Zehn Fakten zum Frauentag

In welchem europäischen Land wird Gleichberechtigung in Unternehmen am besten umgesetzt? Was ist die beliebteste Marke bei Frauen? Und wieso kommt ostdeutschen Frauen eine besondere Rolle in der Frage der Geschlechtergerechtigkeit zu? Diese und weitere interessante Fakten gibt es im Frauentags-Special der Rubrik "Studie der Woche".
Die Menschenrechtsorganisation Terres des Femmes hat gemeinsam mit MyPostcard eine Kampagne gemacht, mit deren Einnahmen den Kampf für die Einhaltung die Frauenrechte unterstützt werden soll. (© Terre des Femmes)

Am Sonntag ist Weltfrauentag. Der Tag, den es 1911 zum ersten Mal gab, wird seit 1921 jährlich am 8. März begangen. Er soll darauf aufmerksam machen, dass es noch immer ein langer Weg bis zur echten Gleichberechtigung ist. In dieser Woche wurden eine Reihe von Studien, Statements und Zahlen rund um das Thema veröffentlicht. Wir haben die wichtigsten herausgepickt.

1. Voreingenommenheit gegenüber Frauen weltweit hoch

Auch nach Jahrzehnten der Gleichstellungspolitik hat die große Mehrheit der Menschen weltweit einer UN-Studie zufolge noch immer Vorurteile gegenüber Frauen. Demnach sind neun von zehn Menschen zumindest teilweise voreingenommen. Etwa die Hälfte aller Befragten aus insgesamt 75 Ländern findet demnach, dass Männer bessere politische Anführer sind als Frauen. 40 Prozent sind der Meinung, dass Männer bessere Spitzenmanager in der Wirtschaft sind, und 28 Prozent finden es demnach für einen Mann gerechtfertigt, seine Frau zu schlagen. Die größte Voreingenommenheit gibt es unter den Ländern des Index‘ in Pakistan, Katar, Nigeria, Simbabwe und Jordanien. Die Länder mit der geringsten Anzahl an Menschen mit Vorurteilen waren Andorra, Schweden, die Niederlande, Norwegen und Neuseeland. Deutschland schnitt deutlich besser ab als der Durchschnitt. Trotzdem sind knapp 63 Prozent der Bundesbürger in mindestens einem Feld voreingenommen – 55 Prozent der Frauen und 70 Prozent der Männer.

2. Französische Unternehmen Vorreiter bei Geschlechtergerechtigkeit

Bei einer von der EU-Kommission finanzierten Studie zur Geschlechtergleichheit in 255 europäischen Unternehmen schneidet der französische Kosmetikkonzern L’Oréal am besten ab. Von möglichen 100 Prozent erreichte das Unternehmen 73 Prozent. Die nachfolgenden sechs Plätze wurden allesamt von französischen Unternehmen wie dem Modekonzern Kering (68 Prozent) und dem Pharma-Riesen Sanofi (66 Prozent) belegt. Für die Studie wurden auch alle 30 Dax-Unternehmen getestet. Das beste Ergebnis erzielte der Softwarekonzern SAP. Mit 63 Prozent lag das Walldorfer Unternehmen deutlich über dem Dax-Durchschnitt von 44 Prozent. Mit Blick auf die gesamte Studie belegte SAP den zehnten Rang. Vor allem beim Angebot flexibler Arbeitszeiten machten die Dax-Konzerne im europäischen Vergleich eine gute Figur. Demnach bieten 29 von ihnen ihren Mitarbeitern flexible Arbeitszeiten an. Bei der Bezahlung herrsche aber noch Nachholbedarf. Mit etwa 21 Prozent ist die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen die drittgrößte in der Erhebung.

3. Deutschland hat dritthöchste Erwerbstätigkeit bei Frauen in der EU

Drei von vier Frauen in Deutschland sind berufstätig. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden waren 2018 76 Prozent der Frauen im Alter von 20 bis 64 Jahren erwerbstätig. Zehn Jahre zuvor lag der Anteil noch bei 68 Prozent. Damit hat Deutschland nach Schweden (80 Prozent) und Litauen (77 Prozent) die dritthöchste Erwerbstätigenquote von Frauen in der EU, wie die Behörde am Freitag mitteilte. Fast die Hälfte der erwerbstätigen Frauen (47 Prozent) arbeitete allerdings in Teilzeit, bei den Männern war es nur neun Prozent.

4. Ost-Frauen haben Standards gesetzt und Land modernisiert

Die ostdeutschen Frauen haben nach Meinung von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ganz Deutschland moderner gemacht. „Die Selbstverständlichkeit, dass Frauen berufstätig sind und in allen Berufen etwas leisten können, die bringen wir Ostfrauen ins vereinigte Deutschland ein“, sagte Schwesig bei ihrem Empfang zum Internationalen Frauentag am Donnerstag im Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin. Das gelte auch für die Forderung nach Rahmenbedingungen, die Frauen Erwerbstätigkeit erst ermöglichten, wie die Kinderbetreuung. „Mittlerweile setzt sich dieses moderne Frauenbild in ganz Deutschland mehr und mehr durch.“

5. Frauen verdienen immer noch deutlich weniger als Männer

In Vollzeit beschäftigte Frauen in Deutschland verdienen durchschnittlich 3014 Euro brutto pro Monat. Bei Männern sind es 3468 Euro. Das geht aus Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (Stand Ende 2018) hervor. Es gibt auch deutliche regionale Unterschiede: So ist das mittlere Einkommen mit monatlich 2070 Euro für Frauen im Saale-Orla-Kreis in Thüringen am geringsten. Bei den Männern ist der sächsische Kreis Görlitz mit 2273 Euro das Schlusslicht, wie aus einer Anfrage der Linken im Bundestag anlässlich des Weltfrauentags hervorgeht. Das höchste mittlere Einkommen haben Frauen mit 4250 Euro in der Autostadt Wolfsburg und Männer mit 5544 Euro in Erlangen.

6. Frauen haben im Mittelstand bessere Karrierechancen als in Konzernen

Laut einer Studie der Unternehmensberatung EY liegt der Frauenanteil im Vorstand beziehungsweise in der Geschäftsführung von mittelständischen Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 20 Millionen und einer Milliarde Euro im Durchschnitt bei 16 Prozent. Vor zwei Jahren waren es 14 Prozent. Bei kleineren Mittelständern mit einem Umsatz von weniger als 30 Millionen Euro sind es 18 Prozent. Im Schnitt der Börsen-Indizes Dax, M-Dax und S-Dax sind dagegen gerade einmal neun Prozent der Vorstandsposten mit Frauen besetzt. Betrachtet man nur die 30 Dax-Konzerne, liegt der Anteil mit 15 Prozent deutlich höher.

7. Frauen haben deutlich weniger Schulden bei der Bank

Männer leihen sich im Schnitt rund 14.700 Euro von der Bank. Die durchschnittliche Kreditsumme von Frauen liegt mit rund 11.600 Euro um 21 Prozent niedriger. Die „Gender Credit Gap“ beträgt demnach 3100 Euro. Das ergab eine Untersuchung von Check24. Auch bei den Zinssätzen für Kredite klafft eine Lücke zwischen Mann und Frau: So erhielten 33 Prozent der männlichen Kreditnehmer im vergangenen Jahr einen günstigen effektiven Jahreszins von unter drei Prozent, bei den Darlehensnehmerinnen waren es nur 23 Prozent.

8. dm löst Lego als beliebteste Marke bei Frauen ab

Das Marktforschungsinstitut YouGov erhebt regelmäßig, welche Marken von Frauen am positivsten wahrgenommen werden. Im aktuellen Women’s Ranking schiebt sich die Drogeriemarktkette dm vorbei am Spielwarenhersteller Lego. Auf den Plätzen drei und vier tauschen Rossmann (Dritter) und Ravensburger die Ränge im Vergleich zum Vorjahr. Dahinter haben sich Ikea als Fünfter und Miele als Sechster um einen Platz verbessert. Neu in die Top 10 eingestiegen ist der Siebte, der Messenger-Dienst WhattsApp. Playmobil verteidigt Rang 8, während der Vorjahres-Fünfte Samsung auf Platz 9 abrutscht. Die Rangliste vervollständigt die Kosmetikmarke Nivea auf Platz 10.

9. Für Frauen hat Familie einen höheren Stellenwert

Schon seit Generationen stellen Frauen ihre eigene Karriere zurück, weil sie unbezahlte Arbeiten im Haushalt, bei der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen übernehmen. Das liegt auch daran, dass sie ihre Verantwortung mehr im privaten Bereich sehen als Männer. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 1.500 Bundesbürgern im Auftrag von Ancestry, einer Online-Plattform für Ahnenforschung und DNA-Genealogie. So sagen 78 Prozent der Frauen, dass ihnen die Familie „sehr wichtig“ ist. Bei den Männern liegt der Wert neun Prozentpunkte darunter. Für 37 Prozent der Frauen hat die Familie in den vergangenen Jahren sogar noch an Bedeutung gewonnen. Diese Ansicht teilen nur 32 Prozent der Männer. Neben der Familie hat auch ein schönes Zuhause für zwei von drei Frauen (65 Prozent) höchste Priorität, aber nur für jeden zweiten Mann (52 Prozent).

10. Starke Frauen helfen anderen Frauen, stärker zu werden

Der Frauenanteil in der Arbeitswelt hat sich in den letzten 50 Jahren verdoppelt, im Vergleich zu früher haben Frauen mehr Einkommen, sind besser gebildet und haben häufiger einen Job. ABER: Nach wie vor sind Frauen in handwerklichen, technischen und naturwissenschaftlichen Berufen stark unterrepräsentiert oder gar eine Seltenheit. Frauen verdienen nicht nur weniger als Männer, sie arbeiten auch häufiger in Teilzeit. Wandel in der Gesellschaft braucht Vorbilder. Solche Vorbilder, die aus alten Rollenbildern ausbrechen, zeigen die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes und MyPostcard in ihrer Kampagne #WERISE: Mit dabei sind unter anderem einer Brandmeisterin der Berliner Feuerwehr, einer Astrophysikerin und Astronautin und eine Personenschützerin.

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.