Welche Vorteile hätte eine Inhouse-Mediaagentur?
JENS KOLLAT: Eine engere Verzahnung zwischen Media und Marketing, die Kontrolle der Geldflüsse und natürlich Transparenz. Ob man aber dadurch nennenswert Kosten spart oder bessere Konditionen erzielt, hängt vom Einzelfall ab.
Viele Werbekunden beauftragen Mediaagenturen inzwischen projektbezogen für Planung und Optimierung – buchen und zahlen aber direkt bei den Medien. Was halten Sie von diesem Zwischenschritt?
KOLLAT: Das ist weder Fisch noch Fleisch: es entsteht sehr viel Verwaltungsaufwand auf Seiten des Werbungtreibenden und die Stellung der Agentur – auch in Hinsicht auf die Vertretung der Interessen des Werbungtreibenden gegenüber den Medien – wird geschwächt. Zum Beispiel entfällt dadurch die Grundlage vieler agenturbezogener Vorteile, von denen der Werbungtreibende ja profitieren möchte. Ob die Agentur außerdem bereit ist, für eine projektbezogene Zusammenarbeit denselben Aufwand zu betreiben wie für eine feste, umfassende Kundenbeziehung, ist ebenso fraglich, was der Qualität der Mediastrategie sicherlich nicht zuträglich ist.
Die aktuelle Imagekampagne des Mediaverbandes OMG listet 24 unterschiedliche Stellen für eine fiktive Inhouse-Media-Abteilung auf. Wäre der Aufwand für eine Inhouse-Agentur wirklich so enorm?
KOLLAT: Da ist was dran. Eine Agentur verfügt über eine breitgefächerte Expertise und kein Kunde kann es sich leisten, Dutzende Media-Spezialisten zu beschäftigen. Aber denken wir an Inhouse Rechtsabteilungen: Diese decken den Kernbedarf ab, ohne viele Fachanwälte zu haben, und nutzen wenn notwendig externe Spezialisten. So könnte man es auch mit Media machen. Aber nicht ohne qualifizierte Inhouse-Fachkräfte.
Wo bräuchte ein Kunde mit Inhouse-Agentur dann externe Spezialisten?
KOLLAT: Die TV-Optimierung und -Steuerung ist ein klassischer Fall. Da haben die Agenturen komplexe Systeme und Know-how, die ein Kunde sich alleine nicht leisten kann. Eine Agentur könnte diese technische Dienstleistung übernehmen, ohne für das Kaufmännische zuständig zu sein.
Welche Gefahren gibt es bei Inhouse-Lösungen? Worauf müsste man achten?
KOLLAT: Erstens braucht man qualifiziertes Personal und eine gewisse Mindestgröße – mit weniger als drei im Team dürfte die Konstruktion anfällig sein – es gibt eben Urlaub, Krankheiten und Personalfluktuation. Zweitens braucht man externe Sparringspartner, sonst droht Betriebsblindheit und im dynamischen Media-Markt werden Entwicklungen verpasst. Hier könnten Firmen wie unsere eine Rolle spielen, sowohl als Ressource zum Kosten-Benchmarking als auch für systemgestützte aufwändigere Analysen. Drittens hat man nicht die Marktmacht einer Agentur. Das muss sich nicht unbedingt in schlechteren Konditionen widerspiegeln, aber wenn es kriselt, hat eine Agentur besseren Zugriff auf die Entscheider bei den Vermarktern.
Auditoren stehen oft in der Kritik von Mediaagenturen, weil sie Werbekunden überhaupt erst in Konditionenpitches treiben und einseitig beraten würden. Auditoren seien Schuld an dem Pitchwahn der vergangenen beiden Jahre. Ist diese Kritik gerechtfertigt?
KOLLAT: Wenn einige Mediaagenturen ihren Kunden keine wettbewerbsfähigen Konditionen liefern können oder wollen, muss ein guter Auditor darauf hinweisen – von einer Schuld oder einem Wahn möchte ich da aber nicht sprechen. Wenn der eine oder andere Auditor in Rundschreiben an Werbungtreibende mit pauschalen Verdächtigungen und Vorwürfen gegenüber Agenturen arbeitet, ist dies einer konstruktiven Zusammenarbeit sicherlich nicht dienlich. Ansonsten möchte ich hier nicht über die Arbeit und Qualität meiner Wettbewerber urteilen, stehe aber sehr gerne für eine offen geführte Diskussion zur Verfügung.
Diskussionspunkt war auch die fehlende Einsicht von Werbekunden in die Gesamtheit der Rabatte, welche die Mediaagentur für sie erhält. Die Werbekunden Danone und Haribo haben sogar den Rechtsweg beschritten. Weitere Fälle sollen außergerichtlich gelöst worden sein. Wie stellen Sie als Auditor sicher, vollständigen Einblick in Rabattsummen, Konditionen und damit Leistungswerte zu bekommen, welche die Einkaufsgesellschaften ihren verbundenen Mediaagenturen vermitteln – beispielsweise für Ihren Kunden Danone?
KOLLAT: Auf die Arbeit bei konkreten Kunden kann ich mich aus Gründen der Vertraulichkeit nicht beziehen. Aber natürlich ist das Schaffen von Transparenz eine ganz wesentliche vertrauensbildende Maßnahme. So hatten wir in letzter Zeit mehrere Fälle, in denen unsere objektive und faire Prüfung der kunden- und agenturbezogene Konditionen ein angespanntes Agentur-Kunde-Verhältnis sofort entspannt hat. Natürlich geht dies nur, wenn ein Auditor sich bestimmten Geschäftsgrundsätzen verpflichtet. So muss in diesen Fällen sichergestellt werden, dass strenge Vertraulichkeitsgrundsätze eingehalten werden und der prüfende Auditor sich nicht dadurch in Interessenskonflikte verstrickt, dass er Medien und Agenturen berät. Zu diesen Punkten kann sich ein werbungtreibender Kunde aber ohne großen Aufwand absichern, beispielsweise indem er eine eidesstattliche Erklärung von seinem Auditor einholt.
Wenn ein Kunde zu Ihnen käme und sagte, er sei unzufrieden mit seiner Agentur und möchte Ihre Hilfe bei einer Inhouse-Lösung haben, was würden Sie ihm raten?
KOLLAT: Ich würde ihm zunächst helfen wollen, seine Agentur richtig zu führen und zu steuern – hier sehen wir immer wieder beträchtliches Verbesserungspotenzial. Das ist die schnellste und effizienteste Lösung für die meisten Kunden. Als unabhängige Berater mit professionellen Systemen können wir natürlich Inhouse-Lösungen unterstützen. Es macht aber erst Sinn, wenn es ein echtes Commitment von Seiten des Managements dazu gibt. Eine effektive Inhouse-Agentur erfordert einige Investitionen in Personal und klare Vorstellungen zu Zielen und Arbeitsprozessen. Eine schwache Inhouse-Agentur wäre die wohl schlechteste Lösung für den Werbungtreibenden.
Herr Kollat, vielen Dank für das Interview.
Das Interview führte Michael Ziesmann.