„Geldverbrennungsmaschine“ – wie geht es mit Uber weiter?

Uber hat im zweiten Quartal 2019 den größten Verlust seiner noch jungen Firmengeschichte gemacht. Können die Zustellung von Essen und der Einstieg in den E-Commerce den Fahrdienst-Vermittler aus den roten Zahlen führen?
Uber nach Milliardenverlust: weit weg von schwarzen Zahlen. (© Imago)

Uber hat in seinem ersten Quartal an der Börse einen Verlust von 5,24 Milliarden US-Dollar ausgewiesen. Einen großen Anteil daran hatten – wie zuvor bereits von Analysten erwartet – Aktienvergütungen von Mitarbeitern in Höhe von 3,9 Milliarden US-Dollar.

Viel schwerer ins Gewicht fällt allerdings die Tatsache, dass auch das Kerngeschäft von Uber gelitten hat. So stiegen die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahresquartal nur um zwei Prozent auf 2,29 Milliarden US-Dollar. Gleichzeitig erhöhte sich der Verlust aus dem operativen Geschäft im Jahresvergleich von 292 Millionen auf 656 Millionen US-Dollar.

„Uber Eats“ sorgt für Mehrumsatz

Der Konzernumsatz von Uber stieg immerhin um 14 Prozent auf knapp 3,2 Milliarden US-Dollar. Nordamerika war für Uber dabei erneut der größte Markt: In den Vereinigten Staaten und Kanada erhöhte sich der Umsatz um 19 Prozent auf rund 1,78 Milliarden US-Dollar. In der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika (EMEA) konnte das Unternehmen ein Umsatzplus von 22 Prozent auf 502 Millionen US-Dollar erwirtschaften.

Zum Anstieg des Konzernumsatzes trug auch das vergleichsweise neue Uber-Geschäftsfeld der Zustellung von Essen bei. So konnte „Uber Eats“ im Jahresvergleich beim Umsatz um 72 Prozent auf 595 Millionen US-Dollar zulegen.

„Die Zahlen sind mehr als enttäuschend“

Experten sehen die von Uber veröffentlichten Quartalsergebnisse kritisch. „Die Zahlen sind mehr als enttäuschend. Uber hat sich in eine riesige Geldverbrennungsmaschine verwandelt. Das Unternehmen steht in den USA unter zunehmendem Druck durch den Rivalen Lyft, der diese Woche mit seinen Quartalszahlen die Erwartungen übertraf“, sagt Alyssa Altman, Senior Vice President und Industry Lead Transportation & Mobility für Nordamerika bei Publicis Sapient.

Der Uber-Wettbewerber Lyft hatte seine Quartalszahlen einen Tag vor Uber veröffentlicht und dabei die Erwartungen mit einem Umsatz von 867 Millionen US-Dollar übertroffen. Für das Gesamtjahr rechnet Lyft mit einem Umsatz von bis zu 3,5 Milliarden US-Dollar – und liegt damit also noch deutlich hinter Uber. Bei der Zahl der Nutzer wuchs Uber im vergangenen Quartal von 93 auf 99 Millionen, während Lyft von 20,5 auf 21,8 Millionen Nutzer zulegte.

Doch nicht nur Lyft übt Druck auf Uber aus, sondern auch weitere Wettbewerber in anderen lokalen Märkten wie Bolt in Großbritannien, Ola Cabs in Indien und Yandex Taxi in Russland. Altman sieht zudem weitere Konkurrenten für Uber erwachsen: „In dem anderen großen, für Uber relevanten Markt – dem Lebensmittelversorgungsmarkt – belasten Deliveroo und Just Eat in Großbritannien sowie Grub Hub, Postmates und Door Dash in den USA immer mehr den Umsatz und die Positionierung von Uber Eats“, sagt die Publicis-Sapient-Expertin.

Cargo vs. Amazon: E-Commerce als Lösung?

Einen Weg aus den roten Zahlen könnte für Uber auch der Einstieg in den E-Commerce ebnen. Wie im Juli bekannt wurde, bietet der Fahrdienstvermittler mit dem Start-up Cargo eine neue Shopping-App an. Diese funktioniert nur während der Fahrt, Fahrgäste können beispielsweise Reisezubehör von Away, technische Geräte von Apple oder Kosmetik von Glossier kaufen.

Altman bezeichnet den Einstieg von Uber in den E-Commerce durch den Launch von Cargo als „logischen Schritt, um aus einem bisher unerschlossenen Sektor Kapital zu schlagen“. Es sei jedoch „unklar, ob die Verbraucher daran interessiert sind, neue Produkte unterwegs über eine App zu kaufen, die sie nicht kennen und erst herunterladen müssen“. „Die meisten Käufer, die dringend ein Produkt benötigen, würden wohl eher eine bereits installierte Anwendung auf ihrem Smartphone nutzen, wenn sie während einer Uber-Fahrt einkaufen wollen“, glaubt Altman.

Um die Cargo-App attraktiver zu machen, hat Uber ein Anreizsystem mit Treuepunkten geschaffen. „Ob das ausreicht, die Verbraucher dazu zu bringen, die Anwendung zu nutzen, ist fraglich. Uber wird es nicht leicht haben, sich vom Wettbewerb frei zu machen: Denn hier konkurrieren sie mit dem Riesen Amazon“, sagt Altman.

Marketing von Uber: von 1200 auf 800 Stellen

Uber ist momentan dabei, auch seine internen Unternehmensstrukturen zu optimieren – mit dem Ziel, Kosten zu senken. Wie der Mobilitätsdienstleister Ende Juli bestätigte, werden beispielsweise rund 400 Stellen des weltweit über 1200 Mitarbeiter umfassenden Marketingteams gestrichen. Weltweit sind rund 75 Büros betroffen. Zudem hatten im Juni Marketingchefin Rebecca Messina sowie der für das operative Geschäft zuständige Vorstand Barney Harford Uber verlassen.

Der Marketingbereich wird stattdessen künftig unter anderem von Mike Strickman verantwortet. Er hat als Vice President vor allem die Bereiche Performance Marketing, CRM und Analytics im Fokus und war jüngst von Tripadvisor zu Uber gewechselt. Zudem will Uber noch den Posten Vice President of Global Marketing besetzen, um Bereiche wie Branding, Uber Etats, B2B und Kreation abzudecken. Wer diese Aufgabe übernehmen wird, steht aktuell allerdings noch nicht fest.

(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.