Infektionsschutzgesetz: Händler planen Verfassungsbeschwerde

Die Initiative "Händler helfen Händlern" will juristisch gegen die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes vorgehen, die am Mittwoch im Bundestag zur Abstimmung steht. Dazu bereiten Mitglieder der Gruppe eine Verfassungsbeschwerde in Form einer Sammelklage vor.
Dieses geschlossene Geschäft in der Frankfurter Innenstadt bietet "Click and Collect" an. Auch diesen Vertriebsweg schränkt das Infektionsschutzgesetz ein. (© Imago)

Weil sie Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung im Einzelhandel beklagen, wollen die Mitglieder der Initiative „Händler helfen Händler“ vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Dazu planen sie eine Verfassungsbeschwerde in Form einer Sammelklage, sollte die Gesetzesnovelle des Infektionsschutzgesetzes in dieser Woche durch Bundestag und Bundesrat ratifiziert werden.

Der Initiative haben sich eine Vielzahl von Händlern und Handelsketten wie Intersport, Rose Bikes, Tom Tailor, Engelhorn und Mediamarkt, aber auch Handels- und Wirtschaftsverbände wie der Handelsverband HDE angeschlossen.

Der HDE hält die geplanten Verschärfungen für den Einzelhandel ebenfalls für nicht verhältnismäßig, wie Hauptgeschäftsführer Stefan Genth bereits in der Vorwoche sagte. Die geplanten Maßnahmen verstießen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. „Deshalb wird der HDE mit seinen Unternehmen eine Verfassungsbeschwerde verfolgen“, so Genth.

Notbremse gefährdet Existenzen im Handel

Die betroffenen Händler sehen sich gegenüber Konkurrenten wie Lebensmittel- oder Drogeriemärkten, aber auch Buchhändlern und Gartencentern, ohnehin benachteiligt und befürchten weitere existenzgefährende Konsequenzen durch die Einführung der bundesweiten „Corona-Notbremse“.

„Sollte das Infektionsschutzgesetz durch den Bundestag kommen, dann werden qua Gesetz einzelne Handelskategorien privilegiert. Diese dürfen unabhängig von den Inzidenzen ihre stationären Geschäfte geöffnet halten, während andere, in Augen der Politik nicht systemrelevante Geschäfte, ab einer Inzidenz größer 100 wieder schließen müssen“, sagt Intersport-Chef Alexander von Preen.

Einzelhandel sieht sich nicht als Infektionsherd

Neben der Ungleichbehandlung sieht das von Preen und dem Rose-Bikes-Chef Marcus Diekmann angeführte Händlergremium in dem Änderungsvorschlag des Infektionsschutzgesetzes eine große Unverhältnismäßigkeit, die insbesondere den stationären Einzelhandel hart treffe: „Schon heute haben wir vom RKI die Gewissheit, dass der Einzelhandel kein Infektionsherd ist. Dennoch verschärft die Gesetzesnovelle die Beschränkungen im Einzelhandel unverhältnismäßig stark. So ist beispielsweise die unter Infektionsgesichtspunkten völlig unproblematische Möglichkeit von Click & Collect ab einem gewissen Inzidenzwert nicht mehr möglich“, kritisiert der Intersport-Chef.

Marcus Diekmann, Initiator von „Händler helfen Händlern“, betont, dass die Gruppe sich nicht gegen einheitliche Regelungen und Schutzmaßnahmen sperrt, diese müsse aber für alle Bereiche gelten und neben dem Handel, der Gastronomie und Privatpersonen auch Großraumbüros, staatliche Einrichtungen und die Industrie in die Verantwortung nehmen: „Ein falsch gesteckter Rahmen ist genauso schädlich wie ein Flickenteppich.“

Neben der geplanten Verfassungsbeschwerde wollen die Vertreter der Initiative zusammen mit politischen Oppositionsfraktionen prüfen, ob ein eigenes Normenkontrollverfahren gegen die Gesetzesnovelle eingeleitet werden kann. Sie ziehen auch eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof in Erwägung.

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.