„Wir sollten mit dem, was wir wissen, bessere Arbeit leisten“

Was macht ein Trendforscher? Wie kommt er an die Trends? Ist er Hellseher? Mitnichten. John Naisbitt beschreibt in seinem neuen Buch Mind Set zunächst einmal, wie die Arbeit eines Trendforschers aussieht. Er muss es wissen: einiges von dem, was er prognostiziert hat, ist eingetreten.

John Naisbitt ist einer der weltweit anerkanntesten Trendforscher, wenn nicht sogar der Trendforscher schlechthin. In Megatrends beschrieb er 1982 einige Entwicklungen, die später offensichtlich wurden, wie die von der Industrie- zur Informationsgesellschaft, von Hierarchien zu Netzwerken und vom Entweder/Oder zum multioptionalen Konsumenten. Jetzt liegt vom ehemaligen Berater des US-Präsidenten Johnson ein neues Buch vor. In Mind Set beschreibt er, wie Trendforschung funktioniert und gibt natürlich wieder einen Ausblick auf die Zukunft. absatzwirtschaft-Online sprach mit dem Bestseller-Autor, der am 27. November auf dem Trendforum in München sprechen wird.

Sie erzählen in Ihrem neuen Buch „Mind Set“ einige Episoden und schöpfen aus Erinnerungen. Ist das neue Werk Ihr Vermächtnis in Sachen Trendforschung?

John Naisbitt: Nein, da müssen Sie noch ein wenig warten. Mind Set ist die Antwort auf eine Frage die mir immer wieder gestellt wird: Wie machen Sie was Sie machen? Wie erkennt man Trends? Gibt es eine Methode? Diese Methode beschreibe ich, und es sind eben vor allem unsere Mindsets, also unsere Denkmuster, die entscheiden, welche Schlüsse wir aus Informationen ziehen. Jeder, der die Gegenwart genau beobachtet, kann mit einer Mischung aus diszipliniertem Denken und Intuition Schlüsse für die Zukunft ziehen. Natürlich kostet das Zeit.

Obwohl es sehr interessant geschrieben ist und viele Details über das Leben in China enthält, klingt der zweite Teil Ihres Buches teilweise recht vorhersehbar. Gibt es nicht andere Themen als das Erstarken von China, der Tod der Zeitungen und eine aufkommende Kultur des Visuellen?

John Naisbitt: Doch, denken Sie an das Kapitel über die Weltwirtschaft. Wir denken zum Beispiel noch immer in alten Paradigmen, und wundern uns dann darüber, wieso wir die Weltwirtschaft nicht verstehen. Die im Übrigen niemand versteht, weil sie die Summe von Billionen individueller Entscheidungen ist, die täglich getroffen werden. Doch wir können einen gewissen Überblick erhalten. Nur, dazu müssen wir umdenken. Die ökonomischen Grenzen der Weltwirtschaft werden in Zukunft nicht mehr um Länder, sondern um Wirtschaftssektoren gezogen werden, wie der Pharmaindustrie, der Automobilindustrie, der Lebensmittelindustrie. Unser Denken kann nicht länger um Länder kreisen, sondern muss die Unternehmen selbst als Basis der Weltwirtschaft begreifen. Der wirtschaftlich relevante Index der Zukunft wird deshalb das Global Domain Produkt sein, und nicht mehr die GDPs einzelner Staaten.

Sie beschreiben, dass die Wissenschaft bereits häufig Eingriffe in die Natur des Manschen erlaubt, nicht immer zum Wohle der Menschen. In Deutschland wird derzeit viel über Neuromarketing diskutiert. Denken Sie, dass die Wissenschaft irgendwann in der Lage sein wird, in unsere Köpfe zu schauen, um Wünsche und Bedürfnisse zu erkennen?

John Naisbitt: Nicht zu meinen Lebzeiten. Nicht zu Gottes Lebzeiten. Im Ernst, gerade hat man in Österreich einen neuen Durchbruch in der Prothetik erreicht. Gedanken steuern Arme. Das ist eine Sache. Aber Neuromarketing und Neuroökonomie sind gerade in Mode, also wird fröhlich in alle Richtungen spekuliert. Ich denke, wir sollten mit dem, was wir bereits wissen, bessere Arbeit leisten, anstatt immer neuen Fantasien nachzujagen.

Sie sagten etwa vor 15 Jahren voraus, dass Franchising 2010 das wichtigste Vertriebsmodell in der Welt sein wird. Haben Sie das verfolgt, ob das in drei Jahren der Fall sein wird?

John Naisbitt: Ich sprach von Networking, und eine Manifestation davon ist Franchising. Heute ist der weltweit am schnellsten wachsende Geschäftszweig der global agierende Einzelunternehmer, als Vertriebsweg benützt er DHL oder FedEx.

Letzte Frage, aber dennoch wichtig für Marketingentscheider: Wenn Sie einen Trendforscher beauftragen müßten, nach welchen Kriterien würden Sie Ihre Wahl treffen?

John Naisbitt: Am einfachsten ist es natürlich zu prüfen, ob der Trendfroscher in der der Vergangenheit mit seinen Prognosen richtig lag. Abgesehen davon halte ich den Lebenslauf für wichtig, Je weiter gesteckt der Rahmen der Prognosen sein soll, desto breiter muss auch Wissen und Erfahrung sein. Kosumertrends sind eine andere Sache als globale ökonomische und geopolitische Entwicklungen. Und vergessen Sie nicht, oftmals bringt Sie gesunder Hausverstand weiter als akademische Ergüsse.

Die Fragen stellte Christian Thunig.

Möchten Sie John Naisbitt live erleben? Mehr zum Trendforum erfahren Sie unter www.trendforum.info

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