Marken vs. Handel: Wer gewinnt den Lebensmittel-Preiskampf?

Der Streit zwischen großen Marken und Lebensmittelhändlern eskaliert: Es kommt zum Lieferstopp. Edeka kritisiert „überzogene“ Preisforderungen – und versucht von seinen Eigenmarken zu profitieren.
Mit einer provokanten Social-Media-Strategie wirbt Edeka gegen große Marken. (© Edeka)

Als Reaktion auf den Preisstreit mit den Marken Mars und PepsiCo inszeniert der Lebensmittelhändler Edeka seine Perspektive provokant in den sozialen Netzwerken: Für „abgehobene Preise“ gebe es keinen Platz im Regal, heißt es etwa auf Instagram. Alternativ bewirbt der Konzern die preislich „bodenständige“ Qualität seiner Eigenmarken. Die Posts erhalten überdurchschnittliche Aufmerksamkeit und viele Likes. Nicht wenige Kommentare richten sich allerdings auch gegen das Unternehmen: Von Bevormundung oder Täter-Opfer-Umkehr ist die Rede. Klar ist: Das Thema polarisiert.

Die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben zu massiven Verwerfungen in den internationalen Lieferketten sowie gestiegenen Rohstoffpreisen geführt. Als Reaktion hoben viele Unternehmen, darunter auch große Marken der Lebensmittelbranche, ihre Preise an, was zu neuerlichen Konflikten mit dem Handel führte. Unter anderem zwischen Edeka, PepsiCo und Mars eskalierte der Streit. Die Folge: ein Lieferstopp der Markenprodukte. Große Marken nutzen die Situation aus, so das Argument – doch auch die Preise der Edeka-Eigenmarken sind gestiegen.

Preiskampf: Marken gegen Handel

„Der Markenkonzern PepsiCo hat gegenüber Edeka eine massive und nicht verhandelbare Preiserhöhung von 30 Prozent angekündigt“, erklärt sich Edeka auf Anfrage der absatzwirtschaft. Diese Forderung sei überzogen und nicht nachvollziehbar: „Aus unserm Eigenmarkengeschäft wissen wir, dass sie zu einem großen Teil nicht auf gestiegenen Kosten (zum Beispiel für Rohstoff und Energie) beruht.“ Die Eigenmarken seien zudem keinen solchen Preissteigerungen ausgesetzt.

Die Posts zum Lieferstopp erhalten viele Likes, aber auch kritische Kommentare. ©Edeka

„Edeka folgt einem Trend, der sich auch bei anderen Lebensmittelhändler*innen beobachten lässt“, sagt Christiane Seidel vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Nachdem zahlreiche Marken wie Kellogg’s und Mars einen signifikant höheren Preis für ihre Produkte forderten, listeten zahlreiche Supermärkte und Discounter diese Produkte aus und bewarben in unterschiedlichen Kampagnen ihre Eigenmarken.

Auch Handelsmarken im Preis gestiegen

Doch auch die Preise der Eigenmarken der Händler sind gestiegen. Edeka etwa erhöhte die Preise seiner Eigenmarke „Gut & Günstig“ von Januar bis August 2022 um 24 Prozent, gerade sechs Prozentpunkte weniger als PepsiCo. Der Preisanstieg von anderen Markenprodukten bei Edeka lag hingegen bei durchschnittlich 12,8 Prozent. Das belegt eine Studie der Preisvergleichs-App “Smhaggle” für die „Lebensmittelzeitung“. Edekas Preiserhöhungen sind demnach zwar geringer als die von PepsiCo, allerdings weitaus höher als bei anderen Marken.

Mit provokanten Sprüchen wirbt Netto auf Instagram für seine Eigenmarken. ©Netto

Edeka räumt die Erhöhung ein und argumentiert mit dem geringen Ausgangsniveau der „Gut & Günstig“-Produkte: „Wenn aber nun die höheren Produktionskosten in gleicher absoluter Höhe auf ein günstiges Eigenmarkenprodukt und ein teureres Markenprodukt aufgeschlagen werden, dann fällt die relative Steigerung bei der Eigenmarke aufgrund des niedrigeren Ausgangsniveaus natürlich höher aus“, so der Konzern.

Eigenmarkenstärkung und die Wichtigkeit des Preises

Ob Edeka im Preisstreit glaubhaft argumentiert, lasse sich seitens der Verbraucherzentrale aktuell schwer beurteilen. „Die Stärkung der Eigenmarken war schon vor Beginn der Inflation ein großes Anliegen vieler Handelsketten, um über Angebot und Preise freier bestimmen zu können. Daher ist anzunehmen, dass viele Lebensmittelhändler diesen Preiskampf nun auch nutzen, um die Position ihrer Eigenmarken zu stärken“, sagt Christiane Seidel.

Für Konsument*innen ist der Preis für Lebensmittel momentan in jedem Falle essenziell. Viele Menschen befänden sich nicht erst jetzt, aber besonders jetzt, in finanzieller Not, so die Erfahrung der Verbraucherzentrale. „Beim Lebensmitteleinkauf lässt sich für viele Verbraucher*innen am Ende des Monats, wenn der Geldbeutel leerer wird, oftmals am einfachsten Geld sparen, denn hier sind sie nicht an langfristige Verträge gebunden“, sagt Seidel.

(fs, Jahrgang 1998) studiert nach einem halben Jahr in der Redaktion des „Nordschleswigers“ in Süddänemark den Master Sozioökonomie und ist seit Januar 2023 Werkstudent bei der absatzwirtschaft. Neben einem breiten Interessensspektrum findet er progressive Themen besonders spannend: Nachhaltigkeit, Sozialunternehmertum oder New Work sind dazu nur einige vieler Buzzwords.