Vom Blindflug zum Instrumentenflug – Markenerfolg ist machbar

Viel Bauch, wenig Kopf – so sieht Markenmanagement heute noch in vielen Unternehmen aus. Die Agentur zeigt schöne, bunte Bilder und einen „catchy“ Slogan. Der Marketeer ist von der kreativen Idee und deren Umsetzung begeistert und vergisst leider allzu oft, dass diese Kommunikation vielleicht nicht das Werteversprechen der Marke ausreichend verdeutlicht. Ist die Zielgruppe richtig ausgewählt und wird sie erfolgreich angesprochen? Ist das Werteversprechen tatsächlich realisierbar? Diese Fragen werden beim Markenmanagement oft unzureichend berücksichtigt.

Wer Marken erfolgreich managen will, muss mehr als bisher üblich mit Fakten und Daten arbeiten und weniger mit Bauchgefühl, alten Glaubenssätzen oder vermeintlichem Expertenwissen. Das Marketing muss sich vom Blindflug verabschieden und zum Instrumentenflug übergehen. Solche Forderungen mögen auf manche Kreative aggressiv wirken, einige werden denken: „Typisch Berater“. Doch die Marktforschung und das reale Konsumentenverhalten zeigen immer wieder: Ein kreativer Claim oder ein auffälliges Logo garantieren noch lange keinen Markenerfolg. Deshalb muss im Marketing – wie in allen Unternehmensfunktionen – systematisches Vorgehen eine viel größere Selbstverständlichkeit werden.

Marktforschungsdaten gibt es in den meisten Unternehmen zur Genüge, allerdings haben sie mehr Echoeffekt als Orientierungsfunktion. Markenmanager missbrauchen sie häufig zur Bestätigung ihrer Hypothesen, statt sie zu nutzen. Sei es zur Feststellung von Defiziten im bisherigen Management der Marke oder zur klaren Analyse der Verbesserungspotenziale. Es steht in Wissenschaft und Praxis ausreichend Handwerkszeug zur Verfügung, um Marken ausreichend zu messen. Man muss es nur anwenden.

Es wird im Markenmanagement noch zu viel Wert auf oberflächliche Orientierungsgrößen gelegt. So stellt die Werbe-Erinnerung immer noch einen wesentlichen vermeintlichen Erfolgsfaktor starker Marken in der Diskussion von Marketing-Verantwortlichen dar. Es muss doch aber jedem klar sein, dass in der heutigen Welt nur der ökonomische Erfolg einer Marke zählt: Umsatz, Marktanteil, Kundenloyalität, oder bei Corporate Brands geringere Mitarbeiterfluktuation, stärkere Attraktivität für gute Mitarbeiter, höhere Aktienkurse etc.

Gute Markenmanager betrachten die Stärken und Schwächen ihrer Marke nicht oberflächlich. Sie messen detailliert und mit objektiven Maßstäben. Sie hören auf ihre Marktforscher, bevor sie Entscheidungen über Marken treffen. Sie verfeinern laufend ihre Messmethoden. Und schließlich: Sie lassen sich nicht von schönen Bildern und großartigen Präsentationen blenden. Sie sind nicht interessiert an Effekt heischenden Aktionen, sondern arbeiten mit Akribie, langem Atem und Liebe zum Detail an ihrer Marke.

Über den Autor: Hajo Riesenbeck ist Director im Düsseldorfer Büro von McKinsey & Company und einer der Leiter der McKinsey International Marketing Practice.