Markentreue ohne Bestechung – wie geht das?

Preisaktionen helfen dabei, neue Kunden zu gewinnen. Sie bergen aber oft negative Konsequenzen für eine Marke: Die starke Betonung von Rabatten führt nicht zu Markenloyalität, sondern zu Deal-Loyalität.
Amazon
Amazon Prime schafft echte Markentreue: Mitglieder geben fast das Vierfache im Vergleich zu Nicht-Prime-Kunden aus. (© Imago)

„Loyalty Marketing“ führt häufig zu einem Missmanagement von Marken. Es basiert in der Regel darauf, Kunden durch Preisanreize zu gewinnen und zu halten. Allerdings führen durch Preisanreize hervorgerufene Einkäufe lediglich zu „Deal-Loyalität“, nicht zu einer echten Loyalität, so US-amerikanische Markenexperten. Denn noch stärker als Marken reagieren Konsumenten auf vermeintlich günstige Preise.

Der Ansatz, Kunden mit Kaufanreizen zu gewinnen, wirkt ähnlich wie Bestechung. Kunden lieben den Preis, nicht das Markenversprechen. Und noch schlimmer: Kunden gewöhnen sich daran. Anreize machen süchtig, so ein Paper der Harvard Universität. Wenn der Preis und nicht die Strahlkraft Marke zum Geschäftsabschluss führt, wird die Marke zur austauschbaren Ware. Dieses antrainierte Kaufverhalten wieder zu durchbrechen, ist nahezu unmöglich. Ein Beispiel dafür sei Nissan. Die Automarke könne in Marketingkampagnen nicht mehr ohne Betonung der Preisanreize für den Kunden und den Händler leben.

Deal-Loyalität beschädigt vertrauenswürdige Marken

Preisaktionen müssen ohne Zweifel einen Platz in einem Marketingplan haben. Schließlich helfen Angebote dabei, neue Kunden zu gewinnen, Testversionen auf den Markt zu bringen oder auch Kunden gelegentlich daran zu erinnern, dass eine Marke erschwinglich ist. Es ist jedoch ein Fehler zu glauben, dass wiederholte Einkäufe, die durch Deal-Loyalität generiert werden, dieselben sind wie solche, die durch echte Markentreue generiert werden. Deal-Loyalität beschädigt vertrauenswürdige Marken, indem sie den Markenwert untergräbt. Bei allen Kampagnen, die Preisaktionen beinhalten, muss die Nachricht lauten: „Hier ist eine großartige Marke zu einem großartigen Preis.“

Markentreue, so die Marketingforscher, ist ein zweidimensionales Konzept: Verhalten und Einstellung. Verhaltensorientierte Markentreue bedeutet, wenn ein Kunde wiederholt eine Marke kauft. Einstellungstreue ist, wenn Kunden den Kauf wiederholen, weil sie sich der Marke verpflichtet fühlen. Sie erkennen, dass die Marke die beste Lösung für ihre Bedürfnisse darstellt. Kunden, die Wiederholungsverhalten zeigen, aber keine starke Einstellung zu einer Marke haben, sind höchst preissensitiv. Da diese Kunden bei Preiserhöhungen abspringen, muss diesem Verhalten in der Folge mit noch mehr Deals entgegengesteuert werden. Das wiederum erhöht die Preissensitivität. Das Ergebnis ist ein Teufelskreis, der schon viele Marken zu Fall gebracht hat. Das prominenteste deutsche Beispiel ist die Baumarktkette Praktiker.

US-amerikanische Verbraucherdaten zeigen, dass Marken durch die Fokussierung auf die Einstellungstreue Preissensitivität deutlich verringern können. Während Verhaltenstreue durch Bestechung gesichert werden kann, wird Einstellungstreue aufgebaut, indem relevante positive Produkterfahrungen zum besten Preis versprochen und auch geliefert werden.

Loyalität: Verhaltenstreue vs. Markenbindung

Viele der beliebten Kundenbindungsprogramme bauen reine Verhaltenstreue ohne Markenbindung auf. McKinsey & Co. hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass sogenannte rabattbasierte „Earn and Burn“-Programme „nicht mehr ausreichen“. Kunden suchen viel stärker nach Erfahrungen und Inhalten. Sie „fordern Vorteile, die rationale, emotionale und soziale Vorteile bieten“.

Es gebe laut McKinsey nur wenige Programme, die echte Markenbindung schaffen. Amazon Prime sei eines davon. Es habe ein ganzes Ökosystem von Erfahrungen geschaffen, darunter Nahrungsmittellieferungen, Prime Video und Prime Now, um nur einige zu nennen. Daten zeigen, dass Amazon-Prime-Mitglieder fast das Vierfache im Vergleich zu Nicht-Prime-Kunden ausgeben.

Die Bäckerei-Kette Panera hat ein Mitgliederprogramm, das unbegrenzten Kaffeekonsum für neun US-Dollar im Monat oder 108 Dollar im Jahr verspricht. Panera hofft, dass das neue Programm den Kauf eines Frühstücks bei Panera ankurbeln wird. Laut „Business Insider“ zeigen erste durch das Programm gewonnene Erfahrungen, dass Kunden mit dieser Kaffeemitgliedschaft jeden zweiten Tag in einer Filiale waren und auch Speiseangebote kauften. Allerdings gibt ein US-Amerikaner in der Regel etwa 1500 Dollar pro Jahr für Kaffee außer Haus aus. Mit Paneras Plan müssen die Menschen keinen Kompromiss zwischen Kaffee und Geldsparen eingehen. Wahre Markentreue, so McKinsey werde so nicht erzeugt. Im Gegensatz zur Bestechung preisorientierter und markenunabhängiger Kunden ist engagierte Markentreue die Grundlage für ein dauerhaft profitables Markenwachstum.