„Think Circular“: CWS macht Mehrweg zum Geschäftsmodell

Schon lange bevor Nachhaltigkeit so präsent war wie dieser Tage hat die CWS Gruppe eine Mehrweg-Idee gelebt. Aktuell hebt der Hersteller von Hygiene-Produkten und Berufskleidung seine Strategie auf ein neues Level, wie Dr. Maren Otte, Group Director Corporate Communications & Responsibility im Interview erklärt.
"Kunden, die unsere Produkte nutzen, sind Pioniere der Kreislaufwirtschaft", sagt Maren Otte von der CWS Gruppe. (© Imago)

Worin unterscheidet sich die Nachhaltigkeitsstrategie der CWS Gruppe von den Strategien anderer Unternehmen?

MAREN OTTE: Durch unser Servicemodell sind alle unsere Produkte aus den Bereichen Hygiene, Berufskleidung oder Brandschutz von Beginn an darauf ausgelegt, wieder eingesetzt und mehrfach verwendet zu werden – schon bevor das Thema Nachhaltigkeit so vermehrt in allen Köpfen war wie es heute ist. Deshalb würde ich so weit gehen zu sagen, dass wir quasi ein Vorreiter unternehmerischer Nachhaltigkeit sind, denn die Mehrweg-Idee ist seit der Gründung des ersten Textilservices im Jahr 1899 unser Geschäftsmodell. Kunden, die unsere Produkte nutzen, sind somit Pioniere der Kreislaufwirtschaft.

Wofür steht die neue unternehmerische Leitidee „Think Circular“ von CWS?

Think Circular ist unser neues Label, das die Nachhaltigkeitsbestrebungen der CWS Gruppe nochmal stärker fokussiert: Mit Think Circular zeigen wir als Unternehmen unsere Überzeugung, Kreisläufe zu optimieren und Lebenszyklen einzelner Produkte und Produktbestandteile zu verlängern. Und innovative Produkte zu entwickeln, bei denen der Nachhaltigkeitskreislauf noch stärker eingehalten werden kann.

Zum Beispiel?

Als erstes Produkt werden die sogenannten „Green Mats“ das neue Label tragen. Dieser neue Typ von Schmutzfangmatten kommt voraussichtlich im September 2021 auf den Markt und ist komplett auf die Nutzung im Rahmen der Kreislaufwirtschaft optimiert. Der Vorteil der visuellen Kommunikation: Auf den ersten Blick sind nachhaltige Produkte erkennbar. Das Flor-Material besteht ausschließlich aus recyceltem PET, für jeden Quadratmeter werden rund zehn gebrauchte Getränkeflaschen wiederverwertet. Auf diese Weise beginnen pro Jahr mehr als eine Million Flaschen ein neues Leben als Schmutzfangmatte. Zudem wurde das Garn weiterentwickelt mit dem Vorteil, dass die Matten schneller trocknen. Dadurch können sie schneller wieder Flüssigkeiten aufnehmen und vereinfachen damit die Reinigung. So kann bis zu 25 Prozent Energie für die Reinigungsmaßnahmen eingespart werden.


Dr. Maren Otte arbeitet seit 2005 für die CWS Gruppe, seit September 2017 ist sie Group Director of Corporate Communications & Corporate Responsibility. Im Bereich Change Communications ist Otte für die integrierte Unternehmenskommunikation und im Bereich Brand Communications unter anderem für die internationale Markenstrategie, das Markenkonzept und die Neuausrichtung der Nachhaltigkeitsstrategie zuständig. Vor ihrer Zeit bei CWS war sie als Freelancerin im Kommunikationsbereich unter anderem für das ZDF tätig.

Welche Mietmodelle bieten Sie konkret an und was sind die Vorteile?

Wir bieten zum Beispiel Berufskleidung als Mietmodell an – und der Vorteil, der sich daraus ergibt, kommt vor allem der Umwelt zugute. Denn Arbeitskleidung im Mietservice trägt durch die Möglichkeiten der Reparatur und Wiederverwendung zur Reduktion des CO2-Ausstoßes bei. Im Vergleich zu einem Kaufprodukt verringern Reparatur und Wiederverwendung von Altkleidung die Emissionen um 50 Prozent.

Fürchten Sie nicht, dass eines Ihrer Produkte durch ein Mietmodell an Alleinstellung verliert und beliebig werden könnte?

Nein, wir denken andersherum. Eben dadurch, dass die Menschen unsere Produkte nur nutzen, aber nicht besitzen, leisten sie einen wertvollen Beitrag. Bis zum Jahr 2040 wird der Bedarf an Material circa 400 Mal höher sein, als die Ressourcen, die uns tatsächlich zur Verfügung steht. Also müssen wir heute anfangen, Material anders zu managen! Und auch wenn beispielweise unsere Berufskleidung ein Mietmodell ist, heißt das doch noch lange nicht, dass wir sie durch Firmenlogos nicht individualisieren könnten. Wichtig ist, dass diese Logos wieder leicht zu entfernen sind, damit die Kleidung wieder anderweitig eingesetzt werden kann. Ich glaube, wir müssen alle noch lernen, viel mehr im Großen und Ganzen zu denken. Ein neuer Terminal am Flughafen Amsterdam ist da ein gutes Beispiel für mich.

Inwiefern?

Die Betreiber haben für den Terminal keine Lampen eingekauft, sondern sie haben Licht gemietet. Weil die Menschen, die sich in dem Terminal bewegen, am Ende nicht die Lampen brauchen, sondern Licht. Die Betreiber haben damit einen noch stärkeren Anreiz, langlebige und gut reparierbare Produkte einzusetzen. Genau da müssen wir auch als Gesellschaft hin. Wir müssen vom tatsächlichen Nutzen her denken und stärker erfühlen, was wir wirklich brauchen. Wenn ich diesen Gedanken jetzt beispielsweise auf Berufskleidung anwende, dann komme ich zu der Erkenntnis: Braucht ein Mitarbeiter wirklich eine bestimmte Hose? Nein, er braucht Schutz und Sicherheit am Arbeitsplatz – also den Nutzen für die Gesundheit, der mit der Hose verbunden ist.

Almut Steinecke (ASt, Jahrgang 1972) war von 2021 bis 2022 Autorin bei der absatzwirtschaft. In ihrer Freizeit engagierte sie sich ehrenamtlich in einem Tierheim, in der evangelisch-lutherischen Kirche im Rheinland sowie im sozialen Dienst eines Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt für Menschen mit Demenz.