Ein Gastbeitrag von Harry Saalfeld, Country Manager Central Europe bei der Kelkoo Group
Google Shopping nutzte marktbeherrschende Stellung aus
Im Sommer 2017 verhängte die EU-Kommission nach siebenjährigen Ermittlungen eine Kartellstrafe von 2,42 Milliarden Euro gegen Google und forderte das Unternehmen dazu auf, einen fairen Wettbewerb herzustellen. Wir als Branche haben das Urteil begrüßt, denn Google hatte bereits zu lange seine dominante Stellung ausgenutzt: Durch eine Veränderung im Suchalgorithmus erschienen Preisvergleichsportale praktisch nicht mehr in der organischen Suche und waren gezwungen, auf kostenpflichtige Textanzeigen innerhalb der Suchergebnisse auszuweichen. Aber selbst diese wichen in den vergangenen Jahren immer mehr Googles eigenen Produktlistungen durch Google Shopping. Das Einschreiten der Wettbewerbsbehörde war überfällig. Als Reaktion auf die EU-Entscheidung hat das Unternehmen Google Shopping ausgegliedert und lässt seither auch andere Preisvergleichsportale um die Werbeplätze bieten.
Wettbewerber sind vom neuen Bietersystem enttäuscht
Wir als Wettbewerber von Google sind vom neuen Bietersystem äußerst enttäuscht, denn an der Marktlage hat sich nichts geändert. Im Bieterkampf um die Anzeigenplätze gewinnt der Anbieter mit dem höchsten Gebot und dies ist allzu oft Google Shopping. Das bestätigt auch eine aktuelle Untersuchung des Suchmaschinenmarketing-Experten Searchmetrics. Die Ergebnisse zeigen, dass 98 Prozent aller Produktanzeigen noch immer auf Google Shopping entfallen. Besonders absurd ist, dass Google mit dem neuen System im doppelten Sinn gewinnt: Google Shopping verfügt über die nötigen Mittel, um Höchstbietender zu bleiben und die eigene Marktmacht zu erhalten. Der Mutterkonzern Alphabet profitiert, da dieser die Wettbewerbsgebote als Gewinn verbuchen kann. Offen bleibt, ob das Auktionsmodell dem Verbraucher nützt, denn dieser sieht Angebote des Meistbietenden, nicht unbedingt die relevantesten.
Situation auf dem Markt bleibt unausgewogen
Für uns und andere Wettbewerber ist dieser David-gegen-Goliath-Kampf nicht nur nahezu aussichtslos, sondern auch teuer: Plattformen, die mitbieten und so am Markt wahrgenommen werden wollen, müssen hohe finanzielle Ressourcen aufwenden. Sichtbarkeit ist das Herzstück unseres Geschäftsmodells, so generieren wir Klickzahlen für unsere Kunden. Problematisch ist aber, dass wir einen Großteil unserer eigenen Klickpreise in Googles Anzeigen investieren oder diese sogar überbieten müssten, um weiter Sichtbarkeit zu erlangen. Um also realistisch mit Google Shopping mitzuhalten und als Unternehmen selbst profitabel zu bleiben, müssten wir unser Preisniveau nach oben korrigieren. Hinzu kommt, dass wir aktuell einen Großteil unserer Kapazitäten in die Anpassung an das Auktionsmodell statt in die Entwicklung von Innovationen investieren, welche eigentlich durch das Urteil der EU-Kommission gefördert werden sollten.
Die Europäische Kommission muss endlich für faire Marktbedingungen sorgen
Im Bieterkampf um Sichtbarkeit können wir gegen ein Unternehmen wie Google einfach nicht gewinnen – und so ergeht es der gesamten Branche. Wir haben das Gefühl, dass hier ein System etabliert wurde, das testet, wer den längeren Atem hat. Wer sich auf diese Weise seiner Wettbewerber entledigt, scheint die Aufforderung der EU-Kommission nicht verstanden zu haben. Wir appellieren ausdrücklich an diese, erneut einzuschreiten und Google aufzufordern, Maßnahmen zu etablieren, die einen fairen Wettbewerb im Preisvergleichsmarkt endlich wiederherstellen.
Über den Autor: Harry Saalfeld leitet als Country Manager Central Europe seit 2015 das operative Geschäft der Kelkoo Group im deutschsprachigen Raum, zu der unter anderem die Preisvergleichsportale Kelkoo, LeGuide, Ciao und Shopwahl gehören.