Situationsgerechte Kampagnen sind die Ausnahme

Die Werbebranche hält große Stücke auf Werbeplakate an Flughäfen, doch auf ersehnte Effekte könnten die meisten Unternehmen nach Informationen des Handelsblatts lange warten. Potenzial bestehe eher in Reklameflächen, die speziell für Bushaltestellen und Bahnhöfe entwickelt sei.

„Die Leute haben bei uns die Zeit, sich mit der Werbung intensiv auseinanderzusetzen“ schildert Olaf Jürgens, Marketingleiter am Hamburger Flughafen, seine Erfahrung. Das komme vor allem erklärungsbedürftigen Technikprodukten oder Neuheiten zugute. Gert Gutjahr, geschäftsführender Gesellschafter des Marktforschungsunternehmens IFM, sei dagegen der Meinung, dass Menschen lieber andere Menschen beobachten als sich Werbeplakate anzusehen, sodass sie Plakate höchstens passiv wahrnehmen würden. „Die Gestaltung der Werbemittel ist oft nicht situationsgerecht“, unterstreicht Gutjahr. Das Gehirn werde erst mit Überraschungen oder Konflikten dazu gezwungen, sich mit der Botschaft auseinander zu setzen. Als Beispiel dafür lasse sich eine Aktion am Wiener Flughafen nennen. Dabei hätte ein örtliches Casino Kisten, in die Passagiere ihre Wertsachen zur Sicherheitskontrolle legen sollten, mit grünem Roulett-Teppich ausgestattet und um ihre „Einsätze“ gebeten.

Auch wenn diese Möglichkeit noch nicht so oft ausgeschöpft würde, sehe Arnd Florack, Professor für Strategische Kommunikation an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen, großes Potenzial darin, Plakate speziell für Bushaltestellen und Bahnhöfe zu entwickeln. Doch gebe es auch Orte, an denen selbst gut gemachte Kampagnen verpuffen würden. Beispielweise böten Toilettenwände für Plakate der meisten Marken kein geeignetes Werbeumfeld und gelte dies auch für Aufzüge, in denen die Plakate häufig vom Nebenmann verdeckt würden. Chancen hätte Werbung dafür in Wartezimmern von Arztpraxen. „Hier entsteht eine unangenehme Situation, in der sich der Patient ablenken möchte“, erklärt Gutjahr. Doch leider sei Werbung dort fast vollständig verboten.

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