Von Rechtsanwalt Dr. Dennis Voigt
Das ZDF steht nach wie vor im Verdacht der Schleichwerbung bei „Wetten, dass..?“. Angeblich durften Unternehmen bei Wetten, dass..? Reklame gegen Zahlung von Millionenbeträgen platzieren. Dabei ist Schleichwerbung im öffentlichen Rundfunk kein neues Phänomen.
Bereits seit 1991 ist Schleichwerbung im Fernsehen ausdrücklich verboten. Inhalt und Reichweite des Verbots der Schleichwerbung sind jedoch nicht abschließend geklärt. Bereits die gesetzliche Definition der Schleichwerbung ist nicht einfach. Danach ist Schleichwerbung:
die „Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen, wenn diese vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann.“
Ein Werbezweck liegt insbesondere vor, wenn die Erwähnung oder Darstellung gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt. Von der verbotenen Schleichwerbung ist das ausnahmsweise zulässige Product Placement abzugrenzen.
Harte Regeln für ARD und ZDF
Öffentlich-rechtliche Sender unterliegen hierbei strengeren Regelungen als privat-rechtlich organisierte. Bei öffentlich-rechtlichen Sendern ist die Produktplatzierung – unter weiteren Voraussetzungen – dann zulässig, wenn die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz unbeeinträchtigt bleiben und die Produktplatzierung nicht zum Bezug der Waren oder Dienstleistungen auffordert. Ebenso darf das Produkt nicht „zu stark herausgestellt“ werden.
Zumindest die Präsentation der Gewinne bei „Wetten dass…?“ dürfte nicht mehr den Anforderungen an eine zulässige Produktplatzierung genügen, da die Aufnahme der Preise in die Sendung wohl entgeltlich erfolgte, die Preise offensichtlich hervorgehoben und teilweise umfangreich angepriesen wurden sowie die Sponsoren umfassende Einflussrechte auf den Inhalt der Produktpräsentation gehabt haben sollen. Rechtlich entscheiden hier jedoch wie so oft Details. Erforderlich ist nämlich, dass die Fernsehanstalten selbst mit Werbeabsicht gehandelt haben.
Derzeit ist nicht bekannt, dass das ZDF direkt oder indirekt Gelder für die Produktplatzierung erhalten hat. Zwar ist – ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage im Rundfunkstaatsvertrag – bei Auftragsproduktion bzw. Co-Produktionen anerkannt, dass auch die Werbeabsicht Dritter dem Fernsehsender zugerechnet werden kann. Dies erfolgt jedoch nicht, wenn die Fernsehanstalt die Beteiligten zum einen vertraglich verpflichtet hat, die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages – und damit das Verbot der Schleichwerbung – einzuhalten und zum anderen auf die Einhaltung der Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages hingewirkt hat. Das ZDF hatte Thomas Gottschalk bzw. die Dolce Media wohl vertraglich entsprechend verpflichtet.
ZDF hat nichts zu befürchten
Ob das ZDF auf die Einhaltung der Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages auch hinreichend hingewirkt hat, wird noch zu klären sein. Gegen eine Verantwortlichkeit des ZDF spricht hier zum einen, dass das ZDF zumindest im Vorfeld auf den Inhalt der Sendungen praktisch kaum Einfluss nehmen konnte. Eine nachträgliche Kontrolle bei einer Live-Sendung vor deren Ausstrahlung ist schon denklogisch nicht möglich. Mit Blick auf die Übertragung von Sportereignissen aus der Fußball-Bundesliga und der damit einhergehenden Übertragung der Bandenwerbung scheint eine Verantwortlichkeit des ZDF für die Werbeabsicht von Thomas Gottschalk bzw. der Dolce Media eher fernliegend.
Das ZDF hat also eher wenig zu befürchten. Thomas Gottschalk und die Produktionsfirma unterliegen nicht den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages, sondern allenfalls dem für gewerblich tätige Unternehmen bestehenden Irreführungsverbot aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Verstöße gegen das allgemeine Irreführungsverbot aus dem UWG sind vor den hier diskutieren Dimensionen irrelevant. Demnach haben also ZDF und Co. juristisch alles richtig gemacht – moralisch verbleibt trotz der für jeden erkennbaren, bezahlten Produktplatzierung ein schlechter Geschmack.
Dr. Dennis Voigt ist Rechtsanwalt und Partner bei Melchers Rechtsanwälte in Frankfurt am Main. Er berät überwiegend Agenturen und Unternehmen im Bereich der Werbung.