Mehr Kontrolle für programmatische Kampagnen

Der Programmatic-Markt ist stark fragmentiert. Die Kontrolle über Daten und Inventare zu bewahren, wird immer wichtiger. Curated Marketplaces sind dafür eine vielversprechende Option. Wie man sie einsetzt, erklärt Miriam Thome, Director Marketplace Management Xandr, im Interview.
Werbetreibende und Vermarkter können beide von dieser Technologie profitieren. (© Unsplash)

Frau Thome, im Programmatic Advertising werden direkte Beziehungen zwischen Advertiser und Publisher wichtiger, wie der Run auf Data Clean Rooms zeigt. Welche Rolle werden in diesem Zusammenhang Werbemarktplätze künftig spielen? 

Die große Herausforderung für die Zukunft ist es, dass Einkäufer und Verkäufer ihre Daten zusammenbringen und als ein gemeinschaftliches System nutzen und vermarkten können. Man muss hier – auch vor dem Hintergrund des Sterbens der Drittanbieter-Cookies – bereits einen Schritt weiterdenken und sich auch die Frage stellen: Welche Daten werden in Zukunft wichtig und wertvoll sein und für das Advertising funktionieren? Es sind daher Lösungen gefragt, mit denen man First-Party-Daten nutzen kann, die persistent sind und über eine große Reichweite verfügen. Und genau das können kuratierte Marktplätze leisten, auch in Kombination mit einem Data Clean Room oder generell mit einer DMP, die nicht nur auf Cookies basiert. Data Clean Rooms und programmatische Marktplätze schließen sich also nicht aus, sondern ergänzen sich. 

Was genau leisten kuratierte Marktplätze im Programmatic Advertising? 

Der Kurator ist mit einer solchen Lösung in der Lage, Inventare zu kombinieren. Das ist sowohl für Open Programmatic Angebote als auch für Direct Deals möglich. 

Könnten Sie das bitte näher erläutern? 

Verfügt beispielsweise ein Vermarkter über eigene Daten, kann er sie dort über verschiedene Inventare und Kooperationen hinweg bündeln, Reichweite aggregieren und dies dem Einkäufer anbieten. Auf der anderen Seite können Advertiser, die viele Direct Deals mit Vermarktern geschlossen haben und diese in unterschiedlichen DSPs managen müssen, den kuratierten Marktplatz nutzen, um ihre Deals mit den verschiedenen Playern an einem Ort zu zentralisieren und sie so effektiver zu managen. Selbst die komplette Datenstrategie kann in einem kuratierten Marktplatz zentral verwaltet werden. Optimierungen finden dann nicht mehr in einzelnen Kampagnen und verschiedenen DSPs statt, sondern lassen sich zentral steuern. 

Bedeutet das, dass sowohl Werbetreibende als auch Vermarkter von dieser Technologie profitieren können? 

Ja, wir sehen Use-Cases auf beiden Seiten. Zum einen haben wir die Einkaufsseite, die ihre Deals managet und optimiert. Zum anderen sehen wir die Daten-Use-Cases der Anbieterseite. Die Sellside kann damit eine programmatische und reichweitenstarke Lösung für persistente Daten kreieren, und diese der Buyside anbieten. 

Wer kommt als Kurator infrage? 

Viele große Agenturgruppen setzen bereits kuratierte Marktplätze ein. Aber auch bekannte Datenanbieter fungieren oft als Kurator. Nicht zuletzt bieten auch wir einen Managed Service an. Doch egal wer kuratiert, die wichtigste Frage ist aus unserer Sicht, welchen Mehrwert eine Kuratierung bewirkt. Es geht nicht darum, ein altes Reselling-Modell wieder aufzubauen, sondern Nutzen zu stiften.  

Aber was ist mit der Transparenz? Mit dem Kurator kommt ein weiterer Player in der Lieferkette des Programmatic Advertising ins Spiel. 

In unseren Transparency-Reportings zeigen wir, wer in welchem Land als Kurator auftritt. Dies sind durchweg bekannte Player, deren Geschäftsmodelle bekannt und etabliert sind. Die Verkäuferseite weiß somit, welches Inventar von wem kuratiert wird und Einkäufer wissen, wo sie über kuratierte Deals einkaufen. Dies ist für beide Seiten transparent. Und nicht zuletzt bringt ein kuratierter Marktpatz deutliche Vorteile, insbesondere in Bezug auf die Kontrolle von Inventar und Daten. 

Welche wären das? 

Der Kurator besitzt die komplette Kontrolle darüber, das Inventar mit bestimmten Daten zu bündeln. Wer beispielsweise wertvolle Daten besitzt und sie nicht herausgegeben möchte, stellt sie dort nicht zur Verfügung. Oder falls bestimmte DSP-Kampagnen lieber separat vermarktet werden sollen, lassen auch sie sich von einer Kuratierung ausschließen. Hinzu kommt der Reichweitengewinn. In der Praxis wird noch viel in Silos gearbeitet. Es gibt hier und dort Inventar und verstreute Daten. Das lässt sich in einem Curated Marketplace sehr gut bündeln. Der Programmatic-Markt ist mittlerweile sehr fragmentiert. Vermarkter arbeiten mit SSPs, Einkäufer mit diversen DSPs. Marktplätze können dies wieder zusammenführen und Prozesse vereinfachen. Wenn Agenturen die Kuratierung übernehmen, können sie auf diese Weise auch ihre internen Prozesse streamlinen und optimieren.  

Was sind die Herausforderungen, um das Potenzial kuratierter Marktplätze optimal nutzen zu können? 

Man muss einerseits das Wissen mitbringen, wie man einen Marktplatz managt und andererseits auch über eine entsprechende Sales-Power verfügen, denn Curated Deals verkaufen sich nicht von selbst. Für uns als Marktplatz-Anbieter wiederum ist der Nutzen entscheidend, der damit gestiftet wird. Wer auf unserem Marktplatz als Kurator aktiv werden möchte, muss einen Mehrwert für die gesamte Lieferkette schaffen. Es ist eine große Herausforderung für die gesamte Branche, sicherzustellen, dass die Einkaufsseite ihre Kunden erreicht und dabei auch große Reichweiten erzielt. Marktplätze werden daher auch in Zukunft eine Schlüsselrolle für das Programmatic Advertising spielen – egal ob kuratiert oder generell als Datenmarktplatz basierend auf einer DSP- oder SSP-Technologie.  

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.