Refurbished: Nachhaltig, günstig, neuwertig?

Generalüberholte Konsumelektronik wird immer beliebter. Der Preis der Geräte orientiert sich nicht nur am Zustand, sondern variiert von Anbieter zu Anbieter. Auch sonst gibt es Unterschiede.
Preise beziehen sich auf ein iPhone 13 in der Farbe Mitternacht mit 128 GB. (© Olaf Heß)

­Mit reinem Gewissen ein Elektronikgerät kaufen, Geld sparen und sogar Garantie erhalten: So lautet das Versprechen auf dem Zweitmarkt für Konsumelektronik. Unter der Bezeichnung „refurbished“, also generalüberholt, werden gebrauchte Smartphones, Laptops oder Spielekonsolen, aber auch Haushaltsgeräte durchgecheckt, gereinigt und dann erneut verkauft. Wenn nötig, tauschen die Anbieter auch einzelne Teile aus, etwa den Akku. Die Wiederverwendung spart, verglichen mit einem Neuprodukt, mindestens einen Teil der Ressourcen ein. Umwelt- und klimabewusste Konsument*innen spricht das an.

Der günstigere Preis ist ein weiteres Argument: Je nach Anbieter lassen sich bis zu 70 Prozent sparen. Zudem: Im Vergleich zu Privatverkäufer-Marktplätzen wie Ebay Kleinanzeigen bieten Marken und professionelle Händler die alte Technik auch mit Garantie an. Während die Neupreise für Konsumelektronik in schwindelerregende Höhen klettern, werden Refurbished-Produkte zunehmend zur Kaufoption.

85,4 Milliarden US-Dollar groß war der globale Markt für generalüberholte Konsumelektronik 2021. Zum Vergleich: Der Markt der neuen Tech-Produkte umfasste 2020 ein Volumen von 523 Milliarden US-Dollar. Beide Zahlen stammen vom Marktforschungsinstitut Transparency Market Research. Auch deutsche Verbraucher*innen sind dem Thema gegenüber aufgeschlossen: Etwa die Hälfte kann sich laut einer Bitkom-Befragung vorstellen, ein Refurbished-Gerät zu kaufen. Jede*r Achte (13 Prozent) hat dies schon mindestens einmal getan, unter den 16- bis 29-Jährigen sogar jede*r Fünfte (21 Prozent).

Obwohl der Markt für Refurbished-Elektronik noch klein ist, gebe es klare Anzeichen für ein Wachstum, meint auch Mathias Friedrichs, Experte für Marketing & Consumer Insights beim Marktforschungsinstitut GfK: „Dies liegt an den steigenden Preisen von Neugeräten, aber auch an der zunehmenden Nachhaltigkeitsorientierung der Verbraucher.“

Refurbished + E-Commerce = Re-Commerce

Gehandelt werden die Produkte meist online: Re-Commerce lautet das Motto. Hier waren Hersteller wie Apple, Acer oder Dell selbst Vorreiter. Seit einigen Jahren verkauft Apple in seinem Onlineshop auch generalüberholte Hardware. Lange nur Macs oder iPads, seit Kurzem auch die beliebten iPhones. Unter der Bezeichnung „Trade In“ kauft das Unternehmen gebrauchte Geräte von Kund*innen auf. Letztere erhalten dafür einen Gutschein. Buyback nennt sich das Prinzip. Ein Teil der alten Geräte wird generalüberholt und landet dann im Refurbished-Shop. Bis zu 15 Prozent günstiger sind die Geräte und haben ein Jahr Garantie. Jedes generalüberholte iPhone erhält einen neuen Akku sowie ein neues Gehäuse. Die eingesparten Ressourcen halten sich so allerdings in Grenzen, wirklich zirkulär ist das nicht.

Ist Buyback ein gutes Konzept? Quelle: Konsumbarometer 2022, Montage: Olaf Heß

Womit die Marke jedoch punktet: garantierte Originalqualität – diese Sicherheit ist im Handel nicht immer gegeben. Der finnische Refurbished-Händler Swappie  geriet 2021 mit dem Einbau von Nicht-Original-Hardware in die Medien. Das frisst Vertrauen – und gibt dem Hersteller die Chance, sich von der Handelskonkurrenz abzuheben.

Günstiger bei gleicher Qualität?

Neben den großen Herstellermarken mischen längst auch professionelle Händler und Plattformen im Gebrauchtmarkt mit. Einer der größten Anbieter kommt aus Frankreich: Back Market. Der Handelsplatz wurde 2014 gegründet und lässt geprüfte Händler generalüberholte Technik jeglicher Art und von verschiedenen Marken auf seiner Plattform verkaufen. Die Geräte befinden sich in verschiedenen definierten Zuständen („Gut“, „Sehr gut“ und „Hervorragend“), der Akku hat immer eine Mindestrestkapazität von 85 Prozent und verbaut werden nur zertifizierte Ersatzteile, heißt es bei Back Market. Die Preise liegen etwas unter denen im Apple-Shop: Während ein iPhone 13 (Mitternacht, 128 GB) refurbished bei Apple 759 Euro kostet, liegt der Back-Market-Preis für das gleiche in hervorragendem Zustand bei 684 Euro. Neu kostet das Modell aktuell 899 Euro.

Doch wie können Kund*innen sicher sein, wirklich ein gutes Gerät zu erhalten? Verbraucherschützer*innen warnen vor teils mangelhafter Qualität. „Wir haben einen Algorithmus, der anhand von Kriterien wie dem angebotenen Preis und der bisherigen Service-Qualität berechnet, welcher Händler der beste ist“, sagte Martin Hügli, General Manager bei Back Market, 2021 im absatzwirtschaft-Interview. Zudem mache das Unternehmen regelmäßige Testkäufe, um schlechte Händler auszusieben. Was darüber hinaus Sicherheit geben soll: eine lange Garantie. Back Market erweitert die einjährige Verkäufergarantie zum Teil auf drei Jahre.

Der junge Markt für generalüberholte Elektronik trifft den Zahn der Zeit. Der Wettkampf um die Vormachtstellung läuft: Während Marken einen Vertrauensvorschuss genießen, werben Händler mit gleicher Qualität bei geringerem Preis. Um Sicherheit zu geben, bieten die Herausforderer mitunter eine längere Garantie. Wie nachhaltig ein Refurbished-Gerät am Ende wirklich ist, kommt auch darauf an, wie viele neue Ersatzteile verbaut wurden. Fakt ist: Zu einer zirkulären Wirtschaft gehört generalüberholte Technik dazu.

(fs, Jahrgang 1998) studiert nach einem halben Jahr in der Redaktion des „Nordschleswigers“ in Süddänemark den Master Sozioökonomie und ist seit Januar 2023 Werkstudent bei der absatzwirtschaft. Neben einem breiten Interessensspektrum findet er progressive Themen besonders spannend: Nachhaltigkeit, Sozialunternehmertum oder New Work sind dazu nur einige vieler Buzzwords.