„Marketing gegen den Strom“: Wenn alle weitermachen, starte neu

Wie kommen junge Menschen – gegen den Mainstream – schneller zu beruflichen Meilensteinen. Unser Gastautor Tim Jaschke war eines unserer Marketing-Talente 2022 und gibt seine Erfahrungen eine Woche lang in dieser Serie weiter.
Tim Jaschke arbeitete bereits in der Unternehmensberatung und als Texter. Zuletzt war er Teamlead Creative bei Snocks. (© privat (Montage: Olaf Heß))

2019 durfte ich einen Impulsvortrag an meiner alten Schule halten. Meine Eröffnungsfrage: „Wer von euch möchte studieren?“ 95 Prozent der Hände gehen hoch. „Und wer weiß schon, was?“ Nur drei Hände bleiben oben.

Junge Menschen machen gerne das, was alle machen. Work & Travel im Ausland, eine bestimmte Modemarke kaufen – oder eben ein Studium beginnen. Im Gegensatz zu Fernreisen und Mode macht ein Studium aber nicht immer Spaß. Vor allem dann nicht, wenn du durch sozialen Druck oder Fremdsteuerung studierst. Als ich 2011 mein Abitur in der Tasche hatte, waren die Taschen meiner Schulfreunde schon voller Bewerbungen und Uni-Zusagen.

Lehrreiche Erfahrung, die kein Hörsaal bietet

Darauf hatte ich null Bock. Ich hatte mich doch nicht 14 Jahre durch das Schulsystem gequält, um direkt weiterzulernen. Mehr Stoff und Theorie, wenig Praxis. Ich passe. Und starte stattdessen einen Bundesfreiwilligendienst bei der Sozialstation meiner Heimatstadt. Sechs Monate früh aufstehen. Für andere Menschen einkaufen gehen und kochen, sie füttern und unterhalten. Lehrreiche Erfahrungen, die kein Hörsaal bietet. Zeitgleich genießen meine Schulfreunde ausgiebig alle Freiheiten ihres Studiums. Ich beneide sie nur wenig.

Ich habe in der sozialen Arbeit nicht meine Berufung gefunden. Aber ich durfte Menschen kennenlernen, die ihr (Arbeits)leben zum Großteil hinter sich hatten. Ihre Ratschläge an mich waren einstimmig: Lass dir Zeit. Du musst nicht so schnell wie möglich eine fertig ausgebildete Arbeitskraft sein. Arbeiten wirst du noch genug. Ob du willst, oder nicht.

Hausaufgabe: Geh diese Woche nach der Arbeit eine Runde spazieren, statt auf die Couch zu flüchten

Also verlängerte ich meinen Freiwilligendienst um einen Monat. In diesem Monat habe ich keinen Masterplan für Studium und Karriere geschmiedet. Gleichzeitig schmissen mehrere Schulfreunde ihr erstes Studium. Andere quälten sich durch, nur um wenige Monate später zu kapitulieren. Ich bin noch heute dankbar, dass ich damals auf mich gehört habe: Nicht das machen, was alle machen. So konnte ich Erfahrungen sammeln, die andere nie sammeln werden.

Mach öfter Dinge, die andere Menschen nicht machen. Das muss keine soziale Arbeit oder eine Unternehmensgründung sein. Fang klein an. Fang heute damit an: Wenn an diesem grauen Montag nach Feierabend alle auf die Couch flüchten, mach einen Spaziergang. Du wirst es genießen. Weil die Erfahrung ganz allein dir gehört.


Alle bisher erschienen Teile zur Serie „Marketing gegen den Strom“, finden Sie hier:

Teil 1: „Marketing gegen den Strom“: Wenn alle weitermachen, starte neu

Teil 2: „Marketing gegen den Strom“: Wenn alle Theorie lernen, lern Praxis

Teil 3: „Marketing gegen den Strom“: Wenn alle ins Büro fahren, fahr alleine weg

Teil 4: „Marketing gegen den Strom“: Wenn alle Bewerbungen schreiben, schreib DMs

Teil 5: „Marketing gegen den Strom“: Wenn alle stehen bleiben, lauf weiter