Herr Scharnberg, der Markt wird immer mehr digital. Da müssen stationäre Händler mit guten Ideen im Innenbereich punkten. Sie bieten Instore-Musik, Digital Signage, Duft und digitale Services/Mobile Marketing an. Wie innovationsfreudig sind Kunden heute wirklich?
Dass der deutsche Handel eher zögerlich in Innovationen investiert, ist kein Geheimnis. Das liegt aber auch ganz klar daran, dass die deutschen Konsumenten im internationalen Vergleich eher pragmatisch an den Einkauf herangehen. Die Atmosphäre im Geschäft spielt für die Deutschen nicht eine so große Rolle wie für Konsumenten in anderen Ländern; zu diesem Ergebnis ist auch unsere aktuelle internationale Einkaufsstudie gekommen. Die Deutschen möchten den Einkauf vor allem schnell und reibungslos erledigen. Die Smartphone-Nutzung beim Einkaufen ist eher gering – und wenn es gezückt wird, dann häufig, um die Preise zu vergleichen. Was Innovationen im Handel anbelangt, sind ganz klar die angelsächsischen Länder Vorreiter. Aber auch die Franzosen legen weitaus mehr wert auf Atmosphäre und digitale Features beim Einkaufen als wir, worauf der dortige Handel entsprechend mit weiteren Innovationen reagiert.
Also sind wir Deutschen noch gar nicht reif für digitalen Anreize wie mobile Promotions oder Virtual Shopping?
Doch, es zeichnet sich ganz deutlich ein Wandel ab: Die Millennials und vor allem auch die noch jüngere Generation nutzen beispielsweise ihr Mobiltelefon ganz aktiv beim Einkaufen. Über die Hälfte möchte beim Shoppen mobile Promotions und Angebote auf das Smartphone bekommen. Sie shoppen gerne im Geschäft und legen viel mehr Wert auf die Atmosphäre als die Älteren. Diese hypervernetzte weltoffene Generation, die aus dem Ausland ganz andere Shopping-Konzepte kennt, stellt auch an den Handel viel höhere Erwartungen.
Wie gehen Sie mit Ihren Kunden das Thema Digitalisierung an?
Wir setzen auf eine behutsame Digitalisierung. Ausgewogene Gestaltungsprozesse sind viel effizienter und weniger risikobehaftet, weil sie vorhandene Vorgänge und Menschen involvieren. Während auf der einen Seite eine technikaffine Generation von Kunden ans Ruder kommt, harren auf der anderen Seite noch Kunden der „alten Generation“, die sich auf ihnen vertraute Lösungen und Prozesse verlassen. Als Faustregel halten wir alles für sinnvoll, was das Einkaufserlebnis besonders macht – von einem tollen Musikkonzept über Digital Signage bis digitale Services – aber trotzdem dem Kunden die Möglichkeit bietet, seinen Einkauf schnell und reibungslos zu erledigen, wenn er es denn möchte. Zum Beispiel mit Selbstbedienungsterminals und digitalen Store-Assistenten. Generell sollten Händler ihr Geschäft nicht mehr nur als reine Verkaufsfläche nutzen. Für viele Händler kann es durchaus Sinn machen, ihre Ladenfläche zu verkleinern, aber diese toll zu inszenieren.
Der Konsument gilt als tendenziell reizüberflutet. Wie dringt man als Händler am besten zu ihm durch, beispielsweise mit Werbeangeboten?
Die Reizüberflutung wird sogar noch verstärkt, weil einfach zu viele Inhalte ausgespielt werden, die Konsumenten als irrelevant empfinden. Stellen Sie sich vor, Sie laufen an einer Fleischtheke im Supermarkt vorbei und erhalten in dem Moment eine Push-Nachricht aufs Smartphone: „Beefhack heute für Sie im Angebot!“ Nun sind Sie aber vielleicht Vegetarier. Schon läuft die Botschaft ins Leere bzw. Sie fühlen sich von der Nachricht belästigt.
Konsumenten sind immer auf der Suche nach dem Mehrwert. Das Prinzip funktioniert aber nur, wenn ein Unternehmen weiß, wen es anspricht und für welche Inhalte sich dieser potenzielle Kunde interessiert. Der Schlüssel liegt somit in der bestmöglichen Personalisierung der Kommunikation. Die Zukunftsdevise im Einzelhandel ist klar: Angebote ganz gezielt an die individuellen Nutzerbedürfnisse anpassen und konsequent die gezielte Verbindung von Angeboten und Kundendaten in den Mittelpunkt rücken.