Jameda muss umrüsten, um keine weiteren Klagen zu erhalten: „Das Geschäftsmodell ist vom Gericht nicht verworfen worden”

Viele Ärzte sehen die Seite Jameda kritisch, selbst wenn sie dort gute Noten erhalten. Nach einem Urteil muss Jameda die Daten einer Hautärztin vollständig entfernen. Das Urteil könnte Auswirkungen auf Bewertungsplattformen in anderen Bereichen haben. Rechtsanwalt Jens Borchardt erklärt, wie Jameda nun die Website optimieren muss und warum es gut ist, dass das Geschäftsmodell vom Richter nicht verworfen wurde.

Patienten, die ihren Frust über ihren Arzt herauslassen, von Kunstfehlern schreiben, mit Klage drohen, sich schlecht behandelt fühlen, nicht schnell genug Termine oder Krankmeldungen bekommen haben, beschweren sich im Web gern auf Bewertungsportalen wie Jameda. Ärzte waren dieser Kritik bislang hilflos ausgeliefert. Ein aktuelles Gerichtsurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe ändert das: Eine Kölner Ärztin hatte ihr Persönlichkeitsrecht verletzt gesehen und geklagt, weil Jameda gegen ihren Willen einen Eintrag über sie führte. Bei der ersten BGH-Entscheidung im Jahr 2014 verlor die Ärztin. Doch nun muss die Bewertungsplattform die Daten der Hautärztin vollständig löschen. Höcker Rechtsanwälte vertrat die Ärztin und setzte die Werbemöglichkeit auf Jameda in den Fokus der Klage. Im Presstext heißt es dazu: „Das Gericht folgt damit der Argumentation, wonach bei der Frage, ob ein Arzt gegen seinen Willen eine Aufnahme in ein Bewertungsportal dulden muss, zwischen klassischen reinen Bewertungs­portalen einerseits und Portalen mit Präsentations- und Werbemöglichkeiten zugunsten der zu bewertenden Ärzte andererseits zu unterscheiden ist. Während klassische reine Bewertungsportale eine gesellschaftlich gewünschte Funktion erfüllen, verfolgen Portale mit Präsentations- und Werbemöglichkeiten zugunsten der zu bewertenden Ärzten vornehmlich profitorientierte Zwecke des Betreibers und dessen jeweiligen zahlenden Kunden. Für solche Zwecke müssen Ärzte ihre Daten nicht zwangsweise hergeben.“

Die Plattform Jemada lebt davon, dass Ärzte für einen Eintrag mit mehr Funktionen – einem Bild und ausführlicher Werbung – einen monatlichen Mitgliedsbeitrag zahlen. Das Portal gehört seit Anfang 2016 zur Burda Digital GmbH.

Bei den Bewertungen herrsche Neutralität, keiner könne Bewertungen kaufen, versichert Jameda. Laut Gerichtsurteil ist aber die Werbung der zahlenden Ärzte nicht klar genug gekennzeichnet. „Das ausschlaggebende Argument der Klägerin war in diesem Fall, dass Jameda die Rolle des neutralen Vermittlers verlassen habe. Die Verwendung eines Hinweises ‚Anzeige‘ ist laut Gericht nicht ausreichend, somit muss Jameda den Verbraucher Nutzer zukünftig besser aufklären, erklärt Rechtsanwalt Jens Borchardt von SKW Schwarz Rechtsanwälte gegenüber der asw. Borchardt berät Unternehmen in Fragen des IT-, Medien- und Urheberrechts sowie im Gewerblichen Rechtsschutz.

Veränderung für die Webseite

Was muss Jameda nun ändern? Grundlegend müssen die Werbeanzeigen verändert und anders gekennzeichnet werden und es dürfen künftig keine Anzeigen der Premiumkunden mehr in den Profilen der nicht zahlenden Mediziner gezeigt werden. Für Borchardt steht fest, dass das Urteil die Nutzer der Bewertungsseiten besser schützt: „Natürlich kann eine veränderte Darstellung der Profile Auswirkungen auf das Geschäftsmodel haben. Daher hat das Urteil auch  Ausstrahlungswirkung auf andere ähnliche Portale. Sämtliche Portale, die zwischen einfachen und Premium-Nutzern differenzieren, sollten ihre Darstellung daher überprüfen.“

Branchenweiter Aufbruch

Doch das Urteil bietet auch Chancen: Schafft Jameda es, die Seite entsprechend umzustellen, kann das Werbegeschäft weiterhin aufgehen und das Bewertungsportal bleibe eine Anlaufstelle für Patienten auf der Suche nach dem richtigen Arzt. Erneute Klagen von Ärzten, die auch neue Kennzeichnungen als nicht ausreichend empfinden, könnten aber weiterhin drohen. „Das Geschäftsmodell ist vom Gericht nicht verworfen worden. Es geht vor allem darum, dass die Nutzer nicht transparent darüber aufgeklärt werden, ob es sich um ein bezahltes Profil eines Arztes handelt, oder nicht“, sagt Borchardt.