Die Geschichte hinter dem Markennamen Barbie

Mit der Barbie fand eine deutsche Erfindung in den 1960er Jahren zunächst den Weg in die US-Kinderzimmer. In der Folge trat die Puppe einen weltweiten Siegeszug an.
Barbie
Zubehör und wechselnde Outfits sind unter Marketing-Gesichtspunkten genial. (© Barbie (Montage: Olaf Heß))

­­Was hat eine amerikanische Barbie-Puppe mit der deutschen „Bild“-Zeitung zu tun? Nun, in der ersten Ausgabe der „Bild“ im Juni 1952 erschien eine Comic­figur namens Lilli. Diese war jung, blond, langbeinig, sexy und ein Werk des Karikaturisten Reinhard Beuthien. Die Abenteuer von Lilli, die oft typische Blondinen-Klischees bedienten, kamen so gut bei den Lesern an, dass die Redaktion nach einiger Zeit beschloss, dazu eine Puppe – zunächst als Werbemittel für die „Bild“-­Zeitung – produzieren zu lassen.

Modelliert hat sie Max Weißbrodt von der Firma O. & M. Hausser in Neustadt bei Coburg. Von 1955 an konnte die Hartplastikpuppe von jedermann erworben werden und es wurden bis 1959 circa 130.000 Stück verkauft. Das war viel, wenn man bedenkt, dass in den meisten Nachkriegshaushalten das Geld für Spielereien knapp war. Allerdings wurden die Puppen in der Regel nicht für Kinder gekauft, sondern dienten eher Werbe- und Deko-Zwecken.

Entdeckt von der Ehefrau des Mattel-Mitgründers

Ruth Handler, Ehefrau des Mattel-Mitbegründers Elliot Handler, entdeckte 1957 eine Lilli-Puppe auf einer Schweiz-Reise in einem Schaufenster in Luzern. Sie kaufte die circa 30 Zentimeter große, ­mit einem blonden Pferdeschwanz ausgestattete Puppe und brachte sie ihrer Tochter Barbara mit. Diese war begeistert und begann schnell, die Puppe neu zu frisieren und anders einzukleiden.

Das bestärkte Ruth Handler darin, die Idee einer Mannequin-Puppe wieder aufzunehmen, die ihr Mann bereits
Anfang der 50er-Jahre abgelehnt hatte. Ihr Mann, der seit 1945 Spielzeug unterschiedlichster Art – darunter auch bereits Puppen und Puppenstuben – herstellte und vertrieb, glaubte, dass die Produktion zu teuer wäre. Außerdem war er der Ansicht, dass Mädchen Puppen eher knuddeln als anziehen wollen. Tochter Barbara bewies das Gegenteil und so plante Mattel eine eigene Mannequin-Puppe. Der Spitzname der Tochter war „Barbie“, weshalb es zu dem ­Projektnamen „Barbie“ kam. Den fanden alle so gut, dass es dabei blieb, als das Produkt 1959 erstmals auf der New Yorker Spielzeugmesse „American Toy Fair“ der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Mattel hatte allerdings keinerlei Lizenzen erworben, zumal weder der deutsche Hersteller noch der Axel-Springer-Verlag entsprechende Rechte in den USA gesichert hatten.

Barbie begeisterte junge Mädchen

Das Produkt war kein Renner auf der Messe. Erst im Einzelhandel waren es die Kinder – vornehmlich junge Mädchen –, die ihre Eltern beknieten, eine Barbie-Puppe zu kaufen. Das unter ­Marketing-Gesichtspunkten Geniale an diesem Produkt war, dass man ständig neue Kleidung und anderes Zubehör ­dazukaufen konnte. So entstand eine ganze Barbie-Welt mit einer dynamischen Nachfrage nach weiteren Inhalten. 1961 kam „Barbies Freund“ Ken ­dazu, benannt nach Barbara Handlers Bruder. Mattel wurde von der enormen Nachfrage total überrascht und kam mit der Produktion nicht nach. Neue Produktionskapazitäten mussten schnell geschaffen werden.

Obwohl die amerikanische Barbie nicht mehr allzu viel mit der deutschen Lilli gemein hatte, gab es rechtliche Konflikte, deren Streitsumme zwar geheim gehalten wurde, die aber mit dem Welt­erfolg stetig weiterwuchs. Erst 1964 einigte sich Mattel mit O. & M. Hausser und ­erhielt damit auch die Exklusivrechte, sodass es danach keine deutsche Lilli mehr zu kaufen gab. Die „Bild“ hatte unabhängig vom Barbie-Boom die Comicserie im Blatt bereits 1961 eingestellt.

Lange Geschlechterklischees bedient – mittlerweile „politically correct“

In den darauffolgenden Jahrzehnten erweiterte Mattel das Portfolio um weitere Figuren, etwa Barbies Schwester „Shelly“ und ihre afroamerikanische Freundin „Christie“. Barbie gibt es inzwischen mit sieben verschiedenen Hautfarben, sogar mit muslimischem Hidschab und im Rollstuhl. Seit 2016 gibt es auch verschiedene Körperformen, zum Beispiel mit mehr Hüfte und kürzeren Beinen.

Auch Ken gibt es nun mit verschiedenen Haut- und Haarfarben, sogar mit Dutt, nur die primären Geschlechtsmerkmale fehlen Ken von Anbeginn an. Das ist wahrscheinlich eher der amerikanischen Prüderie geschuldet als einer frühen Form non-binärer Political Correctness. Denn bis zuletzt gab es viel Kritik, angefangen mit der Bedienung tradierter Geschlechterklischees. Seit sich die Marke „Barbie“ aber gegen Rassismus und für Diversity engagiert, gilt sie in weiten ­Kreisen als „politically correct“.

Dr. Bernd M. Samland ist Gründungsgeschäftsführer von Endmark und verantwortet damit seit 25 Jahren die Entwicklung von mehr als 1800 Markennamen. Er ist Fachbuchautor und Lehrbeauftragter am Management Center Innsbruck (MCI), an der TU Graz und an der Universität zu Köln. Im Juli 2020 erschien sein neues Buch "Naming für erfolgreiche Marken".