So könnte Blockchain die Digitalwerbung revolutionieren

Die digitale Werbeindustrie sieht sich mit vielen Herausforderungen konfrontiert, von Ad Fraud über mangelnde Transparenz bis hin zu antiquierten Bezahlmethoden. Die Blockchain-Technologie, die bereits im Banken- und Finanzsektor oder im Gesundheits- und Rechtswesen eingesetzt wird, könnte auch das digitale Werbeökosystem revolutionieren.

Ein Gastbeitrag von Markus Malti, CEO von WeQ

Diese Revolution in Gang zu setzen, liegt in den Händen der Werbungtreibenden. Sie hätten die Macht, Netzwerke und Werbetechnologieanbieter dazu zu bringen, die Blockchain-Technologie zu implementieren – zum Wohl aller Marktteilnehmer. Um den Schritt zu wagen, bedarf es nur noch etwas mehr Aufklärung und einer kleinen Portion Mut.

In diesen vier Bereichen kann Blockchain die Arbeit von Werbungtreibenden und Agenturen vereinfachen:

1. Datentransparenz

Google, Facebook und Amazon verfügen als Walled Gardens über Cross-Device-Daten, Media-Inventar und Formate, die ausschließlich auf ihren eigenen Plattformen funktionieren. Das führt dazu, dass die dazugehörigen Daten nicht einsehbar sind, das Vertrauen schwindet und die Effizienz der Werbemaßnahmen leidet. Durch Blockchain könnten Werbungtreibende und Agenturen überprüfen, wie viele Impressions tatsächlich ausgeliefert werden, an wen und wo. Das Blockchain-System würde parallel zur bestehenden Wertschöpfungskette laufen und die Werbeauslieferung, Targeting und Yield-Management-Funktionen ergänzen. So wäre die Wertschöpfungskette für alle Beteiligten transparenter und es wäre klarer, was genau mit dem Werbe-Euro passiert.

2. Kampagnenabrechnung

Laut Branchenexperten gehen etwa 60 Cent eines jeden Werbe-Euros, der über Programmatic Advertising ausgegeben wird, direkt an den Publisher, den Rest teilen sich DSP, SSP und Adserver. Manchmal kommen noch Managed-Service-Gebühren dazu. Mit Blockchain könnten alle Impressions durch eine Art „smarten Vertragsprozess“ laufen, der jeden Tag die Daten zu den neuesten Auslieferungen, Impressions oder Klicks aktualisiert. Auch die Bezahlung könnte automatisch ausgelöst werden, wenn eine Kampagne ausläuft. So könnten Werbungtreibende die Publisher in Echtzeit auf Basis der individuellen Impressions entlohnen statt erst am Monatsende. Das würde die finanzielle Belastung der Publisher senken und täte ihrer Geschäftsentwicklung gut.

3. Ad Fraud

Auch beim Thema Ad Fraud könnte die Blockchain-Technologie helfen. Schätzungen von WWP zufolge stammen 2017 mehr als 16 Milliarden US-Dollar der weltweiten Werbeeinnahmen von betrügerischem Traffic. Da die Blockchain-Technologie im Grunde ein öffentliches Verzeichnis für Transaktionen darstellt, das dezentralisiert aufgestellt ist und unabhängig kontrolliert werden kann, könnten die Werbeausgaben entlang der Wertschöpfungskette verifiziert werden, um betrügerischen Traffic zu bekämpfen.

4. Consent Management

Die DSGVO verlangt, dass Nutzer der Speicherung und Nutzung ihrer Daten aktiv zustimmen. Mit Blick auf hohe Strafen bei Verstößen investieren Unternehmen in Datenmanagement- und Consent-Management-Plattformen. Sie helfen dabei, zu dokumentieren, welcher Nutzer welche Daten zur Nutzung wofür freigegeben hat. An dieser Stelle ließe sich eine dezentrale Transaktionsdatenbank (Distributed Ledger), beispielsweise in Form einer Blockchain, einsetzen. Damit würde eine zentral gesteuerte Consent-Management-Plattform überflüssig. Auch die Frage nach den Eigentumsrechten einer solchen Consent-Management-Plattform wäre hinfällig.


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Werbungtreibende und Agenturen haben es in der Hand

Mit der Blockchain-Technologie ließen sich viele Hürden in der Werbeindustrie überwinden. Für die erfolgreiche Implementierung der Blockchain müssen allerdings alle Akteure des digitalen Ökosystems – von Werbungtreibenden über Publisher bis hin zu Adtech-Anbietern – die Technologie einbinden. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Werbungtreibende und Agenturen die Integration der Blockchain-Technologie aktiv von den Walled Gardens wie Google, Facebook und Amazon einfordern sollten, so wie sie es in der Vergangenheit mit Viewability oder Brand-Safety-Tags gemacht haben. Die Publisher werden zwangsläufig die für die Blockchain notwendigen, universellen Audience Tags akzeptieren. Wenn sich die Big Spender unter den Marken und Agenturen für die Nutzung der Blockchain aussprechen, um ihre Werbeinvestitionen abzusichern, dann wird der Rest der digitalen Werbeindustrie ihrem Ruf folgen.

Über den Autor: Markus Malti ist CEO von WeQ, einem globalen Mobile-Adtech-Unternehmen, das auf User Acquisition für Apps spezialisiert ist. Malti arbeitet seit mehr als 20 Jahren in internationalen Unternehmen, in denen er Führungspositionen im Digitalbereich innehatte. Stationen waren beispielsweise SEGA, Wanadoo und RTL.