Greenhushing: Wenn Unternehmen schweigen 

Greenhushing lautet die Devise in immer mehr Unternehmen: Sie ergreifen zwar vielerlei Maßnahmen, um ihre Klimaziele zu erreichen. Sie sprechen aber nicht darüber. Das geht so nicht. Und sollte PR-Profis auf den Plan rufen.
„Auch wenn Bioprodukte aktuell etwas weniger nachgefragt werden, bleibt Nachhaltigkeit für die deutschen Konsumenten ein wichtiges Thema“, sagt Petra Süptitz, Nachhaltigkeitsexpertin bei GfK. (© Unsplash/Hoach Le Dinh)

In Zeiten, in denen manche Wohnungen nur an Menschen vergeben werden, die nicht rauchen und sich vegetarisch ernähren (so stand es kürzlich in einer ImmoScout-Anzeige), darf man sich über Greenhushing nicht wundern. Dabei ist nichts anderes gemeint als Klimaschutzkommunikationsvermeidung. Und die ist traurig und sollte alle PR-Profis sofort adrenalinschockieren, alarmieren und motivieren, dieser neuen Strategie entgegenzuwirken.  

„Many businesses with robust targets are going green and then going dark, potentially giving rise to an emerging practice: green-hushing“, heißt es im Net-Zero-Report 2022 von South Pole, einem Entwickler von Klimaschutzprojekten und -lösungen. Laut dem Report will ein Viertel der in zwölf Ländern befragten 1.200 Unternehmen die eigenen Klimaziele nicht veröffentlichen, obwohl sie diese Ziele verfolgen. Warum?  

Unter anderem deshalb, weil sich veröffentlichte Ziele leicht nachprüfen lassen. Und: Weil die Unternehmen Greenwashing-Vorwürfe fürchten. Bevor sich die Firmen also auch nur theoretisch dem Vorwurf aussetzen, in puncto Klimaschutz zu tricksen und zu täuschen, sind sie lieber still. Das zeugt davon, dass mit der Dialogkultur etwas nicht stimmt.  

Es ist völlig in Ordnung, hohe Ansprüche an das Klima-Engagement von Unternehmen zu stellen. Aber es sollte ihnen ein gewisses „Nach-Vorne-irren“ zugestanden werden. Es werfe den ersten Stein, wer keine Fehler macht. Rigorismus bringt nicht weiter. Und um den Bogen zu schlagen: Leuten, die sündhaft teure Wohnungen in der schönen Hansestadt Hamburg nur an nichtrauchende Vegetarier*innen vermieten, wünscht man unbedingt ein ordentliches Laster an den Hals. So!

Wenn Nachhaltigkeit und Sparen zusammenkommen, dann läuft‘s 

Lassen Sie uns wieder sachlich werden: Schon die Headline des aktuellen GfK Nachhaltigkeitsindex spricht Bände: „Bleibt nachhaltiger Konsum 2023 relevant?“ titelt das Marktforschungsinstitut, das im Dreimonatsrhythmus Ergebnisse zur Kaufbereitschaft für nachhaltige Produkte veröffentlicht. Und Sie ahnen es: Ukraine-Krieg samt Energiekrise und Inflation hinterlassen Spuren.  

Der GfK Nachhaltigkeitsindex für Januar 2023 liegt bei 93,3 Punkten. Das sind 6,7 Punkte weniger als im Durchschnitt des Jahres 2022. Interessant wird es, wenn Nachhaltigkeit und Sparpotenzial zusammenkommen: Waschmaschinen, Geschirrspüler sowie Kühl- und Gefriergeräte der Energieeffizienzklasse A werden gern gekauft, der Absatz von Bio-Lebensmitteln ist derweil rückläufig.  

„Auch wenn Bioprodukte aktuell etwas weniger nachgefragt werden, bleibt Nachhaltigkeit für die deutschen Konsumenten ein wichtiges Thema“, sagt Petra Süptitz, Nachhaltigkeitsexpertin bei GfK. Mehr als 70 Prozent hielten den Klimawandel für ein ernstzunehmendes Problem und 65 Prozent der Deutschen erwarteten umweltfreundliches Handeln von Unternehmen. „Die Menschen wollen ihren Beitrag leisten, konzentrieren sich aber momentan eher auf Dinge, die auch ihren eigenen Geldbeutel entlasten: Sie sparen Wasser und Strom und kaufen sehr bewusst ein, um Müll zu vermeiden“, so Petra Süptitz. 

ChatGPT, bist Du eine CO2-Emissionsschleuder?

Thema Sparen: Insbesondere, wenn es darum geht, Treibhausgas-Emissionen einzusparen, wird die IT gern vergessen. Dabei summiert sich der Energieaufwand, mit dem all die Server gekühlt und betrieben werden, auf erkleckliche Summen. Dieser Energieaufwand – und somit die Menge an CO2-Emissionen – könnte sich noch einmal deutlich erhöhen, wenn ChatGPT, Bard und andere KI-basierte Systeme in Suchmaschinen integriert werden, schreibt das US-amerikanische Computer-Magazin „Wired“.  

Die Menge der anfallenden Daten ist immens. Die gute Nachricht: Der „Wired“-Artikel endet optimistisch. Der ökologische Fußabdruck und die Energiekosten für die Integration von KI in die Suche könnten unter anderem verringert werden, wenn Rechenzentren auf sauberere Energiequellen umgestellt und neuronale Netze so umgestaltet werden, dass sie effizienter werden. Den kompletten Artikel „The Generative AI Race Has a Dirty Secret“ lesen Sie hier.

Nun hätte ich gern zum Ende dieses Textes noch eine schmissige Antwort von ChatGPT platziert. Die Frage: „ChatGPT, bist Du eine CO2-Emissionsschleuder?“ Leider aber meldet die Website: „ChatGPT is at capacity right now.“ So bleibt die Frage unbeantwortet. Und ein paar Gramm Emission gespart.  

Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!

(vh, Jahrgang 1968) schreibt seit 1995 über Marketing. Was das Wunderbare an ihrem Beruf ist? „Freie Journalistin mit Fokus auf Marketing zu sein bedeutet: Es wird niemals langweilig. Es macht enorm viel Spaß. Und ich lerne zig kluge Menschen kennen.“