Bisher wurden diesen Leitsätze klaglos hingenommen und waren die Basis der Customer Relationship Management-Bewegung. Eine aktuelle Untersuchung straft diese Aussagen nun Lügen. Ganz im Gegenteil: Der Zusammenhang zwischen treuen Kunden und profitablen Unternehmen korreliert nur schwach, treue Kunden möchten meistens Preinachlässe und Einmal-Kunden können sogar mit guten Umsätze treuen Kunden mit vielen kleinen Umsätzen den Rang ablaufen.
Zwei Marketing-Professoren, Werner Reinartz von der Insead in Fontainebleau und France V. Kumar von der University of Connecticut´s School of Business Administration in Storrs untersuchten 16 000 Kunden aus vier Unternehmen unterschiedlicher Branchen, wie Versandhandel, Lebensmittelindustrie, Direkt-Broker-Geschäft und High-Tech-Dienstleistungen. Die Ergebnisse sind für CRM-Strategen niederschmetternd: Loyale Kunden sind in der Betreuung auf Dauer gesehen nicht günstiger. Sie sind in manchen Bereichen sogar teuerer insbesondere, wenn es um das Geschäft rund um hochtechnische Dienstleistungen geht: Fehleranalysen an Maschinen oder tollpatschige Anwender der eigenen Softwarelösung kosten Geld.
Auch das Märchen von der höheren Zahlungsbereitschaft treuer Kunden zerlegen der französische und amerikanische Professor gerade zu genüsslich. Denn dies würde voraussetzen, dass ein Unternehmen seinem treuen Kunden einen höheren Preis abverlangt als der Laufkundschaft. Schwer vorstellbar. Kunden, die häufiger bei einem Anbieter kaufen, erwarten eher Preisnachlässe, Mengenrabatte und Treueprämien. Die Forscher fanden in ihrer Untersuchung keinen einzigen Beleg dafür, dass treue Kunden mehr bezahlen, eher weniger. Je nach Branche bis zu 9 Prozent.
Die Weiterempfehlung, die sogenannte Mund-zu-Mund-Propaganda, scheint ebenfalls auf tönernen Füssen zu stehen. Zwar würden zufriedene Kunden dem jeweiligen Unternehmen durchaus treu bleiben, aber deswegen gleich Werbung bei Freunden und Verwandten zu machen, steht auf einem anderen Blatt.
Fazit: Die Untersuchung relativiert die Diskussion um Kundenzufriedenheit, -fokussierung und –orientierung etwas. Einfach nur Kunden halten reicht nicht. Der Zusammenhang zwischen Loyalität und Profit ist schwächer als gedacht. Die Untersuchung hebt diesen Zusammenhang nicht völlig auf, denn Wiederholungskäufer sind sicherlich für Unternehmen wünschenswert. Kunden-Analysen müssen aber tiefer gehen und fragen, wie häufig hat der Kunde und wann zuletzt in welchem Umfang Leistungen beim eigenen Unternehmen abgefragt.