Nivea sorgt für Revolution unter der Dusche

Revolutionen gehen gemeinhin unter die Haut. Um die Haut geht es auch der Beiersdorf AG mit ihrer Traditionsmarke Nivea. Sie ist als Dachmarke eines umfangreichen Portfolios aus Reinigungs- und Pflegeprodukten etabliert. Doch weil die Umsätze in der Body-Kategorie zuletzt stagnierten, bedurfte es einer Innovation. Mit „Nivea In-Dusch“ ist dem Unternehmen ein Marken-Dehnung gelungen, die als erfolgreichster Launch des Segments gilt – und mit dem diesjährigen Marken-Award prämiert worden ist.

Von Michael Milewski

„Wir wollten erneut den Markt revolutionieren“, sagt Ingo Tanger, der als Marketingdirektor bei Beiersdorf unter anderem den Bereich Skincare in Deutschland verantwortet. Und die Marke hat bereits bewiesen, dass sie für Überraschungen gut ist. 1911 kam direkt zum Auftakt erstmals die Wasser-Öl-Emulsion als kosmetische Hautcreme in einer Dose auf den Markt. Ein weiterer Meilenstein der Körperpflege folgte 1963: Die „Nivea Body Milk“ prägte fortan als erste flüssige Hauptpflege-Emulsion Bewusstsein und Verhalten der Konsumenten. Doch womit würde die Marke im Jahr 2013 überraschen können?

„Klebriges Gefühl“ nach dem Eincremen stört Verbraucher

„Die Marktforschung zeigte uns, dass es Potenzial hat, wenn wir die Penetration und Nutzungshäufigkeit in der Body-Kategorie steigern“, berichtet Tanger. Denn nur 31 Prozent der Frauen hierzulande benutzten demnach täglich ein Body-Produkt, 49 Prozent immerhin einmal bis viermal pro Woche. „Fast jede Zweite hätte also noch öfter ein Body-Produkt verwenden können, außerdem waren da die 20 Prozent, die bislang gar keines benutzten“, erläutert Tanger.

Auf der Suche nach den Motiven halfen wiederum Ergebnisse aus der Marktforschung.
„Gelegenheits- und Nicht-Verwender mögen zwar das Gefühl eingecremter, gepflegter Haut – doch es gibt zugleich Verwendungsbarrieren“, wie es Tanger nennt. Konkret schreckten vor allem der Zeitaufwand und ein klebriges Gefühl nach dem Eincremen davon ab, Körperpflegeprodukte täglich zu verwenden. Hinzu kam die Erkenntnis, dass eine sehr hohe Anzahl an Verbrauchern Feuchtigkeitspflege ausschließlich oder hauptsächlich nach dem Duschen oder Baden nutzt.

Gepflegte Haut ganz ohne Wartezeit

„Als wir diese Resultate sahen, entwickelten wir die Vision, jeden Tag zu einem Body-Lotion-Tag zu machen“, erklärt Tanger die Strategie für die neue Marken-Dehnung von Nivea. Eine neue Form der Körperpflegeroutine sollte beginnen. Der Clou, mit dem Beiersdorf im Mai 2013 gelernte Prinzipien der Verbraucher auf den Kopf stellte und so die jüngste Revolution der Markengeschichte einleitete: Body-Milk und Body-Lotion, die sich direkt nach der Reinigung mit Duschgel noch in der Dusche auf die Haut auftragen und danach einfach abwaschen lassen. Folgerichtig tragen die Produkte den Markennamen „Nivea In-Dusch“.

Für alle Sorten gilt: „Direkt nach dem Abtrocknen bleibt kein klebriges Gefühl, sondern zarte, gepflegte Haut, ganz ohne Wartezeit“, erläutert Tanger den entscheidenden Produktvorteil – den zu vermitteln eine gewisse Herausforderung darstellte. „Duschen und Duschgel sind bei den Verbrauchern eine schnell assoziierte Einheit. Wir mussten ihnen deutlich machen, dass es sich bei ‚Nivea In-Dusch‘ eben nicht um ein weiteres Duschgel handelt und wie es zu verwenden ist“, sagt Ingo Schüehle, Account-Director der beauftragten Werbeagentur Draftfcb Deutschland.

Es sei daher an erster Stelle um Aufklärung gegangen, sodass für die Kommunikation Konzept und Anwendung des Produkts in den Fokus rückten. Am anschaulichsten wird diese Aufklärung anhand von vier Symbolgrafiken, die Draftfcb mit kurzen Hinweisen auf Werbemitteln und auch auf den Produktflaschen platzierte, um den vierstufigen Ablauf zu klären – vom gewohnten Duschen mit Duschgel über das Eincremen der nassen Haut, das erneute Abduschen mit warmem Wasser bis zum Abtrocknen und sofortigen Anziehen.

Empfehlungen durch Freunde beeinflussen Verhalten am stärksten

Beiersdorf setzte auf ein wuchtiges Maßnahmenpaket, das unterschiedliche Kanäle berücksichtigte – darunter Print- und TV-Werbung ebenso wie Onlineauftritte. Zur Einführung von „Nivea In-Dusch“ bediente sich das Unternehmen des bereits bewährten Distributionsnetzes und sicherte sich eine flächendeckende Präsenz in den Körperpflegeregalen von Drogeriemärkten und im relevanten Lebensmitteleinzelhandel.

Integrierte Point-of-Sale-Aktivitäten im gesamten Einkaufsprozess – beispielsweise Schaufensterdeko, übergroße Flaschenmotive an den Sicherheitsschleusen oder sogar Duschkabinenaufbauten in den Abteilungen als Blickfang – sorgten für reichlich Kundenwahrnehmung. „Die Empfehlungen durch Freunde beeinflussen in der Bodycare-Kategorie die Einstellung und das Verhalten der Konsumenten am stärksten“, sagt Werber Schüehle. „Wir haben daher eine Botschafteraktion gestartet, die sich zur größten und wirkungsvollsten Word-of-Mouth-Aktion in der Nivea-Geschichte entwickelt hat.“

Die Botschafter waren Verbraucher, die vor dem Kauf die Möglichkeit nutzten, die Produkte zu testen, indem sie bei Beiersdorf Proben anforderten. Diese teilten sie daraufhin mit Freunden und Bekannten, teils beschrieben sie im Onlineauftritt von Nivea ihre Erfahrungen mit dem Produkt, einige veröffentlichten auch Fotos von sich und dem Produkt.

Erfolgreichste Produkteinführung im Body-Markt seit 2007

Die Ergebnisse einer Befragung mehrerer Tausend Frauen, die sich an der Kampagne beteiligten, sind beachtlich. 98 Prozent von ihnen sagten, dass sie sich nach dem Abtrocknen mit „In-Dusch“ sofort anziehen können, 94 Prozent stellten fest, dass es nicht mehr klebt, und 93 Prozent stimmten zu, dass ihre Haut weich und gepflegt wird – alles klare Bestätigungen der zentralen Produktversprechen.

Die gelungene Kommunikation beflügelt den Verkauf: Schon wenige Wochen nach dem Launch legt „Nivea In-Dusch“ kräftig zu – und beschert Beiersdorf die höchste und schnellste Penetration in der Body-Kategorie. Eine bis 2007 zurückreichende Datenbank der GfK mit vergleichbaren Zahlen weist keine erfolgreichere Produkteinführung im Body-Markt aus. Und einer Nielsen-Erhebung zufolge sorgt „Nivea In-Dusch“ für zahlreiche neue Kunden in der Total-Body-Kategorie, die nach dem Launch um 6,8 Prozent gewachsen ist (Mai bis November 2013).

Harte Konkurrenz für Nivea waren in diesem Jahr in der Marken-Award-Kategorie „Beste Marken-Dehnung“ Sinupret und Kerrygold. Wie die Unternehmen Bionorica und IDB Deutschland (Marketing- und Vertriebsorganisation der irischen Milchgenossenschaften) ihre Produktfamilien erfolgreich erweiterten, lesen Sie in der aktuellen Printausgabe von absatzwirtschaft, dem Sonderheft zum Marken-Award, zu beziehen über unseren Onlineshop.