Reisebranche plant Investitionen in Mobile Commerce

Das Tourismusjahr 2010 war aus Sicht der Branche ausgesprochen erfreulich, wie das Unternehmen „Ulysses Web-Tourismus“ mit einer neuen Studie belegt. 2010 setzte die deutsche Tourismuswirtschaft insgesamt 48,05 Milliarden Euro um – soviel wie nie zuvor. Gegenüber dem von den Auswirkungen der Wirtschaftskrise stark betroffenem Jahr 2009 wuchs der Tourismusumsatz um rund 2,8 Milliarden Euro (plus 6,1 Prozent), während der Online-Tourismus im gleichen Zeitraum sogar um 7,9 Prozent auf nun 20,1 Milliarden Euro anstieg. Somit werden in Deutschland inzwischen 41,7 Prozent aller im Tourismus erzielten Umsätze über webbasierte Lösungen erwirtschaftet. Im Business-to-Consumer-Bereich ist allein der Tourismus für über ein Viertel des gesamten deutschen E-Commerce von rund 50 Milliarden Euro verantwortlich.

„Am besten entwickelten sich 2010 die Reiseveranstalter“, erklärt Dr. Dominik Rossmann, Studienleiter und Geschäftsführer von Ulysses Web-Tourismus. Die deutschen Veranstalter hätten im Vergleich zum Jahr 2009 ein Umsatzwachstum von über neun Prozent auf rund 21,1 Milliarden Euro verzeichnen können. Die Transportbranche hingegen stagniere, was vor allem der unterdurchschnittlichen Entwicklung des Flugsektors geschuldet sei. Während sich der Linienflug noch einigermaßen positiv entwickelt habe, hätten vor allem die Billigflieger erneut Einbußen hinnehmen müssen. Die Hotellerie verzeichne im Vergleich zum Vorjahr ein deutliches Plus von fast sechs Prozent. Befragt nach ihren Zukunftsaussichten und Prognosen sei sich die gesamte Branche darin einig, dass vor allem die sozialen Netzwerke eines der wichtigsten Investitionsfelder der nächsten Zeit darstellen. Die Dynamik in diesem Bereich sei im Jahr 2010 außergewöhnlich hoch gewesen und viele Unternehmen hätten den Schritt inzwischen gewagt. „Als sehr vielversprechende Innovations- und Investitionsfelder gelten der M-Commerce und die Apps“, erklärt Rossmann weiter. „Diese spielen vor allem bei den primären Leistungsträgern, also bei Hotels und im Transport, eine wichtige Rolle für Zukunftsinvestitionen.“

Obwohl sich der Transportsektor eher schwach entwickelte, sei er nach wie vor für fast die Hälfte aller Online-Umsätze verantwortlich. Die Hotellerie entwickelt sich weiter sehr gut im Onlinegeschäft und erwirtschaftet mehr als ein Viertel aller touristischen Web-Umsätze. Die Veranstalter erzielten zwar das stärkste Online-Wachstum, lägen aber dennoch rund 0,5 Milliarden Euro hinter der Hotellerie. In Bezug auf die Top-Tourismus-Trends 2011 äußerte sich die Branche der Studie zufolge recht eindeutig: Rund drei Viertel der Tourismusmanager nannten die Städtereisen, gefolgt mit deutlichem Abstand von den Wellnessreisen. Was deren mittelfristige Zukunftschancen anbelangt, ist sich die Branche ebenfalls einig. Sowohl der Städte- als auch der Wellnesstourismus werden in ihrer Bedeutung in den nächsten drei Jahren abnehmen, während insbesondere der höherwertige Gesundheitstourismus genauso wie der Abenteuer- und Kulturtourismus steigen werden.

„Die Reiseveranstalter haben in den letzten Jahren viel in ihr Online-Geschäft investiert und deutlich aufgeholt“, erklärt Rossmann mit Verweis darauf, dass Ende der 90er Jahre viele von ihnen das Internet regelrecht verschlafen hätten. Die Hotellerie und die Transportbranche und selbst die Online-Reiseportale seien sich hingegen der kommenden Bedeutung von webbasierten Mobilanwendungen bewusst und bastelten bereits an Lösungen. Im Jahr 2010 hätten die Online-Portale weiter Marktanteile hinzugewonnen, und schon in diesem Jahr könne mehr als die Hälfte aller Online-Umsätze über die Vermittler laufen. Wie schon im Jahr 2009 seien erneut rund 40 Prozent aller Portalumsätze durch die Vermittlung von Transportleistungen erzielt worden. Sehr deutlich hingegen sei der Anteil von vermittelten Pauschalreisen gestiegen – auf fast 32 Prozent (plus sechs Prozent). Die Zahl der touristischen Portale schrumpfte laut aktueller Erhebung auch im Jahr 2010, was den inzwischen enormen Wettbewerb in der Branche widerspiegelt.

Mehrheitlich zwei Drittel der Tourismuswirtschaft sei sich darin einig, dass Social Media-Elemente für ihr zukünftiges Online-Geschäft wichtig sind. Für immerhin 12,3 Prozent der Befragten seien diese Elemente sogar von elementarer Wichtigkeit. Insgesamt 80,3 Prozent der Befragten bezeichneten sie als bedeutsam oder elementar. 6,6 Prozent sähen in Social Media Elementen lediglich eine überbewertete Modeerscheinung, die langfristig für das Online-Business bedeutungslos ist. Recht unterschiedlich stelle sich die Einschätzung des ökonomischen Erfolgsbeitrags von Social Media Elementen dar. Während sich die Transportwirtschaft zu fast zwei Dritteln darin einig sei, dass die Social Media Elemente zusätzlichen Umsatz generieren (könnten), sähen das die Veranstalter konträr. Die Online-Portale seien in ihrer Einschätzung indifferent. Befrage man die Branche explizit nach Umsatzgenerierung durch das M-Commerce (mobiles Internet / Apps), so gäben knapp 70 Prozent an, darüber bisher kein signifikantes Umsatzplus erzielt zu haben. 14,7 Prozent hingegen bestätigten, durch M-Commerce Maßnahmen schon Umsatz generiert zu haben.

Durch ein beherztes Social Media Engagement versuche die Tourismusindustrie das seit Jahren sehr stiefmütterlich behandelte Thema Kundenbindung zu verbessern. „Emotionale Kundenbindung ist jedoch für die meisten Tourismusunternehmen nach wie vor kein Thema“, bemängelt Rossmann. Statt dessen werde mit aller Gewalt versucht, Kunden durch Sonderpreise, Rabatte und Gutscheine zu binden, was sich bisher allenfalls nachhaltig auf die Kostenstruktur einiger Unternehmen ausgewirkt habe. Über 85 Prozent der befragten Unternehmen haben den Studienergebnissen zufolge schon einmal kostenpflichtige Online-Werbung eingesetzt, um ihr eigenes Angebot zu vermarkten. Als wirksamstes Online-Werbemittel sehen sie das Suchmaschinenmarketing an, mit deutlichem Abstand folgt der Newsletter, der nach Einschätzung vieler Unternehmen aber in Zukunft von Social Media Maßnahmen und Apps abgelöst werden könnte. Für die Studie waren 223 Entscheider und Verantwortliche deutscher und ausländischer Tourismusunternehmen und -institutionen persönlich befragt worden.

www.web-tourismus.de