Vermarktung der TV-Rechte separat nach Ländern soll europaweit fallen

Die EU-Kommission stellt den bisher gebräuchlichen Verkauf von Fernsehrechten nach einzelnen Ländern in Frage. Damit steht das Finanzierungssystem der internationalen Film- und Fernsehbranche sowie des europäischen Fußballs vor einer Zäsur, wie das Handelsblatt berichtet. "Die territorialen Grenzen beim Urheberrechtsschutz in Europa müssen infrage gestellt werden", meint EU-Medienkommissarin Viviane Reding.

Derzeit bestehen in Europa 27 nationale Regelungen für den Urheberschutz. Sendelizenzen würden entsprechend innerhalb von Staatsgrenzen und nicht für den gesamten EU-Raum vergeben. Experten sehen jedoch die Kreativindustrien und die Grundlage des Vermarktungswerts von TV-Rechten in Gefahr. Nach aktueller Rechtslage, basierend auf einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 1980, dürfen Inhaber von Übertragungs- und Aufführungsrechten deren Vergabe im EU-Raum auf einzelne Länder beschränken. „Das verstößt zwar gegen die Freizügigkeit von Waren und Dienstleistungen, soll aber Kreativindustrien schützen: Ihre Leistungen sollen nicht in einem Preiskampf untergehen“, schreibt das Handelsblatt. Den EU-Plänen zufolge soll dieser Schutz nun fallen. Den Anstoß der Debatte bildet ein aktuelles Verfahren vor dem EuGH, das die öffentliche Vorführung von urheberrechtlich geschütztem Material ausländischer Fernsehanbieter im eigenen Land behandelt.

Fußball-Ligen und TV-Rechteinhaber erwirtschaften durch den Verkauf von Übertragungslizenzen und Auslandsrechten existenziell bedeutende Mittel. Während die Einnahmen der deutschen Bundesliga bei rund 42 Mio. Euro liegen, nehmen die Auslandsrechte der englischen Premier League mit rund 786 Mio. Euro etwa 30 Prozent des Gesamtumsatzes der Liga ein. Besonders Pay-TV-Sender decken einen Großteil dieser Gelder ab. In einem möglichen Preiskampf um die geringsten Abo-Gebühren gegen die EU-weite Konkurrenz dürfte die Bereitschaft sinken, weiterhin ähnlich hohe Summen für Übertragungsrechte zu bezahlen. Der entstehende Konkurrenzdruck unter den Fernsehsendern könnte sich demnach als Finanzierungslücke etwa bei den Fußballligen äußern. Darüber hinaus seien „Auswirkungen auf beinahe alle Bereiche der Inhalte-Verwertung“ zu befürchten, warnt ProSiebenSat.1.

„Wie soll sich eine europäische Informationsgesellschaft bilden, wenn es für die Inhalte keinen grenzenlosen Markt gleicher Größe gibt wie in den USA?“, entgegnet Reding. In der EU gebe es Bedarf an einer stärkeren Integration der Märkte für audiovisuelle Dienste. Einheitliche Wettbewerbsbedingungen für mediale Inhalte müssten für alle Mitgliedsstaaten gelten, meint die Kommissarin. Auf dem Weg zu einem EU-Binnenmarkt für mediale Inhalte, der mit anderen Kontinenten mithalten kann, seien die bestehenden Urheberrechtsgrenzen das größte Hindernis. pte

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