Wie groß ist die Krise tatsächlich?

Die privaten Haushalte in Deutschland haben ihre Konsumausgaben seit Anfang der 90er Jahre deutlich erhöht. Insgesamt stiegen ihre Aufwendungen um 46 Prozent.

Selbst nach Herausrechnen der Inflation von 28 Prozent meldete das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bei den Haushaltsausgaben im vergangenen Jahr immer noch ein Plus von 16 Prozent gegenüber 1991. 2003 lagen die Ausgaben bei insgesamt 1247 Milliarden Euro. Demnach gab jeder Einwohner im vergangenen Jahr im Schnitt rund 15.100 Euro für Waren und Dienstleistungen aus, Ausgaben, die trotz Konjunkturflaute konstant blieben und im Vergleich zum Vorjahr mit etwa 100 Euro mehr sogar ein leichtes Plus von 0,85 Prozent ausmachten.

Dennoch spielgelt sich die Zurückhaltung der Verbraucher angesichts der schlechten Wirtschaftslage auch im Konsum: Während die Konsumausgaben der Menschen bis zum Jahr 2000 schneller stiegen als ihre Einkommen, stiegen diese danach langsamer. Vor allem die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und die schwache wirtschaftliche Entwicklung schlugen den Verbrauchern in Deutschland in den vergangenen beiden Jahren auf die Kauflaune. Derzeit gilt der private Konsum als Achillesferse der deutschen Wirtschaft, was vor allem die Einzelhändler zu spüren bekommen. Nach zwei Jahren mit Umsatzrückgängen rechnet der Branchenverband 2004 mit einem nominalem Umsatzplus von einem halben Prozent, was aber durch Preise real wettgemacht werden dürfte.

Anlässlich des Weltverbrauchertages am kommenden Montag warnten Verbraucherschützer unterdessen vor einer zunehmenden Benachteiligung ganzer Konsumentengruppen. „Wer auf dem Land lebt, wer keinen Zugang zum Internet hat, wer verschuldet oder krank ist, zahlt in vielen Fällen drauf oder bekommt viele Leistungen erst gar nicht“, erklärte die Vorsitzende des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv), Edda Müller.

Laut einer vzbv-Studie mit dem Titel „Verbraucher, die außen vor bleiben“ verhindern zunehmend hohe Hürden die Teilhabe am Durchschnittskonsum. Zu den besonders gravierenden Fällen zählten Senioren, die allein auf Grund ihres Alters keinen Kredit mehr bekämen, und Kranke, die keine Berufsunfähigkeitsversicherung erhielten.
Auch Landbewohner würden etwa durch den Rückzug der Bahn aus der Fläche vielfach von den Möglichkeiten eines normalen Konsums abgekoppelt, erklärte Müller. In vielen Fällen stelle auch das Internet eine zusätzliche Hürde dar, weil dort vieles billiger angeboten werde: „Schon jetzt zahlt bei Medikamenten oder Reisen drauf, wer offline ist“, betonte Müller.

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