Von Gunnar Sohn
Nutzer können aussteigen. In der Reboot-Welt sei es überhaupt nicht entscheidend, wie lange eine Internet-Plattform erfolgreich existiert. „Man geht hin und schaut, ob sie lustig ist, man diskutiert, man chattet, verliert das Interesse und geht zum nächsten Projekt. Jemand anderes kommt mit einer anderen Message, mit einem Trick, mit anderen Sachen. Bei den jungen Leuten ist das Bedürfnis nach Standhaftigkeit nicht so ausgeprägt“, sagt Rappoport. „Come and go”, „press the red button und restart” prägen das virtuelle Leben. Das sollte man auch in der gesamten Datenschutz-Debatte berücksichtigen. Die Teilnahme an Facebook ist noch immer freiwillig, „anders als die Teilnahme am deutschen Staat“, so der Blogger Sascha Lobo. Oder was passiert, wenn Newcomer plötzlich mehr bieten als Facebook und Google?
Vielleicht erfindet jemand das Future Internet – basierend auf semantischen Technologien und völlig neuen Geschäftsmodellen: „Künftig wird man von der Kommunikation überhaupt nichts mehr sehen. Die Netzintelligenz kann man überall abrufen. Man muss sich überhaupt keine Gedanken mehr machen über spezielle Endgeräte, die Auswahl von Diensten, das Netzwerk oder Serviceprovider. Ich muss kein Ziel mehr eingeben über Telefonnummern, IP-Adressen oder Links. Alles das wird von intelligenten semantischen Netzen übernommen. Die Bedeutung der Anfrage wird automatisch in Einzelteile zerlegt, an unterschiedliche Ziele geschickt und zurück kommt der gewünschte Service oder das fertige Produkt. Selbst Roboter werden über das Internet miteinander kommunizieren. Dann sitzt ein R2D2 in Australien und sorgt für die Wartung meiner Solaranlage in der Sahara“, so die Vision von Bernd Stahl vom Netzwerkspezialisten Nash Technologies.
Hier liege eine riesige Chance für Startups. Denn das sei viel cooler als alles, was Google oder Facebook heute bieten würden. „Die großen Internet-Konzerne haben noch nicht die bahnbrechenden Ideen, wie das gehen könnte. Aber diese Entwicklung wird kommen“, prognostiziert Stahl. Wenn es gelingt, die Semantik von Texten, Bildern, Gesten und künstlerischen Darbietungen durch standardisierte Begriffe so zu formalisieren, dass die so gewonnenen Daten maschinenlesbar sind, dann könnte die Vision einer Antwortmaschine Realität werden. „Ich möchte nicht mehr auf Links klicken; ich möchte Fragen stellen und Antworten bekommen”, erklärt der Computerwissenschaftler und Kolumnist Vivek Wadhwa gegenüber dem Spiegel. Googles auf Werbung basierendes Geschäftsmodell habe sich überlebt: „Die Industrie entwickelt sich sehr schnell weiter – neue Technik wird Google zunehmend überflüssig machen.” Dann beginnt das Spiel wieder von vorn. Reboot!