Von Paul Bieber
Mehr als fünf Jahre hatte ein Mann für seinen Sieg gegen Google gekämpft. Der Spanier wollte mit seiner Klage die Löschung eines Zeitungsartikels erreichen, der über die Zwangsversteigerung seines Hauses im Jahr 1998 berichtete. Selbst zehn Jahre nach der Veröffentlichung des Zeitungsberichts wurde er durch den Verweis bei Google noch immer regelmäßig mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Der Mann sah seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Er verklagte sowohl die Zeitung als auch das Unternehmen Google. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit hat der EuGH nun entschieden, dass Google Verweise mit persönlichkeitsverletzenden Inhalten unter bestimmten Bedingungen löschen muss.
Google-Mitarbeiter entscheiden über Löschung von Einträgen
Zum ersten Mal sieht damit ein Gericht Google grundsätzlich in der Pflicht, solche Einträge aus seinem Index zu entfernen. Bisher hatte der Konzern sich gerne darauf berufen, nur ein Abbild des Internets zu bieten und nicht selber für die Inhalte verantwortlich zu sein. Nur bei besonders schwerwiegenden Rechtsverstößen oder nach langen Gerichtsverfahren löschte Google Einträge aus seinem Index.
Mittlerweile stellt Google ein Online-Formular zur Verfügung, dass jedem Betroffenen die Meldung von persönlichkeitsverletzenden Inhalten ermöglicht. Ob diese aus dem Index entfernt werden, entscheiden aber auch weiterhin Mitarbeiter des Suchmaschinenkonzerns. Wer mit der Entscheidung nicht zufrieden ist, dem steht wie bisher der Klageweg offen.
Sieg und Niederlage liegen oft dicht beisammen
Im Gegensatz zu der gegen Google wurde die Klage gegen die Zeitung abgewiesen. Der Zeitungsartikel ist somit auch weiterhin im Online-Archiv abrufbar. Letztendlich wurde dadurch das Recht auf freie Berichterstattung wichtiger eingestuft als der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Klägers. Insofern bestraft das Urteil vor allem Google für die Verlinkung der Nachricht – nicht aber die Zeitung als Urheber. Das ist ungefähr so, als würde man in einer öffentlichen Bibliothek den Verweis auf ein verbotenes Buch entfernen, es dann aber trotzdem weiterhin für alle ausleihbar im Regal liegen lassen.
Für den Spanier dürfte das Glücksgefühl nach dem Sieg gegen Google deshalb auch nur von kurzer Dauer gewesen sein. Es stellt sich durchaus die Frage, ob er sich mit der öffentlichkeitswirksamen Klage gegen Google einen Gefallen getan hat. Statt nur in einem Bericht einer spanischen Lokalzeitung über seine finanzielle Lage in den 90er Jahren findet sich sein Name nun auf tausenden Nachrichtenseiten. Und alle erzählen seine Geschichte: Von der Klage gegen Google, seinen finanziellen Problemen in der Vergangenheit und der Zwangsversteigerung. Es dürfte schwer bis unmöglich werden, dies alles wieder aus dem digitalen Gedächtnis des Internets zu entfernen. Zudem plant Google aktuell, gelöschte Links zu markieren. Mittels Hinweis am Seitenende der Suchergebnisse wird im Gegenteil sogar noch einmal explizit darauf aufmerksam gemacht.
Online Reputation Management und SEO als Alternative
Wer in ähnlichen Fällen solch eine öffentliche Aufmerksamkeit vermeiden möchte, der sollte sich überlegen, ob statt einer Klage nicht gezieltes Online Reputation Management sinnvoller wäre. Beim Online Reputation Management versucht man unter anderem, die negativen Suchergebnisse zur eigenen Person möglichst weit in die hinteren Suchergebnisse zu verbannen. Dies erreicht man durch neue und positive Web-Inhalte, die suchmaschinenoptimiert zur eigenen Person erstellt werden. Die alten Einträge im Index der Suchmaschine werden so nach und nach durch die neueren (positiven) verdrängt. Ein eigener kleiner Blog kann da schon Wunder wirken.
Über den Autor:
Paul Bieber ist SEO- und Social Media-Manager bei der Digitalagentur Columbus Interactive.
Urteil des EuGH vom 13.05.2014; Az.: C-131/12