„Aus einer ersten Studie geht hervor, dass ein Warnhinweis Kinder verstärkt zu einer gesunden statt zu einer ungesunden Alternative greifen lässt. Jedoch sind sie bei Lebensmitteln beliebter Marken eher dazu bereit, Warnungen in den Wind zu schlagen,“ sagt Prof. Dr. Hanna Schramm-Klein, Leiterin des Lehrstuhls für Marketing. Um erste Ergebnisse zum Wechselspiel zwischen Warnhinweisen und Marken zu bekommen, wurde vom Lehrstuhl für Marketing der Universität Siegen eine experimentelle Vorabstudie durchgeführt. Dabei wurde die Wirkung von Warnhinweisen in Bezug auf beliebte sowie unbeliebte Marken untersucht. Einer Gruppe der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler wurden ungesunde Getränke mit dem Hinweis „Pass auf! Das ist nicht gut für deine Zähne!“ angeboten, die anderen erhielten keinen solchen verbalen Warnhinweis.
Die zentralen Ergebnisse: Tatsächlich führte der Warnhinweis dazu, dass weniger Limonade getrunken wurde, dieser Effekt war bei der beliebten Marke jedoch deutlich geringer als bei der unbeliebten Marke. Offensichtlich sind Kinder bei Lebensmitteln beliebter Marken eher bereit, Warnungen zu ignorieren. Daraus erwächst für die Hersteller von Produkten beliebter Marken eine besondere Verantwortung. Gleichzeitig ist die Gesellschaft gefordert, Kinder bezüglich gesundheitsgefährdender Substanzen aufzuklären. Wie genau das erfolgen kann, untersuchen die Autoren in weiteren Studien.
Zum Hintergrund: 46 Prozent der Schulanfänger leiden im Laufe ihrer Kindheit an Milchzahnkaries. Dies sei unter anderem auf den Konsum zuckerhaltiger Lebensmittel zurückzuführen, die Kinder aufgrund angeborener Geschmackspräferenzen bevorzugen. Bei anderen gesundheitsgefährdenden Produkten wie Zigaretten werde versucht, per Kennzeichnungspflicht über gesundheitskritische Inhaltsstoffe aufzuklären und zu gesundheitskonformen Verhalten zu animieren. Tatsächlich gibt es nach Informationen von Hanna Schramm-Klein erste Studien, die belegen, dass solche Warnhinweise bei Erwachsenen Wirkungen auf das Nutzungsverhalten gesundheitsgefährdender Produkte nehmen können.
Allerdings bestehe bei Lebensmitteln keine Pflicht der Kennzeichnung gesundheitskritischer Inhaltsstoffe. Nährstoffe und Energiegehalt würden lediglich in Form einer Nährwerttabelle auf Produktverpackungen angegeben. Die viel diskutierte farbliche Kennzeichnung von Lebensmitteln anhand eines Ampelsystems wurde im letzten Jahr durch das Europäische Parlament verhindert. Das von der Nahrungsmittelindustrie favorisierte Modell der „Guideline Daily Amounts“, welches als Richtwert für die empfohlene Tageszufuhr von Energie und bestimmten Inhaltsstoffen dient, bleibt weiterhin freiwillig. Fraglich sei also bis heute, ob und wie Warnhinweise bei Kindern überhaupt wirken. Und wenn ja, wie diese dann gestaltet sein müssten.
„Für Handel und Hersteller ist diese Frage doppelt relevant,“ erläutert Schramm-Klein. Einerseits hätten die Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung – gerade für Kinder – und damit auch das Erfordernis, gerade diese Gruppe von Konsumenten vor Gesundheitsgefahren zu schützen. Andererseits verfolgten die Unternehmen das Ziel, ihre Marken erfolgsgerichtet zu positionieren. Daher sei in der vorliegenden ersten Studie neben der Wirkung gesundheitsbezogener Warnhinweise auch der Einfluss von Marken überprüft worden.