Es ist keine gute Idee, wenn Händler die Digitalisierung auf die lange Bank schieben

Auch wenn wir erst am Anfang dieser Entwicklung stehen, Künstliche Intelligenz (KI) und kognitive Computersysteme werden viele Bereiche unseres Lebens verändern. Einer dieser Bereiche ist der Handel, der sich durch den Einsatz von intelligenten Systemen einen enormen Wettbewerbsvorteil verspricht. Die Internet World Messe erklärt, wo die Stärken und Gefahren von intelligenten Systemen liegen.

Aktuelle Studien sagen einen jährlichen Anstieg des Wirtschaftswachstums um drei Prozent in Deutschland bis 2035 voraus – allein durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Im Vergleich dazu stünde uns ohne die neuen Technologien nur eine jährliche Wachstumsrate von 1,4 Prozent bevor. Kognitive Computersysteme wollen den Menschen helfen, datenbasiert bessere und fundiertere Entscheidungen zu treffen. Dabei können intelligente Systeme ihr „Wissen“ aus den unterschiedlichsten Quellen ziehen. Watson z.B., das kognitive Computersystem aus dem Hause IBM, kann nicht nur sämtliche Datenformate verarbeiten, Watson versteht auch Sprache und kann Bilder erkennen.

Wettbewerbsvorsprung, der kaum mehr eingeholt werden kann

Zwar gibt es bislang noch sehr wenige Händler, die bereits auf KI setzen und damit experimentieren. Doch je früher Unternehmen damit beginnen, eigene Erfahrungen zu sammeln, Daten zu verknüpfen und zu interpretieren, desto größer wird der Wettbewerbsvorsprung ausfallen. Man nehme nur Amazon: Das Unternehmen wuchs zu seiner Größe, weil es massiv auf Technik setzte und viele Abläufe automatisierte. Heute sorgt Amazon Echo dafür, dass KI in jedem Haushalt einziehen könnte und dort zum zentralen Einkaufsassistent wird. Der rasche Fortschritt lässt vermuten, dass die Durchdringung von KI im Handel bereits in fünf Jahren deutlich höher sein wird als heute. Und dann wird es schwierig für zurückhaltende Händler, den Vorsprung wieder aufzuholen.

Relevante Werbung durch hochpersonalisierte Kundenansprache

Kognitive Computersysteme wie Watson von IBM sind in der Lage, Daten aus den verschiedensten Quellen zu vereinen und daraus ein aussagekräftiges Kundenprofil zu erstellen. So kann Watson z.B. intern vorhandene Daten zur Kundenhistorie mit dem öffentlich zugänglichen Social Media Profil des Kunden verknüpfen und mit Daten zum Wetter oder lokalen Events in Echtzeit ein ganz individuelles Angebot erstellen. Dann bekommt z.B. der Kunde, der regelmäßig Winterurlaub in Kitzbühel macht, automatisiert die neueste Premium-Kollektion für Wintersportmode angeboten, während Kunden, die bei Facebook Freeride Contests liken, Angebote für Snowboard-Equipment erhalten – am besten verknüpft mit den aktuellsten Snow Powder-Vorhersagen. „Digitalisierung verknüpft mit kognitiven Technologien oder Künstlicher Intelligenz birgt gewaltige Vorteile für Händler in der Kundenansprache“, weiß Melisa Hadzic, Leiterin der Internet World Messe. „Schließlich wäre es ein großer Mehrwert für den Shopbetreiber, nicht nur zu vermuten oder zu raten, was seine Kunden wann und wo wollen. Der Händler, der diese Aufgabe als erster meistert, wird immense Wettbewerbsvorteile davontragen.“

Die Zukunft wird viele alte Geschäftsmodelle ablösen

Zusammenfassend ist es also keine gute Idee, wenn Händler die Digitalisierung ihres Unternehmens auf die lange Bank schieben wollen. Gerade im Handel, dessen Point of Sales zunehmend zusammenwachsen, entstehen so viele Touchpoints mit dem Kunden, von denen Unternehmen lernen können, wie in kaum einer anderen Branche. Händler, die wachsen und auch in 10 Jahren noch erfolgreich sein wollen, müssen daher jetzt in eine digitale Infrastruktur investieren und beginnen, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dr. Jens-Uwe Meyer, Innovationsvordenker, Autor und Management-Berater erklärt: „Mittelstandsbetriebe müssen lernen, die Uhr auf die Stunde Null zurückzustellen und sich fragen ‚Wenn sie das Unternehmen heute gründen würden – wäre es das gleiche?’“ Und er ergänzt: „Geschäftsmodelle werden nicht nur digitalisiert, sondern komplett neu erfunden. Dieser Prozess wird nicht aufhören. Durch neue Technologien werden Unternehmen in den kommenden Jahren gezwungen sein, kontinuierlich ihre Geschäftsmodelle zu überdenken und neu zu erfinden.“