Kauf-Fieber: Medienunternehmen investieren massiv in E-Commerce

2016 könnte das Jahr der Übernahmen für die Verlagsbranche werden. Die Zeitungs- und Magazinhäuser haben in den ersten vier Monaten 20 Prozent mehr Firmen erworben. Vor allem Ecommerce-Gesellschaften sind beliebte Kaufobjekte. MEEDIA sprach über die Gründe mit Axel Bartholomäus, Chef der gleichnamigen Unternehmensberatung Bartholomäus & Cie. Er erstellt einmal im Jahr den Transaktionsmonitor für die Branche, diesmal hat er eher einen Einblick gewährt

Von

Übernahmen, Beteiligungen und Unternehmensverkäufe – die Medienbranche ist ständig in Bewegung. Sie erstellen jedes Jahr den „Transaktionsmonitor Verlagswesen“, einen wichtigen Gradmesser über die Aktivitäten der Branche. Welche Deals werden hier gezählt?

In unserer M&A-Studie registrieren wir alle Deals, bei denen entweder der Käufer oder Verkäufer oder das betroffene Unternehmen ein deutscher Verlag sind.

Wird hier eine Abgrenzung nicht immer schwerer, weil sich die Verlage immer stärker zu Digitalunternehmen entwickeln oder umgekehrt?

Ja, das ist so. Ein Beispiel hierfür ist Ströer Media. Das Kölner Unternehmen ist längst ein sehr wichtiger Branchenteilnehmer, wenn es um die digitale Anzeigenvermarktung von Publikumszeitungen geht. Ströer ist nach herkömmlicher Definition kein Verlag, dennoch beziehen wir das Unternehmen in den Transaktionsmonitor ein, weil es mittlerweile durch diverse Zukäufe eine wichtige Rolle in der Anzeigenvermarktung spielt. Solange Ströer nur auf Out of Home-Werbung setzte, fiel das Unternehmen aus unserer Betrachtung raus.

In Norddeutschland hat Anfang des Jahres der Verlag der Osnabrücker Zeitung die SHZ-Gruppe mit dem Flensburger Tageblatt geschluckt. Gibt es Anzeichen, dass 2016 auf dem Printmarkt weitere spektakuläre Übernahmen bevorstehen?

Mergers & Akquisitions sind ein sehr diskretes Thema. Vor dem Vollzug der Geschäfte gelangt selten etwas an die Öffentlichkeit. Dennoch gehe ich davon aus, dass sich die Konsolidierung des Marktes in allen Marktsegmenten – sowohl bei den Zeitungen, Fach- und Publikumszeitschriften wie auch im Buchbereich – fortsetzt wird. Wir werden in diesem Jahr sicherlich noch einige größere Übernahmen sehen.

Welche Gründe sprechen dafür?

Dies liegt daran, dass die klassischen Anzeigenbereiche an Volumen verlieren. Die Verlage, also die Legacy-Media wie man sie gerne nennt, haben lange Zeit ausschließlich redaktionelle Inhalte und Anzeigen auf Papier verkauft. Jetzt sehen sie sich aber einem gleitenden Sinkflug ihrer Print-Erlöse gegenüber, sowohl im Vertriebs- wie im Anzeigenbereich, und je nach Mediengattung unterschiedlich stark ausgeprägt. Besonders betroffen sind Tageszeitungs- und Publikumsverlage. Hier gehen Vertriebs- und Anzeigenerlöse dramatisch zurück, wie ja auch die jüngsten IVW-Zahlen wieder zeigen. Die Unternehmen sind deshalb gezwungen, verstärkt Kostensynergien zu heben oder mit anderen Verlagen zu fusionieren, und versuchen sich natürlich in den digitalen Medien neue Erlösquellen zu erschließen.

Wie weit sind Nachfolgeprobleme in der mittelständischen Medienlandschaft Auslöser für Übernahmen?

Seit Jahren wird nach meiner Erfahrung im Mittelstand der dringend notwendige Generationswechsel regelmäßig verschoben. Aber der Druck der Digitalisierung zwingt die Unternehmen, jetzt zügig neue Geschäftsmodelle aufzubauen. Das ist riskant, kostet Geld und verringert Entnahmemöglichkeiten. Familienunternehmen, die hierauf keine schlüssige Antwort haben, überlegen dann häufig doch einen Verkauf ihrer Anteile.