„Er ist eine Verkaufsmaschine“: Wie ein KI-Spickzettel im Direktmarketing hilft

Künstliche Intelligenz im Direktmarketing: Wie kann KI in diesem Feld helfen? Alexander Franke kennt sich damit aus. Er ist Gründer des Startups botconnect, das einen Assistenten entwickelt hat, der Mitarbeitern beim Direktmarketing hilft. Im Interview mit der absatwirtschaft erklärt er, wie das funktioniert.
Alexander Franke, Gründer des Startups botconnect

Sie gehören zu einer Gründergeneration, die wie selbstverständlich mit KI experimentiert. Was unterscheidet Ihre Bots von denen anderer Startups?
Viele entwickeln so genannte Service-Chatbots, die autonom mit Kunden interagieren und auf ihre Probleme reagieren: Wie ändere ich meine Adresse? Wann kommt meine Sendung? Unser Assistent dagegen hilft Mitarbeitern beim Direktmarketing. Er ist eine Verkaufsmaschine.

Wie funktioniert sie?
Bevor oder während Mitarbeiter mit Kunden sprechen, schlägt unsere KI das individuell passende Produkt vor und wie man es am besten anbietet. Das funktioniert, indem sie die Daten des Kunden und mit denen der Produkte vergleicht. So wie bei Amazon, wenn es heißt, Kunden, die dieses Buch kauften, haben sich auch für jenes interessiert. Unsere Software gibt dem Mitarbeiter darüber hinaus Hilfen für das Gespräch: Welche Fragen kann er stellen, um herauszufinden, was der Kunde brauchen könnte? Es ist eine Art intelligenter Spickzettel.

„Unsere KI schlägt individuell passende Produkt vor”

Irritiert es die Verkäufer nicht, wenn sie sich gleichzeitig mit den Kunden unterhalten und auf ihren Bildschirmen lesen müssen, was der Bot empfiehlt?
Das war das erste, was wir getestet haben. Schließlich sollen sich die Mitarbeiter in erster Linie auf die Kundengespräche konzentrieren. Wir haben dabei gelernt, dass die Vorschläge sehr einfach formuliert sein müssen. Es sind Stichwörter, wie eine Souffleuse sie gibt. In dieser Form funktioniert das sehr gut.

Zum Beispiel?
(ruft eine Demo auf dem Smartphone auf und liest vor) Bestes Angebot für Ihren Kunden: Risikolebensversicherung. Oder hier, ein Vorschlag für eine Frage: Wie sind die Menschen, die Ihnen am Herzen liegen, abgesichert? Ist der Kunde interessiert: Ja – Ja, aber nicht jetzt – Nein. Der Mitarbeiter klickt sich durch wie in einem Menü.

Das heißt, er interagiert sogar mit der Software und liest nicht nur. Ganz schön anspruchsvoll.
Mitarbeiter in Call Centern haben an ihren Bildschirmen ohnehin mehrere Fenster offen, mit Informationen über die jeweiligen Kunden und die Produktwelt. Unsere Lösung bedeutet ein zusätzliches Fenster. Man kann es nutzen, muss aber nicht. Viele Mitarbeiter im Call-Center, aber auch im Aussendienst sind davon sehr angetan. Ohne unseren Assistenten müssten sie viel mehr Zeit investieren, um den Kunden zu verstehen: Wie alt ist er, in was für einem Haushalt lebt er, welche Produkte hat er schon, was könnte ihn noch interessieren? KI nimmt ihnen diese Arbeit ab.

Ist der Mitarbeiter-Assistent schon im Einsatz?
Eine große Versicherung hat gerade den internen Test erfolgreich abgeschlossen. Ein Energieversorger in Polen stattet sein Vertriebsteam damit aus. Auch ein Hausgerätehersteller plant mit uns derzeit die Umsetzung.

„Eigenschaften wie Empathie, Humor, Kreativität hat eine KI nicht”

Haben Sie eine Alleinstellung?
Zurzeit haben wir direkte Wettbewerber in den USA und in Indien, aber nicht in Deutschland.

Wo liegen die Grenzen des Systems?
Eigenschaften wie Empathie, Humor, Kreativität hat eine KI nicht. Die sind fürs Direktmarketing unentbehrlich. Verkaufen fängt ja da an, wo die Kunden Nein sagen oder ausweichen. Und genau da braucht ein Marketer seine menschlichen Stärken.

Wird die Entwicklung weiter gehen?
Wir haben natürlich Träume, was die Lösung noch alles können soll. Zum Beispiel den Dialog in Echtzeit unterstützen. Bisher werten die Algorithmen CRM-Daten aus, die bereits vorhanden sind. Wir möchten, dass sie auch Sprachdaten analysieren und aus der laufenden Unterhaltung heraus Vorschläge machen. Dass sie beispielsweise, wenn Kunden Konkurrenzprodukt erwähnen, die Vorzüge des eigenen Produkts herausstellen. Einwandbehandlung nennt sich das.

Lässt sich Ihre Lösung auch auf andere Gesprächssituationen anwenden – etwa auf Verhandlungen?
Im Prinzip ja. Man müsste schauen: Welche Daten haben wir als Grundlage? Bisher war dies aber kein Schmerzpunkt unserer Kunden. Die Vertriebsmitarbeiter waren vor allem davon genervt, dass sie sich immer wieder auf die Schnelle schlau machen mussten: Wer ist mein Kunde, und was kann ich dem verkaufen? Darauf konzentrieren wir uns.

(mat) führte ihr erstes Interview für die absatzwirtschaft 2008 in New York. Heute lebt die freie Journalistin in Kaiserslautern. Sie hat die Kölner Journalistenschule besucht und Volkswirtschaft studiert. Mag gute Architektur und guten Wein. Denkt gern an New York zurück.