweg. Im Falle der Citibank, die sich zu einem innovativen Finanzdienstleister entwickelt hat, ist dies zweifellos gelungen.

Stufen der Namensentwicklung

Bei der Entwicklung eines international einsatzfähigen Namens ist professionelle Hilfe durch eine spezialisierte Namensagentur unerlässlich. Die Arbeit einer Namensagentur umfasst

  • eine grundlegende Bedarfsanalyse,
  • die Erarbeitung einer Namensstrategie,
  • die Kreation von Namensvorschlägen,
  • die Selektion nach strategischen, juristischen und sprachlichen Kriterien,
  • die Durchführung von Namenstests in den relevanten Absatzmärkten sowie
  • die juristische Absicherung.

Anhand einer Methodik des Autors soll das Procedere veranschaulicht werden:

Stufe 1: Definition

Eine genaue Bedarfsanalyse sowie die hierauf aufbauende Namensstrategie bilden die Basis für die Namensentwicklung. Das Namen suchende Unternehmen muss dafür im Vorfeld zahlreiche formale und markenstrategische Informationen zur Verfügung stellen. Während die formalen Anforderungen frühzeitig feststehen („Wo soll die Marke eingesetzt werden?“, „Welche Zielgruppen soll der Name erreichen?“, „Welche sprachlichen und juristischen Voraussetzungen soll die Marke erfüllen?“ etc.), tun sich Unternehmen dagegen häufig schwer, die zukünftige Marke in ihrem Wettbewerbsumfeld trennscharf zu positionieren. Dies gilt insbesondere im Falle von Fusionen. Hier prallen in aller Regel unterschiedliche Welten aufeinander; vielfach existieren weder ein Wir-Gefühl noch eine ausgereifte gemeinsame Vision der neu zu schaffenden Marke. Durch spezielle Fragetechniken kann die beratende Namensagentur indes zu den relevanten Informationen gelangen. Fest steht: Je tiefgründiger der emotionale Mehrwert der zukünftigen Marke ausgelotet ist, desto prägnanter lässt sie sich benennen.

In der Namensstrategie müssen weiterhin die linguistischen Anforderungen an den zu entwickelnden Namen formuliert werden. So sollte beispielsweise bereits zu Projektbeginn die Frage nach dem geeignetesten Namenstyp (artifiziell, assoziativ, beschreibend) diskutiert werden. Obwohl beschreibende Namen häufig gewünscht werden, ist davon entschieden abzuraten. Beschreibende Begriffe sind in rechtlicher Hinsicht freihaltebedürftig und somit nicht schutzfähig. Sie sind beliebig und austauschbar und daher ungeeignet für den Markenaufbau. Ob ein artifizieller Name, das heisst ein Kunstname, oder ein assoziativer Name, das heisst ein Name mit einer offensichtlichen oder suggerierten Botschaft, in Betracht kommt, hängt davon ab, wie die Marke inhaltlich aufgeladen werden soll. Ein (frei erfundener) Kunstname ist wie ein unbeschriebenes Blatt. Der Vorteil besteht darin, dass er vom Absender nach eigenen Vorstellungen mit Inhalten gefüllt werden kann. Der Nachteil: Die Assoziationen, die ein Kunstname wachruft, können vielschichtig und unter Umständen nicht steuerbar sein.

Eine intensive Markenkommunikation kann hier allerdings Abhilfe schaffen. Ein assoziativer Name, der auf metaphorische Art und Weise bestimmte Qualitäten auf die zukünftige Marke übertragen soll, ist dagegen inhaltlich eindeutiger. Er schafft ein Gefühl der Vertrautheit und lässt die neue Marke daher auf den ersten Blick zugänglicher erscheinen. Gleichzeitig ist er merkfähiger als ein frei erfundener Name und kann daher mit geringerem Aufwand bekannt gemacht werden. Doch auch ein assoziativer Namen muss mit allergrößter Sorgfalt ausgewählt werden, denn natürlich bieten auch bestehende Begriffe eine Vielzahl an Interpretationsmöglichkeiten (siehe Kasten).

Als eine kreative Kapriole ist die Umbenennung der Consulting-Sparte von Price-Waterhouse Coopers (PWC) in Monday zu werten. Rund 110 Millionen US-Dollar investierte das Unternehmen in die Änderung des Namens und in seine anschließende Bekanntmachung. Doch trotz aller Maßnahmen wurde der Name in der Öffentlichkeit sehr negativ aufgenommen. Bei der Namensentwicklung war nicht bedacht worden, dass das Wort „Montag“ nahezu weltweit störende Assoziationen wachruft. Mit dem Namen wurde nicht wie geplant der Start in eine erfolgreiche Woche assoziiert. Stattdessen verbanden viele Menschen mit dem Namen ausgerechnet jenen Wochentag, an dem die Arbeit besonders schwer fällt. Das Vorurteil, dass montags auch gerne einmal Produkte in schlechter Qualität vom Band rollen („Montagsautos“) und der bekannte Song der Boomtown Rats mit dem Titel „I don’t like Mondays“ trugen ein Übriges dazu bei, dass der Name mit Hohn und Spott überschüttet wurde. Heute kann man nur noch darüber spekulieren, ob sich der Name Monday langfristig durchgesetzt hätte. Im Oktober 2002 wurde die Beratungssparte von PWC von IBM für 3,2 Millionen US-Dollar aufge-kauft. Seit Anfang 2003 firmiert das Unternehmen nun unter dem ebenso unauffälligen wie unmarkanten Namen IBM Business Consulting Services.

Stufe 2: Entwicklung

Bei einer professionellen Namensentwicklung entstehen mittels unterschiedlicher kreativer Techniken, zum Beispiel des Brainstormings, der Lexikon- und Buchrecherchen, individueller Kreationen etc., mehrere Tausend Namensvorschläge. Soll der Name global eingesetzt werden, ist es ratsam, die Recherche in unterschiedlichen Sprachräumen durchzuführen. Dies gewährleistet, dass anschließend eine große Bandbreite verschiedenartiger Namensvorschläge vorliegt. Die Namenssuche muss quantitativ angelegt sein, denn nur rund fünf Prozent der Vorschläge überstehen die anschließenden Selektionsverfahren.

Stufe 3: Selektion

Bevor ein Name in die engere Wahl gelangt, muss er hohe Hürden nehmen. Erfüllt der Vorschlag die eingangs definierten strategischen Anforderungen, das heisst ist er positionierungsadäquat? Ist ein identischer Name in den relevanten Warenklassen bereits als Marke geschützt? Gibt es identische Eintragungen in Firmennamenregistern? Ist er als Domain verfügbar? Ist er in linguistischer und kultureller Hinsicht geeignet? Kann er mögliche zukünftige Entwicklungen der Marke glaubwürdig abdecken? Ein Name, der international eingesetzt werden soll, muss von muttersprachlichen Namensexperten in allen Absatzmärkten detailliert geprüft werden. Die Tatsache, dass Namen heutzutage international in sprachlicher und juristischer Hinsicht auf breiter Front bestehen müssen, macht das Auswahlverfahren zur sprichwörtlichen Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Allein beim Deutschen Patent- und Markenamt in München sind derzeit rund 1,2 Millionen Marken geschützt, rund 60 000 kommen Jahr für Jahr hinzu. Wie viele Marken weltweit registriert sind, lässt sich nur schätzen. Fest steht, dass die Zahl deutlich über 25 Millionen liegt. Am Ende des mehrwöchigen Kreations- und Selektionsprozesses stehen fünf bis zehn passende und grundsätzlich einsatzfähige Namen in der Endauswahl.

Stufe 4: Kontrolle

Bevor der favorisierte Name der Öffentlichkeit vorgestellt werden kann, stehen noch weiterführende Ähnlichkeitsrecherchen durch Patentanwälte sowie die Markenanmeldungen an. Da bis zu diesem Zeitpunkt keine Gewähr dafür gegeben werden kann, dass der Namensfavorit letztendlich tatsächlich verwendet werden kann, sollten mindestens drei Namen auf Herz und Nieren geprüft werden. Soll ein Name international auf breiter Ebene eingesetzt werden, sind Einigungen mit Inhabern ähnlicher oder identischer älterer Rechte nahezu unausweichlich. Parallel zur juristischen Absicherung sollten die Namen noch international getestet werden, wobei herkömmliche Akzeptanztests erfahrungsgemäß keine aussagefähigen Entscheidungshilfen bieten. Denn die spontanen Reaktionen, die ein Name hervorruft, sagen nur wenig über sein langfristiges Erfolgspotenzial aus. Fakt ist, dass innovative und somit differenzierungsfähige Namen im Vergleich zu beschreibenden Namen oder solchen, die aktuelle Trends kopieren, immer schlechter abschneiden. Letztere wirken vertraut und werden daher spontan eher akzeptiert.

Innovative Namen erscheinen den Zielgruppen dagegen zunächst fremd und unpassend und werden daher spontan meist abgelehnt. Die Haltung der Testpersonen ändert sich jedoch meist, sobald eine umfassendere Auseinandersetzung mit dem Namen stattfindet. Innerhalb kürzester Zeit setzt ein Gewöhnungsprozess ein; die anfänglich akzeptierten Namen werden als langweilig empfunden, die Zustimmung für die kreativeren Alternativen steigt. Die Entscheidung für einen Namen darf daher nie von punktuellen Verbraucherreaktionen abhängig gemacht werden. Es gilt, unter Berücksichtigung aller Faktoren den profiliertesten Namen auszuwählen, denn nur so lässt sich für die zukünftige Marke eine Alleinstellung im Wettbewerbsumfeld erzielen.

Häufige Fehler bei einer Namensänderung

Fehler 1: Schlechtes Timing

Die Entwicklung und Absicherung eines Namens braucht Zeit. Sie muss daher so früh wie möglich begonnen werden, denn der Name bildete die Basis für alle zukünftigen Marketing-Maßnahmen. Ein nationales Projekt hat eine Vorlaufzeit von mindestens einem Jahr, ein internationales Projekt von mindestens zwei bis drei Jahren. Der Zeitbedarf der Naming-Agentur – für die Erarbeitung der Namensstruktur, Recherchen und Kreation sowie für die strategische, sprachliche und juristische Selektion – ist mit durchschnittlich sechs bis acht Wochen vergleichsweise gering. Wesentlich zeitaufwändiger sind hingegen die anschließend notwendigen Ähnlichkeitsre-cherchen durch Patentanwälte sowie die möglicherweise erforderlichen Verhandlungen mit Inhabern ähnlicher älterer Rechte.

Fehler 2: Projektverantwortung auf untergeordneter Hierarchie-Ebene

Namensfindung ist Chefsache. Von Anfang an müssen alle Entscheider der obersten Hierarchie-Ebene in das Projekt involviert sein und so Gelegenheit haben, zunächst die Namensstrategie nach eigenen Vorstellungen mitzugestalten und anschließend gemeinsam mit der Namensagentur die strategisch, linguistisch und juristisch geeignetesten Vorschläge auszuwählen.

Fehler 3: Unrealistische Namensanforderungen

Ein neuer Name ist in aller Regel mit hohen Erwartungen verbunden. Daher werden zu Beginn der Namenssuche zu viele, zum Teil auch widersprüchliche und schlichtweg unrealistische Anforderungen formuliert. Was der neue Name leisten soll, mutet vielfach wie die Quadratur des Kreises an. Er soll kurz und prägnant, einzigartig und gleichzeitig selbsterklärend sein, merkfähig, gut aussprechbar und attraktiv für ein internationales Publikum. Sicher besteht das Ziel darin, möglichst viele dieser Anforderungen zu erfüllen. Dennoch müssen bei der Namenssuche Prioritäten gesetzt werden. So ist es nahezu unmöglich einen Namen zu finden, der in den wichtigsten westlichen Sprachen einheitliche Assoziationen auslöst und gleichzeitig überall gut aussprechbar ist. Es ist beispielsweise eine Tatsache, dass sich Südeuropäer mit der englischen Sprache schwer tun; umgekehrt identifizieren sich Briten und Amerikaner nicht mit romanischen Konstruktionen. Es wird also nur im Ausnahmefall möglich sein, einen Namen zu finden, der grenzübergreifend akzeptiert wird. Wer einen interna-tional einsatzfähigen Namen sucht, muss daher Prioritäten setzen und sich für den Namensvorschlag entscheiden, der in den wichtigsten Absatzmärkten am besten ankommt.

Fehler 4: Mangelnde Diskretion

Die eiserne Regel während eines laufenden Namensprojektes lautet: Absolute Geheimhaltung bis zur endgültigen Entscheidung. Informationen sollten grundsätzlich top-down fließen, wobei der Kreis der involvierten Personen möglichst klein gehalten werden sollte. Alle anderen Mitarbeiter sowie die Öf-fentlichkeit sollten zur Vermeidung voreiliger und vielfach auch unnötiger Diskussionen erst über das gesicherte Endergebnis informiert werden. Dann allerdings ist eine transparente und umfassende Informationspolitik unerlässlich. Achtung: Häufig fällt es Mitarbeitern schwer, sich von dem bis zur Vorstellung des endgültigen Namens verwendeten Arbeitstitel zu verab-schieden. Deshalb sollte ein Arbeitstitel für einen zukünftigen Produkt- oder Firmennamen niemals Markencharakter haben. Stattdessen empfiehlt sich die Verwendung einer beschreibenden Bezeichnung oder eines Kürzels.

Fehler 5: Keine Kontinuität

Unter der Voraussetzung, dass eine Namensänderung professionell durchgeführt und durch überzeugende Kommunikationsmaßnahmen begleitet wird, wird die Öffentlichkeit letztendlich Verständnis für den notwendigen Schritt aufbringen. Erfahrungsgemäß dauert es etwa fünf Jahre, einen Namen am Markt zu etablieren. Wird der Name in dieser Zeit erneut geändert, sorgt dies nicht nur für Verärgerung, sondern möglicherweise auch für einen nachhaltigen Vertrauensverlust. Beispiele für „zurückgerebrandete“ Marken sind Deutsche Bank/Deutsche Bank24, Fairy/Dawn oder Royal Mail/Consignia. Insbesondere das letzte Beispiel sorgte für beträchtliche Negativschlagzeilen. Die britische Royal Mail hatte im März 2001 den traditionsreichen Markennamen durch den Kunstnamen Consignia ersetzt. Mit der Umfirmierung sollte der Wandel zu einem modernen, weltweit operierenden Logistik-Dienstleister symbolisiert werden.

Allein im ersten Jahr betrugen die Kosten für diesen Schritt rund drei Millionen Euro. Doch alle Anstrengungen waren vergebens. Die traditionsbewussten Briten liefen Sturm gegen den neuen Namen; ein gutes Jahr später war der Name von der Bildfläche verschwunden. Den Verantwortlichen sind gleich mehrere schwere Fehler unterlaufen. Man hatte in der Tat unterschätzt, wie sehr die britische Öffentlichkeit mit der Traditionsmarke Royal Mail verbunden war. Hinzu kommt, dass dieser emotional aufgeladene Name durch eine romanische Wortschöpfung ersetzt wurde. Es war vorauszusehen, dass eine derartige Kreation im angelsächsischen Sprachraum nur geringe Identifikationsmöglichkeiten bietet. Der dritte große Fehler bestand schlussendlich darin, dass man dem einmal geänderten Namen nicht ausreichend Zeit eingeräumt hat, um sich durchzusetzen. Was bleibt, ist der alte Name, ein hoher finanzieller Schaden und ein beträchtlicher Image-Verlust.

Fazit

Fusionen, die strategische Neuausrichtung einer Marke, die internationale Vereinheitlichung eines Markenportfolios oder juristische Zwänge sind vielfach der Auslöser für eine Namensänderung. Bei allen anfänglichen Hürden stellt sie langfristig entweder die bessere und manchmal sogar die einzige Alternative zum vorhandenen Namen dar. Voraussetzung für die erfolgreiche Umbenennung von Produkten oder Unternehmen ist, dass der Name professionell erarbeitet und abgesichert wird. Dass vorhandene Markenwerte infolgedessen zerstört werden, ist ein häufig angeführtes Argument, das längst nicht in allen Fällen zutrifft. Entscheidend für den Erfolg einer Umbenennung ist allerdings, dass den relevanten Zielgruppen mittels integrierter Kommunikationsmaßnahmen verdeutlicht wird, wer hinter dem neuen Namen steht und aus welchem Grund der Name geändert wurde. Bestehende Kompetenzen gehen in diesem Fall nicht verloren, sondern werden auf die neue Marke übertragen.


Autor: Sybille Kircher ist geschäftsführende Gesellschafterin der 1989 gegründeten Düsseldorfer Namensagentur Nomen International Deutschland GmbH . Die Agentur gehört zu der Agenturgruppe Nomen International mit Tochterfilialen in Düsseldorf, London, Barcelona, Mailand, Genf, Brüssel, Lissabon, Stockholm und Zagreb.

eingestellt am 25. Juni 2004