Mit Bluewashing das Geschäftsmodell weglächeln 

Das Fast-Fashion-Label Primark hat einen neuen Markenauftritt. Er wird im E-Commerce und im klassischen Einzelhandel funktionieren, bleibt jedoch an der Oberfläche, findet unser Kolumnist.
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Im neuen Primark Schriftzug wird “gelächelt”: Dafür wurden A und K leicht gekrümmt und die Strichdicke erweitert. (© Primark, Montage: Katharina Höhner)

Primark. Wenn wir die Augen schließen, sehen wir immer noch Bilder von demonstrierenden Kids, von nicht enden wollenden Klamottenbergen und von Fabriken voller menschlicher Sklavinnen in Südostasien. Das weiß auch Primark selbst. Und darum befinden sie sich auch seit Jahren auf dem Weg der Wiedergutmachung.  

Wer nun denkt, sie würden damit ihr Geschäftsmodell hinterfragen, irrt sich allerdings. Primark ist heute immer noch einer der größten linearen, globalen Fast-Fashion-Produzenten mit einem Umsatz von neun Milliarden britischen Pfund – und ambitionierten Zielen. Eins davon: die Expansion von aktuell 440 auf 530 Stores bis 2026. Michelle McEttrick, Chief Customer Officer von Primark, beschreibt die Pläne so: “Wir wollen weiter wachsen und stellen sicher, dass Kunden Primark als wirklich globale Marke erfahren.”  

Gezeigt wird alles, was der Gen Z gefällt 

Damit dies gelingt, muss das Image zumindest dahingehend verändert werden, dass nichts direkt negativ aufstößt. Und genau das ist es auch, was sie “wieder gut” machen wollen: ihre Kommunikation. Seit 2021 haben sie die Initiative “Primark Cares” gestartet, geben einen schicken Nachhaltigkeitsbericht heraus und schmücken ihre Website mit ungefähr jedem Thema, was die Gen Z gern liest: faire Arbeitsbedingungen für nette Baumwollbauern, den Aufruf zum Recyclen und Reparieren und ganz, ganz viel Womens Rights und Diversity – dargestellt mit einer Menge austauschbarer Stockbilder.  

Das ist für ein Fast-Fashion-Unternehmen heute weniger herausragend als vielmehr notwendig, um überhaupt bei der Gen Z mitspielen zu können. Besser, man schaut nicht zu sehr hinter die Kulissen. 

Ab jetzt wird gelächelt, dann ist alles gut 

Der neueste Streich ist nun der neue Markenauftritt, gestaltet von ihrer globalen Agentur VCCP. Ab jetzt wird im Primark Schriftzug “gelächelt”. Dafür wurden A und K leicht gekrümmt und die Strichdicke erweitert. Dazu erstrahlt das Logo in einem neuen, frischeren Cyanblau.  

Na, dann ist ja jetzt wirklich alles gut! Zumal es dazu noch eine neue komplementäre Farbpalette in warmen Orangetönen gibt, denn Wärme ist ja wichtig. Das neue “Portal”-Element, bestehend aus zwei pillenartigen Flächen, die zusammen ein “P” ergeben, schaffe ein “Fenster in die Welt von Primark”, so die offizielle Pressemitteilung. 

Der Agentur möchte ich keinen wirklichen Vorwurf machen, sie hat formal sehr professionell abgeliefert. Sie schickt einen Markenauftritt ins Rennen, der sowohl im E-Commerce als auch im klassischen Retail funktionieren wird. Schade ist nur, dass wieder einmal ein Brand Refresh nicht tiefer geht als bis zur Oberfläche. Da hilft auch kein Lächeln.  

Heinrich Paravicini ist Co-Gründer und Chief Creative Officer von Mutabor, Designagentur und Markenberatung mit Sitz in Hamburg, München und Berlin. Mit mehr als 180 Mitarbeiter*innen gehört Mutabor heute zu den größten unabhängigen Agenturen der Kreativbranche in Deutschland. Paravicini lebt und arbeitet in Hamburg und überall dort, wo Mutabor-Projekte entstehen.