Die Geschichte hinter dem Markennamen Bluetooth

Die kuriose Entstehungsgeschichte eines Markennamens, der an der Bar entstanden ist und sich gegen große Widerstände durchsetzen musste.
Bluetooth
Was hat ein blauer Zahn mit einem Funkstandard zu tun? (© Bluetooth (Montage: Olaf Heß))

Mitte der 90er-Jahre fand sich eine „Special Interest Group“ (SIG) zusammen, um einen Industriestandard für die kabellose Datenübertragung zwischen Geräten auf kurzer Distanz zu entwickeln. Beteiligt daran waren unter anderem Ericsson, Nokia, IBM, Toshiba und Intel. Federführend waren der niederländische Professor Jaap Haartsen und der Schwede Sven Mattisson unter Beteiligung weiterer, meist skandinavischer Wissenschaftler und Ingenieure.

Anfangs hatte jedes Unternehmen einen anderen Arbeitstitel für das Projekt. Auf einer Zusammenkunft in Toronto im Herbst 1996 kam die Gruppe zu der Erkenntnis, dass man einen einheitlichen Namen brauchte – zumindest erst mal als Codename. Der Intel-Vertreter der Gruppe, Jim Kardach, hatte sich kurz zuvor ein Buch über Wikinger besorgt, weil er mehr über die Kultur und Geschichte der Skandinavier erfahren wollte, mit denen er jetzt zusammenarbeitete. Nach dem ersten Meeting ging er mit Sven Mattisson in eine Bar. Nach ein paar Bier kam Jim Kardach auf die Idee zum ­Namen Bluetooth. Er begründete dies damit, dass König Harald Blauzahn berühmt dafür war, Skandinavien vereint zu haben, ebenso wie man nun versuchte, die PC- und Mobilfunk-Industrie mit einer kabellosen Short-Range-Verbindung zu vereinen.

Mattisson fand den Vorschlag gut, befürchtete aber, ihn nicht bei den Gesellschaftern durchsetzen zu können. Auch der Marketingchef von Intel, Simon Ellis, fand den Namen zunächst schrecklich. Erst als Kardach ihm ein Bild aus dem besagten Wikingerbuch zeigte, wurde er aufmerksam. Darauf war ein Runenstein mit einer Skizze von Harald Blauzahn zu sehen, die er mit einem Stift nachgezeichnet hatte. So wirkte sie wie eine mittelalterliche Comicfigur. Ellis konnte sich damit anfreunden und regte an, der Gestalt in die eine Hand ein Laptop und in die andere ein Mobiltelefon zu malen.

Der Wikingerkönig hatte seinen Namenszusatz wahrscheinlich einem blau-schwarz verfärbten Schneidezahn zu verdanken. Er vereinigte um das Jahr 970 herum unter anderem Dänemark und Norwegen und öffnete sein Reich als erster nordischer Führer für das ­Christentum.

Jim Kardach gab den Namen an die Intel-Rechtsabteilung zur Markenrecherche, die ihm zunächst wenig Hoffnung machte, da man dort davon ausging, dass bestimmt irgendeine kleine amerikanische Stadt oder ein Berg so heißen und jemand bereits Markenrechte dafür gesichert hatte. Erstaunlicherweise war das nicht so.

Beim nächsten Meeting in Schweden wurde Jim Kardach zum Chairman und Simon Ellis zum Marketingleiter der SIG gewählt, auch weil Intel quasi neutral war gegenüber den jeweiligen Wettbewerbern Ericsson und Nokia auf der ­Mobilfunkseite und Toshiba und IBM bei den PCs.

Kardach begann das Meeting mit den Worten: „Okay, wir haben ein Problem, wir werden dieses Low-Power-Radio bauen, aber wir haben uns noch nicht für einen Codenamen entschieden. Einige nennen es MCLINK, andere BIZRF. Wir werden den Codenamen Bluetooth verwenden.“ Danach herrschte zunächst Totenstille. Simon Ellis schränkte ein, dass es sich ja nur um einen vorüber­gehenden Codenamen handele. Später lobte er 500 Dollar für einen besseren Vorschlag aus, mit dem man dann an den Markt gehen wollte. Es kamen ­Vorschläge wie „Flirt“ von Ericsson, ­„Conductor“ von Nokia und bei einem der nächsten Meetings wurde ein Vorschlag von IBM einstimmig gewählt. Er lautete PAN für „Personal Area Network“.

Allerdings stellte sich schnell heraus, dass der Name PAN markenrechtlich überhaupt nicht funktionierte. Und der einzige Name, der markenrechtlich unbedenklich und direkt eintragungsfähig war, war Bluetooth. Das war ausschlaggebend für die Wahl des Namens. Direkt wurde ein passendes Logo in Auftrag gegeben. Basierend auf dem altnordischen Runenalphabet zeigt es die Runen  Hagalaz (H) und  Berkano (B) für den Wikingerkönig Harald Blauzahn (Bluetooth).

Doch selbst während der Marktein­führung gab es noch harte Diskussionen über den Namen. Sogar die von der SIG engagierte internationale ­PR-Agentur Edelman wollte „Bluetooth“ nicht verwenden und fand die Runensteine aus Granit mit dem Bild von König Blauzahn, die als Werbegeschenke an die Presse ausgegeben werden sollten, ziemlich albern. Erst die Drohung mit der Entziehung des Mandats ließ Edelman nachgeben.

Letztendlich war der Start ein voller ­Erfolg. Die Presse liebte den Namen Bluetooth, benannt nach einem Wikingerkönig aus dem 10. Jahrhundert. Schließlich gewann Edelman dafür ­sogar eine Auszeichnung für die beste Markteinführung des Jahres. Heute werden pro Jahr über vier ­Milliarden Produkte mit Bluetooth-Technologie ausgeliefert. Die Bluetooth SIG Inc. ist eine Non-Profit-Organisation mit inzwischen über 36.000 Mitgliedsunternehmen, die alle eine Zertifizierung durchlaufen haben und die jährlich ­zwischen 9600 und 35.000 Dollar pro Produkt für die mit strengen Auflagen belegte Nutzung des Bluetooth-Markenzeichens bezahlen.

Dr. Bernd M. Samland ist Gründungsgeschäftsführer von Endmark und verantwortet damit seit 25 Jahren die Entwicklung von mehr als 1800 Markennamen. Er ist Fachbuchautor und Lehrbeauftragter am Management Center Innsbruck (MCI), an der TU Graz und an der Universität zu Köln. Im Juli 2020 erschien sein neues Buch "Naming für erfolgreiche Marken".