Mondelēz-Manager Kriewolt: „Snacken passt zum Zeitgeist“

Bert Kriewolt verantwortet bei Mondelēz International als Marketing Direktor die Keksmarken. Im Interview erklärt er, welche Bedeutung Milka, Tuc, Oreo & Co im Sortiment des Konzerns haben, und wie Mondelēz das Spannungsfeld zwischen Convenience und Verpackung bearbeitet.
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Mondelēz-Manager Kriewolt: "63 Prozent der Millennials sagen, dass es besser zu ihrem Lebensstil passe, kleinere Snacks denn größere Mahlzeiten einzunehmen." (© Mondelēz)

Herr Kriewolt, Sie verantworten bekannte Marken wie Mikado, Oreo und Tuc. Welche schmeckt Ihnen persönlich am besten?

BERT KRIEWOLT: Ich bin ein großer Freund der Milka-Küchlein, das gebe ich gern zu. Grundsätzlich schmecken mir aber natürlich alle unsere Produkte.

Und welche Marke schmeckt den Konsumenten am besten?

Unsere größten Marken sind Milka, Oreo und Tuc. Gerade Oreo hat in den vergangenen Jahren einen echten Boom erlebt. Das liegt auch daran, dass Oreo einfach ein besonderer Keks ist. Mit Oreo kann man sich viel mehr erlauben, da lassen sich ganze Geschichten erzählen.

Wie unterscheiden sich die Zielgruppen der Keksmarken von Mondelēz?

Grundsätzlich sind wir in den jüngeren Zielgruppen bis 35 Jahre sowie in der Altersspanne von 35 bis 49 sehr stark vertreten. Wir haben den Anspruch, den Geschmack der jungen Generation zu treffen. So sorgen wir für „Nachwuchs“ im Keksregal und ein starkes Argument in der Zusammenarbeit mit unseren Handelspartnern. Insgesamt betrachtet werden wir aber über alle Generationen gegessen. Tuc beispielsweise ist ein sehr etabliertes Produkt, hier sind die Konsumenten eher älter. Mikado und Oreo sind eher im jüngeren Bereich anzusiedeln, während Milka als Familienprodukt sehr breit aufgestellt ist.

Was heißt das für Ihr Marketing?

Wir haben gelernt, dass es nicht nur auf die Höhe der Investments ankommt, sondern insbesondere auch darauf, wie gut wir unsere Konsumenten verstehen und wie gezielt wir sie ansprechen. Und das erwarten unsere Konsumenten auch, wie die vergangenen Jahre gezeigt haben. Der Anspruch an eine Marke und deren Zweck ist enorm gestiegen.

„Wir haben in den vergangenen Jahren mit unserem Keksportfolio den Staub aus dem Keksregal gepustet.“

Bert Kriewolt, Marketing Direktor Kekse, Mondelēz

Wie spiegelt sich das in ihren Marketing-Maßnahmen wider?

Uns ist es wichtig, Mehrwert zu liefern – und das geht eigentlich nur 360 Grad. In Deutschland ist Fernsehen zwar noch ein extrem reichweitestarkes Medium – gleichzeitig erreicht man spezielle Zielgruppen dort aber wenig bis gar nicht. Seit drei Jahren versuchen wir daher beispielsweise, Oreo auch über die üblichen Kampagnen im TV hinaus unseren Konsumenten näherzubringen: Sowohl über Social Media, aber insbesondere auch vor Ort. So hatten wir zunächst 2017 in Berlin einen temporären Pop-up-Store und danach auch in Hamburg, Köln und Potsdam. Nur wer es schafft, online und offline geschickt miteinander zu verknüpfen, wird langfristig bestehen.

Welches Ziel verfolgen Sie damit?

Wir versuchen, eine Welt zu kreieren, in der die Menschen unsere Marken auf spielerische Art und Weise kennenlernen können. Das Schöne ist: Das Ganze lässt sich dann auch noch instagramable gestalten. Zusammenfassend gesagt: Es dreht sich bei uns sehr Vieles, aber eben nicht alles nur um das Produkt, sondern auch um die Welt, in der sich unsere Kunden wohlfühlen müssen.


Vita Bert Kriewolt

Bert Kriewolt ist seit 2015 Marketing Direktor Kekse verantwortlich für Deutschland, Österreich, Schweiz und Ungarn (DACHU) bei Mondelēz International. Zu dem Geschäftsbereich zählen die Marken Oreo, Milka, Tuc, Ritz und Mikado. Der Diplom-Ökonom begann seine Karriere als Assistant Brand Manager bereits 1999 im Snacking-Unternehmen. In den folgenden 20 Jahren war der heute 46-Jährige in verschiedenen Positionen im Marketing tätig. Dabei übernahm er kontinuierlich immer mehr Verantwortung – zuletzt als Marketing Manager Biscuits DACHU.


Und wie sieht diese Welt abseits der medialen Inszenierung ganz analog im Einzelhandel aus?

Das Keksregal ist zwar in der Regel relativ breit aufgestellt, es gibt aber zuweilen wenig Orientierung. Das Schokoladenregal ist da sehr viel klarer strukturiert. Dort sind Riegel, Tafeln, Pralinen klar sortiert. Wir haben in den vergangenen Jahren mit unserem Keksportfolio sozusagen den Staub aus dem Keksregal gepustet. Zum Beispiel indem wir Knabberprodukte wie unsere „Joy Fills“ eingeführt und damit einen neuen Verzehranlass für Kekse geschaffen haben. Kleine mundgerechte Verzehreinheiten, die sich perfekt zum Snacken eignen – ein Thema, das eine übergeordnete strategische Rolle für uns spielt.

Warum?

Weil es zum Zeitgeist passt. Die Grenzen zwischen Mahlzeiten und Snacks verschwimmen immer mehr und der Bedarf nach Snacking-Produkten wächst. Das belegt auch unsere globale „State of Snacking“-Studie mit über 6000 Teilnehmern, die wir im September 2019 durchgeführt haben. Für 60 Prozent der befragten Deutschen ist ein kleiner Snack eine gelungene Pause an einem arbeitsreichen Tag. 49 Prozent können sich ein Leben ohne Snacks sogar gar nicht vorstellen. Und 63 Prozent der Millennials sagen zudem, dass es besser zu ihrem Lebensstil passe, kleinere Snacks denn größere Mahlzeiten einzunehmen. Das sind für uns sehr wichtige Erkenntnisse. Denn wir sind zwar Marktführer im Küchlein-Bereich und im Cracker-Regal. Doch bei den Keksen sind wir derzeit nur die Nummer drei. Das wollen wir durch innovative Produkte ändern und auch hier Nummer eins werden.

Snackbare Produkte bedeuten auch viel Verpackungsmaterial. Wie lösen Sie diese Herausforderung in Zeiten des gesteigerten gesellschaftlichen Umweltbewusstseins?

Das Spannungsfeld zwischen Convenience und Verpackung beschäftigt uns sehr, wie eine Reihe von Aktivitäten zeigt. Mondelēz International verpflichtet sich beispielsweise dazu, alle seine Verpackungen bis 2025 wiederverwertbar zu machen und Verbraucherinformationen zum Thema Recycling bereitzustellen. Dieses 2018 ins Leben gerufene Engagement ist Teil unserer Unternehmensstrategie, sich für eine Kreislaufwirtschaft für Verpackungen einzusetzen. Dies wird bestenfalls dazu beitragen, die langfristige „Kein-Netto-Abfall“-Vision zu verwirklichen. Gleichzeitig soll die Strategie die übergeordnete Unternehmensvision „Snacking made right“ widerspiegeln: Konsumenten den richtigen Snack, zum richtigen Zeitpunkt, auf die richtige Art und Weise hergestellt anzubieten. Dazu gehört auch, dass die Produkte des Unternehmens aus nachhaltig erzeugten Zutaten bestehen.

(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.