Strategie als Wachstumsmotor

Klug eingesetzt erzeugt Strategie für Unternehmen und Agenturen eine echte Win-win-Situation. Dennoch wird die Disziplin immer wieder unterschätzt. Wie das in der Praxis aussieht, was optimiert werden kann und welche Erfolge durch Strategie erzielt werden können.
Isabelle Schnellbügel ist GWA-Vorständin und Co-Founderin der Plattform „The Strategy Collective“ im GWA. (© GWA)

Strategie in Agenturen wird komplexer, verzweigter, vielfältiger. Nur eine kleine Auswahl der heutigen Sub-Disziplinen macht das klar: Business, Brand, Creative und Data Strategy, Innovationsstrategie, Media und Social-Media-Strategie sowie Comms Planning. Strateg*innen sind heute weitaus mehr als „die Stimme der Konsument*innen“.

In Deutschland hat „Strategic Planning“ in Abgrenzung zur operativen Planung eine vergleichsweise kurze Historie. Während die Disziplin in Großbritannien bereits vor rund 60 Jahren von Stephen King (JWT) und Stanley Pollitt (BMP) eingeführt wurde und sich schnell in den Londoner Agenturen etablierte, führten erste deutsche Agenturen strategische Planung erst vor knapp 30 Jahren ein. Zwar haben die meisten Agenturen mittlerweile Strategieabteilungen, doch oft sind die Bedeutung von Strategie und der Anteil von Strateg*innen an der gesamten Belegschaft noch immer vergleichsweise gering.

Also eigentlich kein Wunder, dass angesichts der kurzen Historie und der zunehmenden Ausdifferenzierung der Disziplin viele sowohl auf Unternehmens- als auch auf Agenturseite den Überblick verloren haben. Die Folge ist, dass Strateg*innen oft auf eigentlich Unwesentliches reduziert werden: Wunderwaffe der Postrationalisierung, Deck-Zauber*innen, Effie-Retter*innen.

Wie kann so der echte unternehmerische Mehrwert von Strategie sowohl für Agenturen als auch für Kunden gehoben werden? Die Antwort: gar nicht.

Relevanztreiber und Wachstumsmotor

Dabei leistet Strategie nicht nur Grundlagenarbeit in der Entwicklung von Kommunikation. Sie schafft auch etwas, ohne das jeder investierte Euro verschwendet wäre – nämlich Relevanz. Denn ohne Markt, Wettbewerb und Zielgruppe zu verstehen, kann keine Relevanz für die Konsument*innen entstehen. Ohne das Unternehmen selbst, seine Ziele und Herausforderungen zu verstehen, kann keine Relevanz für das Unternehmen entstehen. Und ohne die Zielsetzungen, KPIs, Touchpoints und die Logik des Storytellings zu verstehen, kann Kommunikation nicht effektiv wirken.

Durch eben jene unbedingte Fokussierung auf Relevanz und Effektivität wird Strategie zum Wachstumsmotor, für Unternehmen, aber auch – richtig genutzt – für Agenturen. Denn Strategie entdeckt Herausforderungen, bevor sie zu Problemen werden, und adressiert sie proaktiv, frühzeitig und ganzheitlich. Und sie hilft Unternehmen, in einer VUKA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität) die wirkungsvollsten Entscheidungen zu treffen.

Klimaschutz, Nachhaltigkeit und auch Diversität wirkungsvoll kommunizieren

Das ist gerade in der heutigen Zeit nicht zu unterschätzen. Das CMO-Barometer 2023 der Serviceplan Gruppe zeigt auf, dass auch im nächsten Jahr einige Herausforderungen auf CMOs warten. Interessanterweise spiegeln sich genau diese Challenges im WARC-Bericht „Future of Strategy 2022“, der sich mit der globalen Entwicklung im Bereich Strategie befasst. So werden kommendes Jahr Rezession, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und der Umgang mit Unsicherheiten die bestimmenden Themen für CMOs und Strategieabteilungen sein.

Strateg*innen in Agenturen stehen nicht nur dafür, kommunikative Herausforderungen zu lösen. Ihre Aufgabe liegt genauso darin, die übergeordneten Herausforderungen von CMOs sowie ihre persönlichen Erfolgsindikatoren zu begreifen. Das hilft dem Team aus Kunde und Agentur dabei, Kommunikation effektiv auszurichten sowie proaktiv und ganzheitlich zu agieren.

Für CMOs hat das Thema Nachhaltigkeit weiterhin höchste Priorität. Gerade Strateg*innen sind herausragend dafür geeignet, Unternehmen dabei zu unterstützen, Themen wie Klimaschutz, Nachhaltigkeit und auch Diversität auf verantwortungsvolle, ethische und langfristig wirkungsvolle Weise zu kommunizieren.

Menschen nicht aus den Augen verlieren

Und nicht zuletzt steht für CMOs die Weiterentwicklung der Customer Experience sowie digitale Transformation weiterhin auf der Agenda. Auch für diese Themen ist die Unterstützung von Strateg*innen unerlässlich. Nur wenn die Customer Experience ganzheitlich und mit Fokus auf Konsument*innen und Marke gedacht wird, kann sie ihre volle Durchschlagskraft entwickeln. Auch Digitale Transformation ist mehr als Prozessoptimierung und Technologie-Auswahl – nur wenn sie den Menschen nicht aus den Augen verliert, kann sie langfristig funktionieren.

Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Agentur-Strateg*innen erzeugt so eine Win-win-Situation. Gleichzeitig ergibt sich für Agenturen die Chance, Strategie von einem Meilenstein im Kreativprozess in einen hochrelevanten Bestandteil der eigenen Wertschöpfung zu verwandeln. Damit entsteht im Dreieck Unternehmen – Strategie – Agentur eine echte Win-win-win-Situation.

Wirksam in die Zukunft

Unabhängig von der Sub-Disziplin verknüpft kluge Strategie alle relevanten Bausteine im Unternehmen zu einem klaren Plan, legt das Fundament von Verstehen und Handeln – und gibt so die Richtung für die kurz-, mittel- und langfristige Zukunft vor. So ist Strategie ein wesentlicher und wertstiftender Bestandteil von ganzheitlicher Kreativ- und Kommunikationsarbeit, der die Wirksamkeit sicherstellt. Was gerade in Zeiten, die von Unsicherheiten geprägt sind, zwingend notwendig ist.

Die Austauschplattform „The Strategy Collective“, bestehend aus Strateg*innen und Planner*innen im GWA, will mit ihrer Arbeit den Diskurs rund um die Disziplin Strategie anstoßen und weiterführen – und dabei den Wert und die Chancen von Strategie für Agenturen und Unternehmen in den Fokus rücken.

Diese Kolumne entsteht in Zusammenarbeit mit dem Gesamtverband der Kommunikationsagenturen (GWA). GWA-Präsidentin Larissa Pohl (Wunderman Thompson Germany) und die Vorstandsmitglieder Isabelle Schnellbügel (Ogilvy) sowie Roland Bös (Scholz & Friends) schreiben hier regelmäßig für die absatzwirtschaft zum Thema Kunde-Agentur-Beziehung.