Die Tonalität wird auf einer Skala von minus 10 bis plus 10 bewertet. Der Wert 10 ist erreicht, wenn doppelt so viele positive wie negative Begriffe im Text entdeckt werden. Oder nur positive Aussagen. Umgekehrt ergibt sich der Wert – 10: Er ist erreicht, wenn doppelt so viele negative wie positive Begriffe auftreten oder nur negative Aussagen gefunden werden. Aus den drei Online-Medien „Spiegel online“, „Zeit online“ und „Welt online“ wurden zunächst je zehn Artikel ausgewertet, die aus der Zeit der Wahl Christian Wulffs zum Präsidenten ab dem 1. Juni 2010 stammten. Zum Höhepunkt der Wulff-Affäre, ausgehend vom 1. Januar 2012, wurden weitere zehn Artikel je Medium analysiert. Dr. Anikar M. Haseloff, Geschäftsführer der H&H Communication Lab GmbH und Leiter der Studie, erklärt das Vorgehen: „Wegen der geringen Fallzahl stellt diese Analyse nur eine explorative Studie dar. Um Aussagen über Meinungsbilder und Trends in den Medien zu treffen, ist ein deutlich größeres Sample nötig. Diese Analyse soll daher als rein explorative Fallstudie angesehen werden. Fragestellung hierbei war, ob es einen messbaren Unterschied in der Tonalität zwischen den Zeiträumen gab.“
Die Unterschiede waren deutlich: Im Zeitraum der Wahl Christian Wulffs zum Bundespräsidenten beherrschten Begriffe wie „Favoriten“, „Sympathien“, „Mut“, „Vertrauen“ und „erfolgreich“ die Berichterstattung um Wulff. Der „Spiegel“ war dabei mit dem Wert 4,68 am Wulff-freundlichsten. Die „Welt“ erreichte einen Tonalitätswert von 2,49 und die „Zeit“ bildete mit 1,38 das Schlusslicht. Im Durchschnitt lag der Wert im Wahlzeitraum bei 3,13. Nach der Kreditaffäre sank er um über elf Punkte auf – 8,33. Am kritischsten berichtete die „Zeit“ über Wulff, sie kam auf einen Wert von – 8,93, dicht gefolgt vom „Spiegel“ mit – 8,19. Die „Welt“ war mit – 7,89 immer noch stark abwertend Wulff gegenüber eingestellt. Auch die Wortwahl änderte sich drastisch. Zur Affäre wurden vor allem die Begriffe „Kreditaffäre“, „gedroht“, „Kritik“, „Vorwürfe“, „umstritten“, „Fehlverhalten“, „Drohanrufe“, „empört“ und „unter Druck“ verwendet. Interessant ist auch die Anzahl der positiven und negativen Worte, die insgesamt verwendet wurden. 2010 standen 387 positiven Aussagen bereits 290 negative gegenüber. 2012 drehte sich das Verhältnis endgültig zu Ungunsten Christian Wulffs: Verwendet wurden nur noch 183 positive, aber dafür 540 negative Begriffe.
Die Analyse eignet sich aber nicht nur zur Überprüfung der Berichterstattung der Medien. Auch Unternehmen können eigene Texte auf die Tonalität untersuchen. Sie realisieren damit branchenübergreifend eine konsistente, kundenfreundliche und verständliche Sprachqualität. Vor allem können mit dieser Methode auch Texte aus sozialen Netzwerken wie Facebook automatisiert analysiert werden. So wird schnell ersichtlich, ob eher positiv oder eher negativ über ein Unternehmen im Netz gesprochen wird.