Die Instagram-Blogger und ihr Erfolgsrezept: Gezieltes Content Marketing lockt die Werbeindustrie

Wenn Dagi Bee auf ihrem Youtube-Kanal Beauty-Tipps gibt, interessiert das bis zu drei Millionen Follower. Fitness-Model Pamela Reif versammelt bereits mehr als zwei Millionen an PC, Tablet oder Smartphone, wenn sie auf ihrem Instagram-Account Beiträge zu Sport und Mode postet. Andere Youtuber werkeln hingegen eher im Verborgenen. Um die unterschiedliche Wahrnehmung zu entschlüsseln, wurden die 20 erfolgreichsten Instagram-Blogger in Deutschland detailliert untersucht.
Pamela Reif und Dagi Bee

Social-Media-Accounts von Germanys Next Top Model-Gewinnerin Stefanie Giesinger oder Fußballstars wie Mesut Özil werden viel beachtet, für andere interessieren sich im Web nur Hardcore-Fans. „Um die die Gründe für die unterschiedliche Wahrnehmung zu entschlüsseln, wurden die 20 erfolgreichsten Instagram-Blogger in Deutschland detailliert untersucht“, erläutert Prof. Dr. Julian Kawohl von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin: „Damit konnte herausgefunden werden, welches Vorgehen auf den Social Media-Plattformen die Aussicht auf mehr Follower, höhere Aufmerksamkeit und positive Kommentare erhöht.“ Kawohl und die Betriebswirtin Ulrike Nestler analysierten die Instagram-Blogger Deutschlands. Die Studie entschlüsselt, nach welchem System die wichtigsten deutschen Instagram-Blogger mit ihren Followern interagieren.

900 Instagram-Beiträge wurden detailliert ausgewertet

Untersucht haben Prof. Dr. Kawohl und die Betriebswirtin Ulrike Nestler in einer  umfassenden Content-Recherche über einen Zeitraum von einem Monat die Instagram-Accounts von acht Youtubern (Bibi, Dagi Bee, Dner, Julian, Julien Bam, Liont, Melina Sophie und Paola Maria), von sechs Fußballern (Jerome Boateng, Lukas Podolski, Marco Reus, Mario Götze, Mesut Özil und Toni Kroos), den Bundesligavereinen Bayern München und Borussia Dortmund, den Models Heidi Klum und Stefanie Giesinger, dem Fitness-Model Pamela Reif sowie der Wissensseite „Faktastisch“. Die Auswertung der analysierten 900 Instagram-Beiträge decken zudem auf, wie stark die Follower auf die Beiträge der Stars in Form von Likes und Kommentaren (Comments) reagieren.

Die meisten Interaktionen bei der Untersuchung erreichte Beauty-Bloggerin Bibi

Die Spitzenposition der aktivsten Fan-Kontakte nehmen dabei die Youtube-Blogger ein. Die Interaktions-Rate – also die Summe der Likes und Comments im Verhältnis zur aktuellen Follower-Zahl – beträgt 5,98 Prozent. Damit reagiert im Schnitt knapp jeder 16. Follower mit einer aktiven Aktion auf einen Post. Die Quote der Youtuber liegt dabei deutlich höher als bei den anderen Blogger-Kategorien. Fußballer (2,34 Prozent) und die Vereine (1,92 Prozent) liegen nur bei etwa einem Drittel der Response-Quote. Die meisten Interaktionen bei der Kawohl-Untersuchung erreichte Beauty-Bloggerin Bibi. Im Schnitt reagierte jeder zehnte der 3,2 Millionen Follower aktiv auf ihren Instagram-Post.

Zum Erfolgsrezept gehört bei Bibi ebenso wie bei Youtube-Kollegin Dagi Bee oder der privaten Bloggerin Pamela Reif eine Konzentration der Inhalte auf die Kernkompetenz. „Mit gerade einmal vier bis sechs Beiträgen über die Woche verteilt fokussieren sich alle drei gezielt auf Kerninhalte zu Mode und Reisen“, so Kawohl: „Von dieser Regel wird – egal was kommt – nicht abgewichen.“ Hingegen machen viele andere werdende digitale Stars nach den Anfangserfolgen den Fehler, übermütig zu werden und sich zu verzetteln. „Doch ´Viel hilft viel` stimmt im Social Web nicht. Wenn kein Markenkern erkennbar ist und die Posts beliebig werden, ist das der sichere Weg auf der Erfolgsleiter nach unten“, betont Prof. Dr. Kawohl.

Unternehmen, ihre Werbung und die Blogger

Wichtig ist die Analyse von Instagram & Co. inzwischen für viele Unternehmen, die solche Auftritte für Werbebotschaften auswählen. Prof. Dr. Kawohl: „Blogger nutzen Popularität und Reichweite, den Besuchern gezielt Produkte eines Partnerunternehmens vorzustellen.“ Die private Bloggerin Pamela Reif etwa hat in ihren Instagram-Beiträgen eine Werbequote von rund 83 Prozent. „Das schadet der Reichweite aber nicht“. Kein Wunder, dass bei so viel Werbe-Akzeptanz die Unternehmen diese Art von Werbung immer stärker nutzen. Fitness-Model Reif bindet die Uhren-Marke Kapten&Son sowie die Fitnesstees von skinnymint in die Beiträge ein und vermarktet die Produkte glaubhaft. Darüber hinaus setzt die Bloggerin oft Fashion- und Lifestyle-Produkte von Luxus-Marken wie Louis Vuitton, Yves Saint Laurent oder Puma in Szene. Auch aus diesem Grund wird Pamela Reif als Social Media-Benchmark der Studie bewertet. Sie befindet sich damit sogar noch weit vor Heidi Klum, die in Beiträgen Werbung für die eigene Unterwäsche-Kollektion Intimates oder Hinweise zu Fernsehformaten wie Germanys Next Topmodel oder America’s Got Talent platziert. Aber die Strategie ist selbst bei der erfahrenen TV-Größe bei weitem nicht so ausgeklügelt wie bei Reif.

Fußballstars platzieren gezielt Werbebotschaften

Bei den persönlichen Accounts prominenter Fußball-Stars werden auch Werbebotschaften platziert. Beim Dortmunder Fußballer Marco Reus bringen sich die Modemarken PerSuit oder der Videospiel-Hersteller EA ein, obwohl er sich persönlich vergleichsweise selten im Social Web zu Wort meldet. Viel häufiger als Reus postet Jerome Boateng, der fast jeden Tag eine neue Botschaft an seine Follower hat. Dabei präsentiert der mode-affine Fußballer sich immer wieder in anderen Outfits und macht so Werbung für seinen Ausrüster Nike sowie den Brillen-Shop edel-optics, der die eigene jb Brillen-Kollektion anbietet. Ebenso gezielt platziert Lukas Podolski die Sport-Street-Wear-Marke Straßenkicker. Neben der Produktwerbung bieten die Fußballer auf ihren Instagram-Accounts als Markenträger für den eigenen Fußballverein auch Bilder zu aktuellen Spielen oder Selfies mit Mannschaftskollegen. Viele Fußballstars und Celebrities nutzen zudem private Postings, um bei Followern zu punkten. „Gezielt wird der Mensch hinter dem Star vorgestellt, um die Distanz zu den Fans abzubauen. Das wirkt sich ebenfalls positiv auf die Reichweite aus“, so Kawohl. Erfolgreich sind hier etwa die Fußballer Mesut Özil oder Jerome Boateng. Mario Götze veröffentlicht zudem unterhaltsame Videos, die den Vierundzwanzigjährigen als besonders sympathisch erscheinen lassen sollen.

„Friends-Netzwerk“ sorgt für hohe Aufmerksamkeit

Kawohl und Nestler haben in ihrer Studie ebenfalls herausgearbeitet, wie ein enges Netzwerk aus Freunden und befreundeten Kollegen im Netz genutzt wird, um durch gegenseitiges Verlinken und Empfehlungen die Reichweiten zu steigern. „Das ist ein durchdachtes Geben und Nehmen nach dem Motto: Empfiehlst Du mich, empfehle ich Dich“, erläutert Digital-Expertin Nestler. Manchmal helfen dabei auch enge private Verbindungen: Youtuber Julienco, privat mit Bianca alias Bibi liiert, ist stets in den Beiträgen seiner Freundin präsent, die wiederum ihren Freund und andere Blogger-Kollegen in ihren Beiträgen zu Mode und Lifestyle einbindet. Auch ohne private Verbindung zeigen Youtuber wie Dagi Bee, Dner, Julien Bam, Melina Sophie und Paola Maria, ebenfalls gezielt viele Bilder mit befreundeten Blogger-Kollegen. Einzig der Youtuber Lion hat diese Strategie nicht optimiert und fällt deshalb auch beim Follower-Anstieg und der Interaktionsrate hinter seine Youtube-Kollegen zurück.

Mit einfachen Grundregeln zum Erfolg?

Auch Nicht-Promis können auf den Social Media Kanälen Erfolge erzielen, wenn sie die Studien-Ergebnisse gezielt nutzen.

Erste Grundregel: Die Definition eines klaren inhaltlichen Fokus, am besten auf eine Nische. „Es bringt also nichts, den x-ten Food-Blog zum Mode-Thema veganes Essen zu launchen“, so Kawohl. Wenn man denn dann eine interessante und nicht zu enge Nische gefunden hat, so ist dort durch glaubwürdige Postings eine Kernkompetenz aufzubauen und mit einem klaren roten Faden einen einzigartigen und wiedererkennbaren Blogauftritt zu kreieren

Zweite Grundregel: Mit 1-2 Beiträgen pro Tag sollte man die Leser nicht überfordern. Die Follower-Zahl lässt sich dabei zunächst über „Friends & Family“ steigern.

Dritte Grundregel: Im nächsten Schritt gilt es, selbst andere Blogs zu liken bzw. zu kommentieren, um Aufmerksamkeit für die eigenen Inhalte über die bereits bestehende Community zu erzeugen. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass sich mit diesem Vorgehen relativ schnell eine Followerzahl von einigen tausend Anhängern aufbauen lässt“, sagt Managementprofessor Kawohl.

Vierte Grundregel: Kontinuierlich an der eigenen Marke arbeiten, sich auf themenbezogenen, reichweitestarken Events zu präsentieren und den Blog stetig zu professionalisieren (z.B. durch verbesserte Foto- und Videoaufnahmen).

Fünfte Grundregel: Produkte, die man nutzt, geschickt miteinbinden und durch passende Werbepartner zusätzliche finanzielle Mittel bekommen.