Kunde-Agentur-Beziehung: Warum pitchen wir?

Der Wettbewerb zwischen Agenturen ist seit jeher Teil des „Spiels“ bei der Auftragsvergabe. Doch es gibt bessere Formate zur Agenturauswahl als einen Pitch.
Martin Eggert - Geschäftsführer Beratung bei David+Martin (© David+Martin (Montage: Katharina Höhner))

Eine These vorab: Unternehmen haben oft keine schlechte Agentur, sondern eine schlechte Zusammenarbeit. Nur wie verbessert man diese, wenn man nur einen Teil der Gleichung austauscht und der gemeinsame Nenner bestehen bleibt?

Ein Pitch hilft dem Unternehmen oft nicht auf dem Weg zu mehr Erfolg. Ein Briefing rauszuschicken und dann eine Handvoll Agenturen erst an- und dann vortanzen zu lassen, welche systemische Änderung an der Formel macht das aus? Vermutlich keine, denn der gemeinsame Nenner ist noch da. Eine gute Zusammenarbeit entsteht bekanntlich im Alltag, bei „engem Tanz“ und mit viel Übung – und nicht, wenn man am Rand des Parketts steht und anderen beim Tanzen zusieht.

Arbeit, Dialog und Spaß sind gefragt

Zwischen Unternehmen und Agentur ist es wie in einer privaten Beziehung: Es braucht Arbeit, viel Dialog und vor allem eine gute Chemie und jede Menge Spaß. Eine Agentur kann innerhalb ihrer Möglichkeiten (Set-­up, Größe, Infrastruktur oder Talent) nur so gut abliefern, wie ein Unternehmen es ihr ermöglicht. „Briefste schei­ße, kriegste Scheiße!“, hat ein erfahrener CMO, der das Thema sehr ernst nimmt, einst zu mir an der Bar gesagt. Er versucht es längst über inhaltlichen und organisatorischen Diskurs, statt direkt pitchen zu lassen.

Vorweg: Wir lieben das Sportliche, den Wettbewerb. Aber dann bitte unter angemessenen Rahmenbedingungen, mit guten Briefings, fairer Bezahlung, Kunden, die Ahnung haben, zuhören und in den Dialog gehen. Dennoch gibt es heute deutlich bessere Formate zur Wahl einer neuen Agentur.

Engagement-Workshops meint: Kunde, Agentur und Dritte in einem Raum.

Vor Kurzem durchliefen wir mit unserer Agentur ­David+Martin einen Prozess, der für mich das Ideal­bild darstellt. Angeleitet von der Pitch­beratung Cherry­picker und ihrem Berater Dirk Haase, ging der Kunde in En­gage­ment-Workshops. Das meint: Kunde, Agentur und eventuelle systemrelevante Dritte in einem Raum. Wenig Vorbereitung, aber intensiver inhaltlicher Austausch, gefolgt von Lachen, Diskutieren, Philosophieren, Konzipieren und Iterieren. Vom frühen Vormittag bis nach dem Dinner, vom ersten Käffchen bis zum letzten Wein.

Kunde lernt seine Agentur wirklich kennen

Für die Agenturen bedeutete dies einen sehr schmalen Prozess mit klarer Klimax statt wochenlanger Arbeit im stillen Kämmerlein. Das Ergebnis? Ein Tag voll intensiver Arbeit mit viel Dialog und jeder Menge Spaß. What you see is what you get: Menschen, Arbeitsweisen und Gedanken. Dazu ein belastbares Gefühl für Kultur und Chemie, erkannt bei Dialog auf Augenhöhe.

Am Ende steht ein glücklicher Kunde, weil er seine neue Agentur wirklich kennengelernt hat, statt nur Ideen zu sehen. Er steht mitten auf dem Parkett statt nur daneben. Also, liebe Kunden: Warum pitchen wir?

Martin Eggert gründete David+Martin – eine Agentur, die für Kreativität und viel Haltung steht.

Martin Eggert gründete David+Martin – eine Agentur, die für Kreativität und viel Haltung steht. Der Kolumnist schreibt im Wechsel mit Nadja Bergelt-Stephan über Agentur-Kunden-Beziehungen.