Deutsche Technologie ermöglicht Spiele in großen US-Sport-Ligen

Der wichtigste bayerische Export für die nordamerikanische Basketball-Profiliga NBA war lange Dirk Nowitzki – derzeit dürfte es ein kleines, weißes Gerät eines Münchner Start-up-Unternehmens sein. Die Technologie hilft auch über den Sport hinaus dabei, Corona-Infektionen vorzubeugen.
Die amerikanische Basketballliga NBA spielt ihre Saison ohne Publikum und von der Außenwelt weitgehend isoliert in Disney World in Orlando/Florida zu Ende. (© Imago)

Von Christof Rührmair, dpa

Bayerns derzeit vielleicht wichtigster Beitrag zum nordamerikanischen Profisport wirft weder Körbe noch trägt er einen Football durch gegnerische Verteidigerlinien. Es ist ein unscheinbares, rechteckiges, weißes Gerät, einige Zentimeter groß und 15 Gramm schwer. Es soll den Profiligen für Basketball und Football, NBA und NFL, helfen, trotz Corona-Pandemie zu spielen.

Safe Zone heißt die Technologie des Münchner Unternehmens Kinexon, und ihr geht es vor allem um Abstand. Trainer, Mitarbeiter und Spieler tragen die Minigeräte – etwa als Armband – einer Sprecherin zufolge auf dem Veranstaltungsgelände. Ausgenommen sind Spiele und Trainingseinheiten. „Auf diese Weise kann dennoch ein sicherer Spielbetrieb gewährleistet werden“, heißt es bei Kinexon.

Ähnliche Funktionsweise wie Corona-Warn-App

Im Prinzip funktionieren die Geräte ähnlich wie die bekannte deutsche Corona-Warn-App. Sie prüfen, wie nah zwei Sender einander kommen. Daraus ergeben sich zwei Anwendungsmöglichkeiten: Im einfachen Fall blinkt das Gerät, wenn ein eingestellter Mindestabstand unterschritten wird und gibt einen Warnton ab. Zudem kann gespeichert werden, wie lange sich zwei Chips nahe gekommen sind, damit im Falle einer Infektion nachvollzogen werden kann, wer sich möglicherweise angesteckt hat, weil er lange genug nah am Infizierten war. Weil nur der Abstand, nicht aber der Ort gemessen wird, und die Daten pseudonymisiert erhoben werden, sei der Datenschutz gewährleistet, versichert Kinexon-Mitgründer Oliver Trinchera. „Niemand muss wissen, wer die infizierte Person ist“, sagt er.

Er ist klein, weiß und rechteckig: der Abstandshalter soll dafür sorgen, dass Profi-Sportler und Fabrikarbeiter trotz Corona ihren Job machen können. © Kinexon

Doch anders als die Corona-Warn-App, die das an Technik nutzen muss, was Smartphones an Bord haben, kann das speziell dafür designte Gerät laut Trinchera den Abstand sehr genau erheben. „Wir nutzen die Signallaufzeit zwischen zwei Geräten“, erklärt er. Da die Signale sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiteten, könne man daraus die Entfernung ermitteln. Das sei viel genauer als eine auf der Stärke des Bluetooth-Signals basierende Messung und werde auch nicht beeinflusst, wenn beispielsweise jemand zwischen den beiden Geräten stehe. So lasse sich „mit chirurgischer Präzision“ bestimmen, wer betroffen sein könnte.

Die NBA nutzt die Technologie für ihr Saisonabschlussturnier, für das sich alle Mannschaften auf dem Gelände von Disney World in Orlando zusammengefunden haben und von der Außenwelt weitgehend isoliert werden. Die NFL nutzt die Technologie derzeit in der Vorbereitungsphase auf die neue Saison. Auch in Deutschland kam die Technologie bereits zum Einsatz: Beim Finalturnier der Basketball-Bundesliga in München.

Technologie erhebt auch Leistungsdaten von Sportlern

Dass Kinexon bei so vielen Sportereignissen zum Zug kommt, liegt auch daran, dass das Unternehmen schon länger im Sportbereich tätig ist. Mit Geräten des Unternehmens lassen sich auch Leistungsdaten von Profisportlern erheben. Das Produkt Safe Zone ist letztlich nur eine Ableitung dieser Technologie. 70 Prozent der NBA-Vereine nutzten die Technik zur Messung der Leistungsdaten, sagt Trinchera. Auch Teams der Fußball-Bundesliga nutzen die Technologie.

Der Sport ist aber nicht der einzige Kunde für Safe Zone. Auch in der Industrie wird die Technologie eingesetzt, um beispielsweise in der Fertigung Abstände zwischen Mitarbeitern zu überwachen und im Falle einer Infektion zielgenau gegen sie vorgehen zu können. Zu den Kunden gehört unter anderem Henkel. Der Konsumgüterkonzern setzt die Technik derzeit in einem Werk in Polen ein. „Die Technologie ist vielversprechend und wir prüfen, ob wir die Nutzung weiter ausrollen“, sagt eine Sprecherin.

Kinexon selbst designt seine Produkte nur, gefertigt werden sie allerdings ebenfalls in Bayern, wie Trinchera sagt. Derzeit hat das Unternehmen rund 200 Mitarbeiter an drei Standorten: München, New York und Chicago.